Mörderspiel im Burghotel
ist der Unterricht... Also, ich meine nur, im Zirkus wird ja
niemand umgebracht. Es sei denn, eine Seiltänzerin fällt vom Seil.“
Eine dicke Hummel flog heran,
hätte sich Grokk beinahe auf die Nase gesetzt, wurde abgeschreckt von seinem
Raucher-Atem und begann Gaby zu umkreisen. Tims Freundin hielt still. Die
Hummel schwirrte ab. Die Pausenglocke ertönte. Aber das trieb keinen zur Eile
an. Es würde noch zweimal glocken und der frühe Mittag war so angenehm sonnig
hier draußen.
„Ich fasse mich kurz“, sagte
Tim. „Dieses Wochenende — von Freitagabend bis Montag früh — sind wir vier als
Gäste im Burghotel. Felix hat uns eingeladen. Sein Vater ist einverstanden und
erfreut. Er kennt uns. An diesem Wochenende sind fast nur geladene Gäste da:
Bekannte und Freunde der Familie Gebeiningen. Das sogenannte Mörderspiel ist
inszeniertes Theater, das sich unter den Gästen im Burghotel abspielt. Herr von
Gebeiningen hat dafür echte Schauspieler engagiert. Die Sache ist interaktiv.
Das heißt, die Gäste dürfen und sollen mitmachen, sich einschalten, das
Verbrechen aufklären. Was geschehen wird, wissen wir noch nicht. Soll ja alles
Überraschung sein. Und schön gruselig. Es gibt auch eine Prämie. Wer den Fall
als Erster aufklärt, kriegt sie. 1000 Mark und eine Urlaubs-Woche für zwei Personen
mit Frühstück und Vollpension im Burghotel. Für Sonntagabend, wenn sich das
Mörderspiel dem Ende zuneigt, wird die Presse erwartet und das Fernsehen. Denn
das ganze Vorhaben ist natürlich als Werbung zu verstehen.“
„Toll!“ Grokk war beeindruckt.
„Ist auch dein Vater eingeladen, Gaby?“
Sie nickte. „Aber er kann
leider nicht weg. Zwei Kollegen werden ihn vertreten. Herr Voss und Herr
Biegehart. Sie sind sozusagen die Abordnung des Polizeipräsidiums.“
„Dürfen sie mitmachen bei der
Ermittlung?“
„Jeder darf mitmachen.“
„Da habt ihr aber Konkurrenz.
Denn die beiden Herren sind ja beruflich geübt.“
„Wir lösen unsere Fälle zwar
nur hobby-mäßig“, erwiderte Tim. „Aber geübt sind wir auch.“
„Und ich“, nickte Klößchen,
„habe mein Spezialtraining hinter mir. Wir sollten schon mal überlegen, was wir
mit dem Tausender machen — und auslosen, wer von uns die Urlaubswoche antritt?
Vielleicht lässt sich das umändern in eine halbe Woche zu viert.“
„Noch sind wir nicht die
Sieger“, lachte Karl.
Es hatte zum dritten Mal gegongt.
TKKG und Dr. Grokk waren die Letzten, die jetzt zum Eingang strebten.
„Nur langsam!“, sagte der
Oberstudienrat. „Die Kollegin Stille-Federweiß ist an ihrer Mai-Allergie
erkrankt. Ich habe Vertretung bei euch. Was machen wir denn? Ein bisschen
Latein oder ein bisschen Geschichte?“
„Wir könnten doch“, schlug
Klößchen vor, „aus einem Krimi vorlesen. Als Abschlusstraining für uns und zur
Unterhaltung für die andern.“
„Machen wir“, nickte Grokk.
„Dann sind alle ganz Ohr.“
*
Für den Nachmittag war in der
Bude ,Adlernest’ harte Arbeit angesagt. Aber als Tim aus der Turnhalle von
seinem Kampfsport-Kempo kam, lag Klößchen faul auf dem Bett und warf sich
Schoko-Stückchen ein. Tim hatte geduscht und stieg in die neuen Jeans mit dem
schweren Ledergürtel. „Los, los, Willi! Die Schränke!“
„Muss es wirklich heute sein?“
„Gaby besteht darauf.“
„Und schon flitzen wir, nicht
wahr?“
„Von Flitzen kann bei dir keine
Rede sein. Aber alle klatschen in die Hände, wenn du dich wenigstens bewegst.
Außerdem ist unser Tun für einen guten Zweck. Nämlich Mildtätigkeit. Und Gaby
hat völlig Recht, wenn sie uns dafür einspannt. Also beweg deinen Hintern!“
Klößchen hörte auf zu brummen
und beide begannen, ihre Schränke auszumisten.
Es ging um Klamotten. Um
Kleiderspende. Die Jungs sollten ausmustern, was zwar noch gut — also tragbar —
war, aber bei ihnen, hinten in den Fächern abgelegt, Muff und Schimmel
angesetzt hätte wegen — nicht-mehr-gefallens.
Natürlich, dachte Tim, sind wir
keine Spinner. Es müssen nicht Designer-Klamotten sein oder modischer
Firlefanz. Wer nur daher sein Selbstbewusstsein bezieht, hat nichts in der
Birne und nichts in den Muckis. Nein, wir sind keine Konsum-Idioten mit
Textil-Tick und die halbseidenen Modemacher nicht unser Vorbild. Aber jedes
Outfit wird mal alt. Zu schade zum Wegwerfen/Recyceln. Im Secondhand-Shop
verscherbeln? Nee! Aber Gabys mildtätiger Trend führt ja immer zu bedürftigen
Adressen.
Ohne Herzschmerzen trennte sich
der
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