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Mörderischer Auftritt

Mörderischer Auftritt

Titel: Mörderischer Auftritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne George
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vorbereitet auf den Schlag, der mich am Kopf traf.
    Ich fuhr hoch. Schwesterherz hatte an Tammy Sue vorbei mit dem Programmheft zugeschlagen.
    »Was soll das!« Ich war nicht in der Laune, gestört zu werden.
    Sie sagte etwas, das ich nicht verstehen konnte.
    »Was?« Das Paar hatte sich gefunden. Er hob sie leicht in die Höhe.
    Tammy Sue übersetzte, als das Paar sich in die Arme schloss.
    »Sie sagt, das ist Dusk Armstrong.«
    »Wirklich?« Interessiert blickte ich auf das hübsche Mädchen im Scheinwerferlicht. Mary Alice und ich haben eine Bekannte, Bernice Armstrong, mit drei Töchtern, die jeweils im Abstand von zehn Jahren geboren sind. Dawn – Morgengrauen – war die erste, zehn Jahre später kam Day – der Tag. Das war in Ordnung. Aber Bernice war offenbar nicht bei Verstand, als sie die dritte bekam, oder sie sendete nicht gerade unterschwellige Botschaften an ihren Mann Jerry, als sie das Baby Dusk – Abenddämmerung – nannte. Dawn ist eine ehemalige Miss Alabama und arbeitet als Model. Day ist stellvertretende Filialleiterin einer Regent’s Bank. Unsere Prognose für das, was Dusk einmal tun würde, warnie besonders optimistisch gewesen. Glücklicherweise hatten wir falschgelegen.
    Großartig , flüsterte ich Schwesterherz lautlos zu.
    »Jetzt kommt eine von Larrys Nummern!«, rief Tammy Sue.
    Die Briquettes tanzten auf die Bühne und legten eine ganz passable Imitation der Supremes hin. Ich hoffte, Larry würde nicht darauf bauen, seinen Lebensunterhalt als ihr Agent zu verdienen, aber das Publikum bedachte sie mit ordentlichem Applaus.
    Es war während dieser Darbietung, dass Fred wegdöste. Er verpasste die Jongleure und die Stepptänzer, Miss Jefferson Countys und Miss Point Mallards Duett. Während Cock Fight war allerdings kein Schlafen möglich.
    Alle Lichter gingen aus. Völlige Dunkelheit. Dann strahlte ein Scheinwerferkegel einen einzelnen Mann in der Mitte der Bühne an. Er war wie ein Dandy aus dem 18. Jahrhundert gekleidet: enge weiße Hosen, kniehohe Strümpfe, Weste und sogar eine weiße Perücke. Er stand einen Moment lang still, dann vollführte er einen langsamen, lasziven Hüftschwung, bei dem er sein Becken so weit nach vorn schob, dass es schier unglaublich war.
    »Bereit zur Liiiiebe«, stöhnte er.
    Das Publikum kreischte Zustimmung. Dann plopp, plopp, plopp warfen weitere Scheinwerfer ihr Licht auf andere Jungs, die ebenfalls so bereit zur Liebe waren wie nur möglich.
    »Das ist ausgestopft«, erklärte Tammy Sue unmittelbar bevor die Band mit für mich nicht identifizierbaren Instrumenten in ohrenbetäubender Lautstärke einen Song anstimmte. Ich hielt mir die Ohren zu und blickte nervös nach oben. Das war alter Gips an der Decke. Vibrationen wie diese konnten eine Lawine auslösen.
    Freds Augen waren geöffnet, er bewegte sich aber nicht. Ich stieß ihn mit dem Ellbogen an und bedeutete ihm, dass er sich die Ohren zuhalten sollte.
    Er zog meine linke Hand vom Ohr.
    »Bin ich tot und in der Hölle gelandet?«
    »Noch nicht.«
    Er nickte und hielt sich die Ohren zu.
    Neben mir sprang Tammy Sue kreischend und Hände klatschend auf und nieder. Zwei Sitze weiter schienen Mary Alice und Virgil ebenso sprachlos, wie Fred und ich es waren. Dann wechselten die Scheinwerfer ihre Farben, und ich schloss die Augen. Zum Glück war unser Cousin Reiher-Luke nicht mit dabei. Mit seiner Bewegungskrankheit, die sich nie ganz gegeben hatte, hätte er das hier nie überlebt.
    Fred zog ein weiteres Mal meine Hand nach unten.
    »Was?«, schrie ich.
    »Sind diese Männer echt?«
    »Sie sind bereit zur Liiiiebe.«
    Er blickte so niedergeschlagen drein, dass ich Mitleid mit ihm hatte. »Tammy Sue sagt, das sei nur ausgestopft.«
    »Sag das mal Virgil.«
    Aber ich legte mir wieder die Hand aufs Ohr. Sollte doch Schwesterherz Virgil hinsichtlich seiner Männlichkeit beruhigen.
    Der Mann, der wahrscheinlich der Leadsänger war, weil er am auffälligsten herumstolzierte, begann sich die Messingknöpfe von seiner Weste zu reißen und sie ins Publikum zu werfen. Er ging in die Hocke und warf einen davon behutsam Tammy Sue zu, die aussah, als würde sie gleich in Ohnmacht fallen. Dann erhob er sich, rückte seine Füllung zurecht, breitete die Arme aus und segelte in den Orchestergraben.
    Dem Publikum stockte der Atem. Die gesamte erste Reihe lehnte sich nach vorn oder sprang hoch, um sich zu vergewissern,dass mit ihm alles in Ordnung war. Der Orchestergraben war dunkel und leer. Die anderen

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