Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat
klären.
Vielleicht vereinten sich alle drei Antriebe zu diesem unbegreiflichen Schritt. Cheryl war beglückt von Dr. Hadleys temperamentvoller Persönlichkeit und stimmte seinem Wunsch sofort zu. Allerdings mit der Einschränkung, ihr autoritärer Vater sei auch damit einverstanden.
Daddy war einverstanden.
Die Hochzeit sollte im April des nächsten Jahres stattfinden. Die wenigen Monate, die Hadley bis dahin noch verblieben, waren von seiner verzweifelten Suche nach einem Ausweg aus dieser Situation erfüllt. Zu allem Unglück tauchte auch noch Jeanie plötzlich bei ihm auf. Sie arbeitete ebenfalls in einem Militärlazarett ganz in der Nähe und hoffte, sie könnte die alte Beziehung auffrischen und fortsetzen. Hadley bekam Angst. Wenn Cheryl das erführe! Er nahm sich dienstfrei, quartierte sich mit Jeanie in einem Hotelzimmer ein, animierte sie, sich sinnlos zu betrinken und schickte ihr dann die Militärpolizei auf den Hals.
Jeanie wurde festgenommen und strafversetzt. Er atmete auf, sie würde ihn nicht mehr belästigen.
Aber da war noch immer Sue. So duldsam sie bisher gegenüber seinen Seitensprüngen gewesen war, so hartnäckig würde sie sich immer noch einer Scheidung widersetzen. Einfach mit Cheryl irgendwo untertauchen? Unmöglich. Er war Soldat, er würde als Deserteur gesucht werden. Oder einfach heiraten und Sue dann vor vollendete Tatsachen stellen? Das hätte unkalkulierbare juristische Folgen, abgesehen davon, dass Cheryl ihn sofort verlassen würde, wenn sie erführe, dass er noch verheiratet war.
Es blieb nur eins. Sue musste für immer aus seinem Leben verschwinden. Und da sie das nicht freiwillig täte, musste er nachhelfen.
Noch überlegte er, wo und wie er Sue umbringen sollte. Da beschleunigte Sue selbst unbewusst ihr tödliches Ende.
Eines Morgens wurde Hadley ans Telefon gerufen. Sue wollte ihn sprechen.
»Überraschung!« rief sie fröhlich. »Ich hatte Sehnsucht nach dir und will dich besuchen. Ich bin schon unterwegs.«
Hadley war entsetzt. Sue taucht hier auf, wird Cheryl begegnen! Es wäre eine Katastrophe.
Während er belanglose Liebenswürdigkeiten in den Hörer sprach, überlegte er zugleich fieberhaft, wie er Sue davon abhalten könnte, hier herzukommen. Und wie immer hatte er einen rettenden Einfall. »Wir haben Seuchenkranke hier im Lazarett, es besteht Besuchsverbot. Wir müssen uns in der Stadt treffen, am besten im Hotel, wo du wohnen musst. Vielleicht im Bahnhofshotel? Ich nehme Urlaub und komme ins Hotel.«
Er ließ sich ihre Ankunftszeit sagen, bestellte ein Hotelzimmer, nahm Urlaub und fuhr zur verabredeten Zeit ins Hotel.
Sue erwartete ihn schon.
Anfangs hatte er befürchtet, Sue könnte von der bevorstehenden Hochzeit mit Cheryl erfahren haben und sei gekommen, um seinen Plan zu durchkreuzen. Glücklicherweise hatte er sich getäuscht. Sue ahnte nichts. Bald wurde ihm der Grund ihres Besuches klar. Sie bedrängte ihn mit Zärtlichkeiten, beteuerte unaufhörlich, wie sehr sie ihn liebe. Sie hängte sich wie eine Klette an ihn. Es gab keinen Zweifel, sie würde ihn nie aufgeben.
Aber noch immer wusste er nicht, wie er sich von ihr befreien sollte. Vorsorglich hatte er ein starkes Schlafmittel mitgebracht. Vielleicht ließe sich damit ein Selbstmord arrangieren. Aber ihre Leiche würde gefunden und identifiziert werden. Er geriete dann sofort ins Blickfeld der Polizei, er hatte ja mit der Toten das gleiche Zimmer bewohnt. Sie töten und zerstückeln und die Leichenteile irgendwo verstecken - zu aufwendig, dazu hatte er weder Zeit noch Gelegenheit.
Da schlug ihm Sue selbst eine Möglichkeit vor. Sie wünschte sich eine romantische Bootsfahrt im Mondschein.
In diesem Augenblick sagte er sich: Das ist deine Chance! Er zwang sich zu einem liebevollen Lächeln: »Eine wunderbare Idee, Sue.«
Die Vorbereitung zum Mord erschien ihm denkbar einfach. Er sah nur das Ziel, nicht den Weg. Er war zu unbekümmert, vor allem aber zu selbstsicher, um alle Folgen zu überblicken. Und ging deshalb so unüberlegt und dilettantisch vor, dass seine Tat von vornherein zum Scheitern verurteilt war.
Als erstes lieh sich Hadley ein Ruderboot, das er zusammen mit einigen Kleidungsstücken an einer entlegenen Uferstelle des James River versteckte.
Das war sein erster Fehler: Er trat als Entleiher des Bootes in Erscheinung.
Am Abend begab er sich mit Sue zum Bootsversteck. Es war ein kalter Novemberabend. Sie stiegen ins Boot, Hadley übernahm das Ruder. Er lenkte es in die
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