Moerderische Familienbande
andere Antwort ein als „Es tut mir so leid“.
Trinity nickte. Wir aßen stumm unsere Getreideflocken, während draußen vor dem Erkerfenster der Frühling einen großen Sprung machte.
Trinity brach das Schweigen. „Meg war ein schönes
Mädchen, Patricia Anne. Sie haben sie als alte Dame gekannt, aber als sie jung war, hat sie den Männern unglaublich den Kopf verdreht.“
„Sie war noch immer eine schöne Frau“, sagte ich.
„Und entschlossen.“ Trinity lächelte. „Als sie sich in den Kopf gesetzt hatte, Bobby Haskins zu heiraten, hatte der keine Chance.“
„Ich glaube nicht, dass er sich sehr heftig dagegen gewehrt hat.“ Ich stand auf, um Kaffee nachzugießen. „Wie kam es, dass Meg sich so für Ahnenforschung interessierte?“
Trinity nahm sich die Zuckerdose. „Ich glaube, sie hat schon immer etwas dafür übrig gehabt. Das Grand Hotel war im Bürgerkrieg ein Krankenhaus, weshalb es am Stadtrand von Fairhope direkt hinter unserem Haus einen großen Friedhof der Konföderierten gibt. Wir spielten jedenfalls als Kinder dort immer Yankees und Rebellen. Wir lasen die Namen auf diesen weißen Kreuzen, die sie benutzten, und dachten uns Geschichten für die jeweilige Person aus. Erfanden ganze Familien. Meg sagte, wir würden sie damit aus dem Totenreich zurückholen. Beth hasste es, sagte, es würde ihr Gänsehaut bereiten. Mitgemacht hat sie dann aber doch.“
Im selben Moment, in dem sich die Hintertür öffnete und Mary Alice hereinkam, klingelte es vorn an der Haustür.
„Das an der Haustür wird Georgiana Peach sein“, sagte Trinity.
„Sie hat eine Freundin, die so heißt und die jetzt draußen an der Tür steht“, erklärte ich Schwesterherz.
„Ich lass sie rein.“ Trinity verschwand im Flur.
„Georgiana Peach?“ Schwesterherz sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Er ist ein Tiger?“, antwortete ich mit ebenfalls hochgezogenen Augenbrauen.
Schwesterherz kicherte. „Das erzähl ich dir später.“
Stimmen waren im Flur vernehmbar, und da stand sie -Georgiana Peach, die Frau mit dem glamourösen Namen, und war ein kleiner, grauer Vogel. Ein Zaunkönig. Ein Spatz. Trinity überragte sie um Längen.
Wir stellten uns gegenseitig vor, gössen uns Kaffee ein und saßen dann zu viert am Küchentisch.
„Ich kann es nicht glauben. Ich kann es einfach nicht glauben.“ Georgiana Peach tupfte ihre Augen mit einem Papiertaschentuch trocken. „Ich habe Meg gesagt, sie solle nicht all diese schlafenden Hunde wecken. Du weißt, dass ich ihr das gesagt habe, Trinity, stimmt's?“
Ihre Stimme passte
zu
ihrem Namen — eine hauchige Marilyn-Monroe-Stimme; ihre kleinen Vogelaugen nahmen das Inventar meiner Küche auf. Diese Frau, dachte ich, hatte ganz genau gewusst, wo jedes einzelne Aktienpapier im Haus ihrer verstorbenen Tante versteckt war. Sie traf meinen Blick und sah zu ihrer Kaffeetasse hinunter.
„Ja, das hast du<-, gab ihr Trinity recht.
„Sie war an irgendwas ganz Großem dran. Wollte niemandem etwas davon erzählen.“
Trinity fiel ihr ins Wort. „Die Abstammungsunterlagen von Bobby Haskins.“
„Was Größerem“, sagte Georgiana.
„ Auf der Hochzeit hat eine Frau sie Miststück genannt“, sagte ich. „Eine Camille soundso.“
„Atchison?“, fragte Georgiana.
„Ich denke ja.“
„Meg hat sie nicht bei den Töchtern der Amerikanischen Revolution aufgenommen. Das hat sie fuchsteufelswild gemacht. Aber es muss noch was Größeres sein.“ Georgiana Peach schloss ihre Augen und legte die Fingerspitzen an die Stirn. „Lasstmich nachdenken.“
„Georgiana ist so eine Art Hellseherin“, verkündete Trinity stolz.
Die Fingerspitzen senkten sich. „Manchmal sehe ich Dinge. Aber es war mein Bruder, George Peach, der hellsehen konnte. Er hat sich als kleiner Junge einmal unter dem Haus versteckt, weil Mama ihm den Hintern versohlen wollte. Er kam an eine Leitung oder so, und es gab einen lauten Knall, und er behauptete, er sehe klar wie nur sonst etwas ein weißes Pferd herangaloppieren. Wir zogen ihn heraus, und obwohl er einen Schlag abgekriegt hatte, war alles in Ordnung. Danach konnte er jedoch Dinge sehen. Hatte Visionen.“
„Sie haben einen Bruder namens George Peach?“, fragte Mary Alice.
„Hatte ich. Er war mein Zwillingsbruder. Kam in Vietnam um. Wir wussten aufgrund dieses weißen Pferdes immer, dass er früh von uns gehen würde. Es ist ein sicheres Zeichen.“ Die Fingerspitzen wanderten wieder an die Stirn. „Lasst
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