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Moloch

Titel: Moloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville , Michael Moorcock , Paul di Filippo , Geoff Ryman
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nicht die Werkzeuge, um die Werkzeuge zu schaffen, mit denen wir die Werkzeuge schaffen könnten, die wir benötigen!«
    Diego hatte das Gefühl, dass sein Verstand durch jeden Vortrag von Sinsalida erweitert wurde, und er freute sich schon darauf, diese so gewonnenen Einsichten in seine Arbeiten einzubeziehen, sobald er wieder zu Hause war.
    Mason Gingerpane, der Starfotograf des Scimitar, führte die Gruppe bei einfachen, aber amüsanten Spielen an, die größtenteils mit Karten, Gesang und Alkoholkonsum zu tun hatten. Gingerpane, grauhaarig und abgehärtet davon, die entsetzten Gesichter der Zeugen von Tausenden Morden und Selbstmorden zu fotografieren, gelang es dennoch, die wesentlichen Vergnügungen des Lebens zu genießen.
    Euple Babayan machte Diego Angst. Die schier geschlechtslose, frostige Philosophieprofessorin am Gritsavage College schien vollkommen emotionslos zu sein, eine kühle Vernunftmaschine, die sich von den äußeren Umständen zu keiner Zeit aus der Ruhe bringen ließ. Die Dinge, über die sie nachdenken konnte, brachten sogar Diegos beruflich geschulten Verstand ins Trudeln.
    »Glauben Sie an Block Null, Patchen?«
    »Wie? Was meinen Sie?«
    »In Gritsavage werden die Blocks in der Größenordnung von zehn Millionen gezählt, wobei von einem hypothetischen Ursprungspunkt aufwärts gezählt wird. Wir planen, schätzungsweise zwei Prozent dieser Blocks zurückzulegen, um Palmerdale zu erreichen. Was aber, wenn wir immer Weiterreisen würden? Gibt es einen Block Null? Oder ist diese Nummerierung nur eine Fassade? Und wenn Block Null existiert, was würde man an dieser letzten Grenze zu sehen bekommen?«
    Diego stellte fest, dass er weder einen Gedanken fassen noch irgendetwas erwidern konnte. Er entschuldigte sich unter einem Vorwand, dann zog er sich zurück und mied Babayan, so gut es nur ging.
    Selbst der schmierige Cagney Passwater konnte – trotz seiner plumpen Flirtversuche, die er an die liebreizend abweisende Volusia richtete – Diego mit seinem immensen Vorrat an schmutzigen Witzen unterhalten.
    Diese und eine Schar anderer Passagiere, die alle strahlende Vertreter ihres Fachs waren, sorgten dafür, dass die Zeit schnell verging.
    Am willkommensten war es ihm jedoch, wenn er Zeit mit Rumbold Prague verbringen konnte.
    Der unerschütterlich höfliche Musiker verbrachte sehr viel Zeit in seiner Kabine, und Diego vermutete, dass viele Stunden lang täglich in der Umklammerung des Heroins vergingen. Doch es gab auch etliche Frauen an Bord, die Prague in dessen Kabine aufsuchten, um ihn zu unterhalten. Doch wenn er sich unter die anderen Gäste mischte, dann hatte sein Charme sofort eine magnetische Wirkung. Prague, der sich weder übermäßig in den Mittelpunkt rückte noch geschwätzig war, nahm bei vielen Diskussionen eine wichtige Rolle ein. Schließlich gelang es Diego auch, ihn unter vier Augen zu erwischen und mit ihm über einige der Aspekte des künstlerischen Stils zu sprechen, jene irritierenden Themen, die sein Redakteur Winslow Compounce zur Sprache gebracht hatte.
    Prague hörte sich geduldig Diegos Sorgen an, dann neigte er den Kopf, um mit seinen blutunterlaufenen Augen über den Rand der Sonnenbrille zu blicken. In seinem gepflegten Brummton erwiderte er dann nur: »Wenn es in dir steckt, Cousin, dann wird es herauskommen. Wie es herauskommt, das ist der Stil. Aber Stil entsteht aus allem, was du jemals gesehen oder gemacht oder gedacht hast. Du kannst deinem Stil nicht entkommen, und du kannst ihn auch nicht zerstören, egal, wie sehr du das auch versuchen würdest. Das Beste, was du ganz bewusst machen kannst, ist, einige der Kanten und Ecken zu glätten. Verfeinere deine Qualität, Cousin.«
    Diego hatte das Gefühl, augenblicklich von einer gewaltigen Last befreit zu sein, die er unwissentlich mit sich herumgetragen hatte. Als er später an diesem Abend Prague zuhörte, wie der allein an Deck probte (sein nicht eingeladenes Publikum versammelte sich in der Dunkelheit in respektvollem Abstand zu dem Trompetenspieler, um ihm die nötige Einsamkeit zu gewähren, ohne dabei auch nur eine süßliche Note zu verpassen, die in die feuchte Luft aufstieg), empfand Diego diese wortlose mitternächtliche Wiederholung von Pragues zuvor ausgesprochener Theorie sogar noch erhellender als das, was er ihm gesagt hatte.
    Die einzige Ausnahme von dieser gelassen freundlichen Art bildeten Bürgermeister Moacyr Quine und seine Begleiter. Die vier oder fünf Einwohner von Palmerdale in

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