Moloch
strich sich mit der Hand über sein öliges Haar und erklärte: »Das erinnert mich an einen Witz. Einmal war diese geile Ingeniatorin ganz allein mit ihrem mörderisch großen Schraubenschlüssel…«
»Oh, bitte«, warf Sinsalida lachend ein. »Keine willkürlichen Verleumdungen meines Berufs.«
Das gute Dutzend sexgieriger Abenteurer lachte von Herzen. Für die nächsten Blocks erfüllten gut gelaunte Neckereien die Straße. Die Passanten in Palmerdale betrachteten die ausgelassene Gruppe Fremder neugierig, aber nicht feindselig.
»Halt!«, rief Copperknob. »Hier ist die Adresse, die man mir gegeben hat. Ich übernehme die Vorhut!«
Drei Stufen auf einmal nehmend gelangte er auf die Veranda und zog an der Klingel. Eine Gardine wurde zur Seite geschoben, dann öffnete man ihnen die Tür.
Die dralle Frau, die sie unter ihrer Ponyfrisur lächelnd begrüßte, war offenbar die Bordellmutter. Sie erinnerte Diego an eine langbeinige Revuetänzerin, die in den Ruhestand gegangen war, um Gourmetköchin zu werden, was ihr die Extrapfunde eingebracht hatte.
»Ah, unsere frilligen Besucher! Willkommen, ihr Gönnser, willkommen im besten Schrumphaus von ganz Palmerdale! Tretet ein, und wir werden euch zu eurer vollsten Vereckigung bedruseln!«
Copperknob und die anderen begaben sich in das Haus.
In einem weitläufigen Salon, dessen Tapete mit karmesinrotem Flockmuster versehen war, saß eine Schar Huren, allesamt nur spärlich bekleidet und im Schein der Gaslichter von bezaubernder Schönheit. Ein Pianist bearbeitete gleichgültig die Tasten eines Wandklaviers. (Prague ließ für einen Moment die Kunst über das Fleisch siegen und ging zur Seite, um mit dem schiefgesichtigen Kerl zu fachsimpeln.) Ehe Diego seine Fassung wiedererlangen konnte, hatte sich Copperknob mit zwei Frauen auf eine Couch fallen lassen. Die Mädchen nahmen auf seinem Schoß Platz, und er tat seinen Wunsch kund, etwas zu trinken.
Diego fiel einer zierlichen Blondine zum Opfer, die ihm einen Drink in die Hand drückte. Er stammelte sich durch eine Unterhaltung, von der er kaum etwas verstand, da Akzent und Wortwahl der Frau noch extremer waren. »Bist du… bist du auch aus Palmerdale?«
»Nöch, dieser schälige Heimsel Ansatz hat mich beremmt.«
Als Diego sein Glas ausgetrunken hatte, war alles im Raum von der veralteten Beleuchtung mit einem goldenen Funkeln überzogen. Er und die zierliche Blonde küssten sich, als auf einmal ein Aufschrei ertönte.
Diego sprang auf und sah, dass die beiden Nutten auf Copperknobs Schoß dessen Gesicht zerkratzten und ihn dazu zwangen, sie aus seiner Umarmung zu entlassen. Das Hemd des Bürgermeisters war ein Stück weit aufgeknöpft und enthüllte eine große polychromatische Schuppe, die auf seiner Brust lag. Sein blutverschmiertes Gesicht verriet, dass er keine Ahnung hatte, was geschehen war. »Mädchen, Mädchen, was ist denn los?«
»Schupper! Schupper! Er ist ein Schupper!« Der unverständliche Vorwurf wurde von anderen aufgegriffen und durch das ganze Bordell gerufen. Aus allen Ecken des Etablissements kamen Freier und Prostituierte herbeigelaufen, Flüche und Befehle wurden ausgestoßen.
Ehe Diego und seine Begleiter einschreiten konnten, hatten zwei stämmige halb nackte Männer den Bürgermeister gepackt. Die anderen Besucher aus Gritsavage wurden auf ähnliche Weise festgehalten und waren daher nicht in der Lage, ihrem Gefährten zu helfen.
Copperknob versuchte, sich zu befreien, sein blutiges Gesicht zeigte noch immer einen verständnislosen Ausdruck. »Freunde, Freunde! Was habe ich denn getan? Erklärt es mir, und ich werde…«
Die Worte des Bürgermeisters rissen jäh ab, als eine Nutte mit wildem Blick und Lockenkopf Copperknob einen dolchgleichen Brieföffner bis zum Heft in die Brust jagte.
Blut spritzte umher, Copperknob stieß ein kehliges Krächzen aus, dann sackte er zu Boden.
Die allgegenwärtigen Wächter wurden von diesem erstickten Todesschrei zur Pflicht gerufen. Sofort durchdrangen ziegelsteinhäutige Pompaten die Mauer: ein Paar Bullen, deren papierne Flügel eine Spur röter waren als ihr menschlicher Torso mit denen steinernen Muskeln. Die Todeswächter mit ihren Tierköpfen erfüllten mit ihrem Geruch den Raum. Hätte ein heißer Schieferfußweg zum Leben erwachen und einen säuerlichen Schweiß absondern können, dann wäre der wohl dem Geruch der Bullen vergleichbar gewesen.
Diegos Verstand war wie erstarrt und konnte sich nur hilflos an den viel süßeren Geruch
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