Moerderische Familienbande
mich nachdenken.“
„Ich hol noch mehr Kaffee“, sagte ich. „Und wer hätte gern eine Hefeschnecke dazu?“
Schwesterherz folgte mir vom Tisch. „Eine Spinnerin“, murmelte sie. Aber ich war nicht ihrer Meinung. Es gab nichts in meiner Küche, was diese Vogelaugen nicht erfasst hatten.
Ich holte ein paar Hefeschnecken aus dem Gefrier-schrank und legte sie eine Minute lang in die Mikrowelle. Das Telefon klingelte, und Schwesterherz ging dran.
„Großartig amüsiert“, versicherte sie dem Anrufer und lachte wie eine Fünfzehnjährige. „Hier“, sagte sie und hielt mir das Telefon hin, „es ist Fred.“
„Ich wollte nur wissen, ob alles okay bei dir ist heute früh“, sagte er. Die Freuden einer langen Ehe, das Unausgesprochene in den gewöhnlichsten Unterhaltungen.
„Mir geht's gut. Ich backe gerade ein paar Hefeschnecken auf. Ist mit dir auch alles in Ordnung?“
„Ich fahr nach Atlanta rüber. Ich habe beschlossen, dass ich die Universal-Satellite-Angelegenheit nicht einfach auf sich beruhen lassen kann. Ich muss dem Problem auf den Grund gehen.“
„Sei vorsichtig.“
„Ich bin noch vor der Dunkelheit zurück. Nebenbei bemerkt, wie geht es denn deinem Besuch heute Morgen?“
„Sie scheint okay. Eine Freundin von ihr ist da.“
„Cut. Ich ruf dich an, falls ich mich verspäte.“
„In Ordnung. Ich mach dir was Schönes zum Abendessen .“
Wir verabschiedeten uns und legten auf. Schwesterherz nahm die Schnecken aus der Mikrowelle und blickte mich fragend an. „Er fährt heute kurz rüber nach Atlanta.“
„Er sollte sich einen Jet zulegen. Damit kann man in einer halben Stunde dort sein.“
„Sei still!“ Ich nahm die Hefeschnecken und legte sie auf einen Teller. „Bring noch etwas Kaffee mit.“
Georgianas Fingerspitzen waren noch immer an ihrer Stirn, als wir an den Tisch zurückkehrten. Sie öffnete ihre Augen und verkündete, dass es ein Mann gewesen sei, der Meg das Leben genommen habe.
Trinity nickte. „Bobby Haskins. Ich wusste es.“
Ich stellte die Hefeschnecken auf den Tisch. „Haben Sie gesehen, was er anhatte?“, fragte ich.
Georgianas Vogelblick durchbohrte mich. „Nein.“
„War er jung oder alt?“ Schwesterherz meinte es ernst. Sie setzte sich und griff nach einer Schnecke.
„Das könnte ich nicht sagen“, hauchte Georgiana dahin. „Aber es war ein Mann.“
„Bobby Haskins“, wiederholte Trinity.
Ich nahm mir ebenfalls eine Schnecke.
„Die sind gut.“ Georgiana leckte sich Zuckerguss von der Lippe.
„Erzähl ihnen von George Peach und den Moon Pies“, sagte Trinity.
Georgiana lächelte. „Er war der Moon-Pie-Weltmeister.“
„Erzähl ihnen die ganze Geschichte“, insistierte Trinity.
„Also, in Oneontagibtes jedes Jahr einen Moon-Pie-Tag, und George Peach liebte diese großen Kekse mit Marshmal-lowfüllung. Es war also ganz klar, dass wir nach Oneonta gingen, um zu sehen, was da passierte. Unter anderem fand ein Moon-Pie-Wettessen statt. Es gab dort einen langen Tisch voll mit Vanille-, Schokoladen- und Bananen-Moon-Pies, und George Peach konnte nicht widerstehen.“ Georgiana machte eine Pause, um einen Schluck Kaffee zu nehmen. „Ich weiß noch, dass er verschiedene Geschmacksrichtungen wählte, weil er dachte, einer einzigen überdrüssig zu werden. Und Herr im Himmel! Noch nie habe ich Leute derartig essen sehen. Krümel flogen, Marshmallowpampe klebte überall auf dem K-Mart-Parkplatz. Es war, als würde man in Kaugummi treten, so zog das Zeug Fäden an den Schuhen. Und George Peach hörte nicht auf, sich Moon Pies reinzustopfen. Wir wussten, dass er gewinnen würde. Ein Mann versuchte zwar zu behaupten, dass er wie George fünfzehn Stück gegessen hätte, er wurde aber disqualifiziert, weil er den letzten nicht runtergeschluckt hatte. Manche Leute versuchen es eben immer, oder?“
Wir stimmten ihr zu.
„Aber George hatte seine fünfzehn Minuten, stimmt's nicht?“, sagte Mary Alice. Sie hielt ihre Kaffeetasse hoch. „Auf George Peach.“
„Auf George Peach“, erwiderten wir und erhoben feier-
lieh unsere Tassen. Ich blickte hinüber zu Georgiana, und ihre Augen glänzten tränenfeucht. Die ungerechtfertigte Feindseligkeit, die ich ihr gegenüber empfunden hatte, verschwand wie Kaffeedampf.
Wir saßen ruhig ein paar Minuten lang da, jede von uns ihren eigenen Gedanken und Erinnerungen nachhängend. Schließlich schob Georgiana ihren Stuhl zurück. „Können wir jetzt dein Auto holen, Trinity? Ich muss
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