Mörderische Vergangenheit (German Edition)
dem General immer noch sein bester Kandidat für den Einsatz. Die Sicherheitsschleuse vor dem Labor öffnete sich und der ehemalige Olympiasieger kam in einem hellblauen Trainingsanzug herein.
„Ist die Mas chine denn wirklich schon soweit?“, fragte Politoffizier Wang den wissenschaftlichen Leiter des Programms.
„Für meine Zwe cke wird es reichen!“, befand Doktor Hong.
Die wieder überreichlich mit Orden geschmückte Brust General Wus bebte vor Stolz, als der erste chinesische Kandidat in der mittlerweile überarbeiteten Mas chine festgezurrt wurde. Die Kameraoptik im Inneren der Kugel wurde noch einmal kontrolliert, dann schloss sich die Luke an der Oberseite elektrisch.
„Sie werden Ges chichte schreiben, Genosse!“, versprach General Wu dem Springer. Tatsächlich war der Sportler nach einigen willkürlich verhafteten Studenten einer der ersten Menschen, die diese Anlage testeten. Womöglich würde er sogar der Allererste sein, der den Trip überlebte. Zumindest Doktor Hong war inzwischen ganz sicher, dass seine Maschine funktionierte. Als Beweis, dass er wirklich in die Vergangenheit gereist wäre, sollte der Kandidat eine Zeitung des betreffenden Tages mitbringen.
„Sie müssen zur vereinbarten Zeit wieder in diesem Labor sein, verstanden?“, bläute Doktor Hong dem Athleten ein.
„Verstanden!“, bellte der zurück.
„Gut, also stellt seine Uhr auf dreißig Minuten ein!“, befahl der Doktor.
Einer der Assistenten setzte die Stoppfunktion einer billigen Digitaluhr in Gang.
„Moment!“, unterbra ch der General, „Geben Sie ihm besser eine Stunde!“
„Um eine Zeitung von vorgestern zu holen?“, wunderte si ch Doktor Hong.
Der General lief lei cht rot an. Er hatte seinen beiden Kandidaten zuvor noch einen kleinen Zusatzauftrag gegeben. Sie sollten den ungeeigneten Westler in der Vergangenheit töten. Als realistisches Training für die Mission, Übung war schließlich von extremer Wichtigkeit.
„Er muss die Zeitung ja erstmal irgendwo finden, wir haben hier keinen Kiosk!“, wand sich General Wu. Doktor Hong wusste genau, dass der Rivale etwas plante, do ch er konnte sich beherrschen, wenn es darauf ankam.
„Ich verstehe das nicht!“, klagte der Politoffizier, „Dieser ganze technische Aufwand, um eine Zeitung von vorgestern zu bekommen? Ich habe sicher noch eine in meinem Büro. Soll ich sie holen?“
Der General bli ckte Dr. Hong hilflos an, der schüttelte kaum sichtbar den Kopf.
„Also dann los! Fahrt die Anlage ho ch!“, rief der Wissenschaftler.
Während die Mas chine warmlief, bereitete sich Nummer Zwei auf seinen Zeitsprung vor und schloss die Augen. Er sollte sie niemals wieder öffnen. Doktor Hong gab seinem Assistenten am Kontrollpult ein Zeichen, der startete ein vorausberechnetes Programm.
„Ich weiß, Sie werden mi ch nicht enttäuschen, Nummer Zwei!“, gab der General dem Springer durch ein Mikrofon mit auf den Weg. Doch der antwortete nicht.
„Ist er s chon weg?“, wollte der Offizier wissen.
„So gut wie!“, antwortete Doktor Hong. Der Wissens chaftler achtete nicht auf das, was mit Nummer Zwei passierte. Auch sein Team betrachtete bloß die Anzeigen, nicht jedoch den Monitor, der das Innere der Kapsel zeigte, um die Startphase zu überwachen. Die Forscher wussten genau, was geschehen würde und konnten die Aufzeichnung auch später noch auswerten. General Wu hingegen blickte wie gebannt auf das Videobild aus der Kapsel und beobachtete die Reise des Sportlers. Etwas schien nicht zu stimmen,
„Was ist da los, Hong?“
Die Anlage begann zu qualmen, das Licht im gesamten Komplex flackerte. Dem Springer lief zuerst bloß ein wenig, dann mehr und mehr Blut aus der Nase, aus Ohren und Augen, schließlich färbte sich auch seine Trainingshose rot. Er sackte zusammen, noch ehe er die Gegenwart tatsächlich verlassen hatte. Seine Digitaluhr war geschmolzen und mit seiner Haut verbacken.
„Abbruch!“, rief Doktor Hong, „Wir müssen die Einstellungen überprüfen!“
Die Ausstiegsluke öffnete sich, Rauch und infernalischer Gestank hüllten den Raum ein, ehe sie durch einen Dunstabzug über der Maschine entwichen. Zwei Mitarbeiter Doktor Hongs lösten den Springer aus den Gurten und brachten den Leichnam zur Obduktion in einen Nebenraum. General Wu und Politoffizier Wang waren erschüttert, jetzt musste Nummer Eins aus seiner Unterkunft geholt werden. Der General lief persönlich los, um den Kandidaten herzubringen. Er brauchte dringend etwas
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