Mörderischer Auftritt
Kontrabass. Er bewegt sich nicht. Diese Saiten schneiden doch bestimmt höllisch ein. Sieht ganz so aus, als sei er auch gegen die Orgel geprallt. Die Ecke ist eingedrückt.«
»Lass uns gehen, ich finde das furchtbar«, sagte Fred, während er aufstand und meine Hand ergriff.
»Wir gehen«, sagte ich zu Mary Alice, die ihre Hände vor das Gesicht geschlagen hatte. Sie nickte.
»Sieht aus, als sei überall Blut«, verkündete Tammy Sue. »Ich wette, das war einer dieser neuen Jungs, der nicht wusste, was er tat. Wahrscheinlich ist er tot.«
»Setz dich hin, Tammy Sue«, befahl Virgil. Er hatte einen Arm um Schwesterherzens Schulter gelegt.
Tammy Sue sah ihn erstaunt an, setzte sich aber.
Fred und ich machten, dass wir rauskamen. Die meistenLeute aus dem Publikum blieben auf ihren Plätzen. Sie wollten wissen, was mit diesem Elvis passiert war, was als Nächstes geschehen würde, und hofften entgegen jeder Vernunft, dass er mit einem Flitterheiligenschein zurück auf die Bühne stolzieren würde. Die Gänge waren daher nach wie vor ziemlich leer. Wir kamen problemlos aus dem Parkplatz und waren fast schon zu Hause, bevor einer von uns ein Wort sagte. Dann meinte Fred: »Dinge wie diese gehen mir an die Nieren. Hast du den Ausdruck auf dem Gesicht dieses armen Mannes mitbekommen? Ich habe noch nie so etwas gesehen. Unheimlich.«
»Ich denke, er starb, noch bevor er fiel.«
Was stimmte. Die Geschichte schaffte es in die 23-Uhr-Nachrichten. Nicht nur, dass der Elvis offensichtlich an einem Herzanfall gestorben war, es hatte auch Anrufe in Rekordhöhe bei der Notrufnummer gegeben. Den Namen des Mannes hielt man zurück, bis die Angehörigen benachrichtigt waren.
Ich machte uns eine heiße Schokolade aus einer Menge winziger Marshmallows, und wir saßen am Feuer, redeten über Haley und das Baby und versuchten das allzu lebhafte Bild des Mannes, der mit verzerrtem Gesicht auf uns zugewankt war, verblassen zu lassen.
Es wurde Mitternacht, ehe wir ins Bett gingen. Der Abend war an die Nerven gegangen, aber als Letztes vor dem Einschlafen dachte ich an Tammy Sue und musste lächeln. Mary Alice hatte möglicherweise ihre Meisterin gefunden.
4
E-Mail
An: Mama und Papa
Von: Haley
Betreff: Heimkehr
Oh, welch glücklicher Tag. Wir haben unseren Flug reserviert. Wir drei werden mit Delta Airlines am 1. April um Viertel nach vier in Birmingham ankommen. Ich wusste nicht, wie viel Heimweh ich hatte, bis mir klar wurde, dass wir kommenden Monat um diese Zeit in unserem eigenen Haus in Alabama sein werden. Ich kann es gar nicht erwarten, euch alle zu sehen. Die Zwillinge sind sicher wahnsinnig gewachsen, und David Anthony haben wir noch nie gesehen. Debbie hat uns Bilder geschickt, aber ich sehne mich danach, ihn zu umarmen. Euch alle zu umarmen.
Mama, ich muss dich um einen Gefallen bitten. Könntest du bald mal zu Philips Haus rübergehen (ich habe noch nicht wirklich damit begonnen, es als unser Haus zu betrachten, werde das aber bestimmt bald tun) und dort alles aufmachen? Fang nicht an zu putzen, lüfte es nur durch. Wir organisieren einen Reinigungsservice, wenn wir zu Hause sind. Erst mal müssen wir Ordnung schaffen. Wir haben geheiratet und sind anschließendin einer derartigen Eile abgereist, dass ich meine Sachen nur irgendwie reingeworfen habe.
Mir geht’s gut. Ich kann es kaum erwarten! Seid beide samt Woofer und Muffin umarmt und geküsst.
Liebe Grüße,
Haley
E-Mail
An: Haley
Von: Mama
Betreff: Kann es nicht erwarten, dich zu sehen
Mein Liebes,
ich kann den 1. April kaum erwarten. Ich gehe sehr gern rüber zum Haus und mach die Türen und Fenster auf. Hier passieren allerhand Dinge. Deine Tante Schwesterherz hat das Datum für ihre Hochzeit festgelegt. Aber ich bin mir sicher, dass sie oder Debbie es dir schon gemailt oder telefonisch durchgegeben haben. Wir sollen alle Brautjungfern sein. Weitere Details hierzu später. Du wirst Virgil wirklich mögen. Wir haben seine Tochter gestern Abend kennengelernt. Sein Sohn ist ein Elvis-Imitator. Nicht einmal ein schlechter. Wir haben ihn auf einer Benefizveranstaltung für Vulcanus gestern Abend im Alabama Theatre auf der Bühne erlebt.
Pass auf dich auf, Süße. Alles Liebe für dich, Joanna und Philip
Es gab keinen Grund, ihr alle Einzelheiten über den Abend zu berichten. Ich drückte den Senden-Knopf und gab ihre Umarmungen und Küsse an Muffin weiter, die in der Küche im Erkerfenster lag und die Vögel im Vogelhaus beobachtete.
»Ich behalte
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