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Moloch

Titel: Moloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville , Michael Moorcock , Paul di Filippo , Geoff Ryman
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der Fischerinnen erinnern, als diese gekommen waren, um Milagra zu holen.
    Die Bullen umfassten den Leichnam des Bürgermeisters so zärtlich, wie eine Mutter ihr Baby auf ein Kissen legt, dann bewegten sie die Luftmassen unter ihren Flügeln und begaben sich mit dem umgeformten Toten nach schräg oben durch die Wand.
    Ankunft und Abreise der Pompaten hatte dafür gesorgt, dass sich der hitzige Blutrausch der Palmerdale-Einwohner etwas abkühlte. Doch bei keinem von ihnen waren deshalb auch gleich Diego und seine Begleiter in Vergessenheit geraten. Die anderen Kunden und ihre Frauen hielten sie grob fest und die Männer verließen das Haus erst, als Handschellen und ein Polizeiwagen bereitstanden.
    Auf dem Weg ins Gefängnis ging Diego davon aus, dass Volusia ihm eines Tages verzeihen würde. Aber würde er sich selbst jemals verzeihen können.
    Diego hätte schwören können, dass die Schuppe um Copperknobs Hals eines der Exemplare war, die er selbst gepflückt hatte.
     
    Die Behörden behandelten die Besucher aus Gritsavage, als seien die mit einer ansteckenden Krankheit infiziert. Die gesamte Gruppe – Männer und Frauen – wurde in einer riesigen Zelle im Revier Palmerdale-40 festgehalten. Die Bedingungen – in einer langen Reihe aufgestellte Betten, eine einzelne, frei stehende Toilette mit Waschbecken, Beleuchtung rund um die Uhr – waren unerfreulich, aber nicht grausam. Doch nach der ersten Woche in Gefangenschaft war jeder von ihnen äußerst gereizt.
    Als hochrangigste Mitglieder der kulturellen Mission wurden Cagney Passwater und Captain Vigo Dassault dazu bestimmt, die Gesetzesbrecher zu vertreten. Allerdings hatten die beiden kaum etwas zu tun. Dem Zwischenfall im Bordell folgten keine Verhöre, keine Anklage, keine Anhörungen und auch kein Gerichtsverfahren. Ihr ›Verbrechen‹ war schlichtweg unbestreitbar, offenkundig und nicht wieder gutzumachen.
    Lediglich über ihre angemessene Strafe war noch nichts bekannt.
    Nicht jeder der Besucher aus Gritsavage trug eine Schuppe, doch wer es tat, dem war sie brutal vom Hals gerissen worden.
    Zwangsläufig drehten sich die – nie zu einem Ergebnis führenden – Gespräche der Gefangenen um diese Bescherung, in die sie geraten waren. Verschiedene Theorien wurden aufgestellt, um die fanatische Schuppen-Verehrung ihrer Gastgeber zu erklären. Die Besucher aus Gritsavage hatten Schwierigkeiten damit, sich eine solche Verehrung vorzustellen. Letzten Endes konnten sie sich nur der Meinung anschließen, die Euple Babayan verkündete: »Diese Nachbarn sind unbestreitbar und unergründlich provinziell. Doch wir sind nicht anders, wie unser gedankenloser Verstoß beweist. Die psychische Bandbreite der Stadt ist nicht nur größer, als wir uns vorgestellt haben, sondern auch größer, als wir uns je vorstellen können.«
    Diego wollte allein der Berufsehre wegen gegen diese Äußerung Widerspruch einlegen, doch letztlich musste er einsehen, dass es ihm selbst in dieser Angelegenheit an jeglicher Vorausschau gefehlt hatte.
    Die Tage vergingen so ermüdend langsam wie ein Rinnsal in der Kanalisation. Zwei Wochen, dann drei… Das Temperament ging mit den Gefangenen durch, manche wurden mürrisch, andere aggressiv. Aus Decken schuf man behelfsmäßige Abtrennungen, um ein wenig für Privat- und Intimsphäre zu sorgen. Diego machte sich Sorgen um Volusia: Ihr Wesen verlangte nach einem hohen Maß an Freiheit, und die Gefangenschaft schien ihr sehr zuzusetzen.
    In der fünften Woche wurde den Gefangenen erklärt, sie könnten gehen. Der Überbringer dieser Nachricht war Bürgermeister Moacyr Quine persönlich. Er stand auf der anderen Seite des Zellengitters, das sie festhielt, und betrachtete die wissbegierigen Gesichter der Männer und Frauen aus Gritsavage, als hätte er es mit einem festgesetzten Rudel menschenfressender Ratten zu tun.
    »Ihr stellvertretender Bürgermeister hat auf unsere Forderungen zur Wiedergutmachung Ihrer Verbrechen reagiert. Das Geld sowie eine förmliche schriftliche Entschuldigung trafen heute mit der U-Bahn ein. Sie sind damit entklagt und freigeherisch. Sie begeben sich direkt zur Helling und von dort auf Ihr Schiff zurück, und Sie werden niemals wieder herkommen.«
    »Was ist mit unseren Sachen?«, wollte Passwater wissen.
    »Die wurden während des Beschwichtigungsrituals vollständig verbrannt.«
    Mason Gingerpane sackte in sich zusammen und murmelte etwas von seinen Negativen. Rumbold Prague zuckte, als hätte man ihm einen Schlag

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