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Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten

Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten

Titel: Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Horvath
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und anderen Mitbewohnern zugestoßen ist, und ich weiß auch nicht, ob ich für Djibrail und Faruq noch hoffen darf. Und dann sehe ich Pitra.
    Es ist der 24. Dezember, die letzten Geschenke wollen gekauft, die Glühwein- und Punschvorräte ausgetrunken sein, Stille Nacht, Heilige Nacht, dröhnt es aus Lautsprechern in der ganzen Stadt, Stille Nacht, Heilige Nacht, grölt es aus Tausenden Kehlen, und Pitra ist mittendrin. Sie steht auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Rathausplatz, zwischen Lebkuchen und Zuckerwatte hat sie einen kleinen Ofen aufgebaut, ein großer Topf steht auf ihm, in dem sie langsam umrührt. Lauf weg, will ich ihr zurufen, Lauf weg, krächzt Djaafar, der sie ebenfalls erspäht hat, doch die Schwarze Köchin bleibt stehen, wo sie ist. Jemand tritt auf sie zu, Jetzt, jetzt ist es so weit, denke ich, jetzt ergreift man sie, doch ich kann nicht sehen, was man ihr antut, denn die Straßenbahn fährt weiter. Ungeduldig fiebere ich dem Ende dieser Runde entgegen, Weihnachtlich glänzet der Wald, tönt es aus dem Stadtpark, Freuet euch, ’s Christkind kommt bald, singt man vor der Oper, wir passieren das Parlament, das Gebäude ist dunkel und fast zur Gänze von Unkraut überwuchert, und endlich fahren wir wieder zwischen Burgtheater und Rathaus ein, ich wende mich nach links, und Pitra ist noch immer da. Staunend schaue ich zu, wie sie mit dem Schöpflöffel in den Topf fährt und das Essen auf einen Teller häuft, der Teller ruht in der Hand eines jungen Mannes, der junge Mann macht Platz für eine alte Frau, die mit zitternden Händen ihre Portion empfängt, als Nächster in der Reihe steht ein Mann mit Anzug und Aktentasche, und dahinter warten weitere fünfundzwanzig oder dreißig Personen geduldig auf ihre Ration. Auch die nächste Runde erscheint mir quälend lang, und als wir endlich wieder den Rathausplatz erreichen, ist die Schwarze Köchin immer noch da, die Warteschlange ist auf ein Vielfaches angewachsen. Junge, Alte, Arme, Reiche, Große, Kleine, Dicke und Dünne, alle stellen sich an, um von Pitras Götterküche zu kosten, daneben stehen diejenigen, die gerade essen oder schon fertig gegessen haben. Sie weinen alle, erkenne ich staunend, ich verstehe nicht, warum, Sie weinen vor Glück, krächzt Djaafar, und ich muss ihm recht geben. Manche lachen und weinen gleichzeitig, fremde Menschen fallen einander um den Hals oder tanzen über den Platz und durch den Park, erst jetzt bemerke ich die Musik, es ist nicht mehr das Gedröhne aus den Lautsprechern, nicht mehr das Punschgegröle der letzten Tage, es ist Himmelsmusik, vielstimmig tönt sie durch die Nacht, auch wenn sie nur aus einem einzigen Instrument kommt – aus Dunjas Geige, gespielt von ihrem ehemaligen Lehrer, der sich neben Pitras wärmendem Ofen postiert hat. Neben ihm steht ein Kinderwagen, ich erkenne darin Ninos Sohn Ilarion, er schläft, die Leute, die sich vor Pitras Kochtopf anstellen, bewundern andächtig sein friedliches Antlitz, von dem ein seltsames Leuchten ausgeht. Und während die Straßenbahn weiter ihre Kreise zieht, merke ich, dass sich Menschen aus allen Teilen der Stadt in eine Richtung bewegen, alle strömen zum Rathaus, die Menge wird dichter und dichter, die Straßenbahn muss langsam fahren und immer wieder stehen bleiben, am Rathauspark geht schließlich gar nichts mehr, die Ringstraße ist ein wogendes Menschenmeer. Die Leute steigen aus, auch der Fahrer verlässt seinen Arbeitsplatz, ich bleibe allein im Waggon zurück, und alle, alle stellen sich friedlich an vor dem großen Topf der Schwarzen Köchin.
    Und die Meute, die bis zuletzt noch die Fliehenden verfolgte, bleibt plötzlich stehen, lässt ab von den Verfolgten, kehrt zurück in die Stadt und stellt sich ebenfalls auf dem Rathausplatz an. Und die Fliehenden können endlich aufatmen, auch sie kehren um, und wer sich verstecken konnte in den Tagen der Raserei, kommt nun heraus ans Licht und lässt die Angst in den kalten Kellern. Auch sie kommen auf den Platz, zögernd zunächst und ein wenig schüchtern, doch sie werden freudig begrüßt, man lacht und weint und isst und trinkt gemeinsam, und alle verstehen und werden verstanden. Und die Bäume im Rathauspark beginnen zu blühen, die Luft ist so mild wie seit vielen Monden nicht, der Blütenduft mischt sich mit dem Geruch von Pitras Essen und füllt bald die ganze Stadt.
    Für viele kommt die Wendung zu spät, sie sind als Sterne an den Himmel versetzt, stehen als Blume oder Baum am Wegesrand, sie laufen

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