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Moloch

Titel: Moloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville , Michael Moorcock , Paul di Filippo , Geoff Ryman
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einfach zu. Ich bin einige zig Millionen Blocks weit in Richtung Uptown gekommen. Was für eine großartige Reise! Es ist so wundervoll! Ich habe den Zug mit meinem Namen darauf entdeckt, du weißt schon, den von damals. Und das Bier! Neben diesem Bier schmeckt Rude Bravo wie Pisse! Ich bin jetzt glücklich, Dee. Und ich kann dir bestätigen, dass unsere Stadt viel atemberaubender ist, als wir es je geglaubt haben. Habe Vertrauen, mein Freund. Alles wird sich für uns zum Besten wenden.«
    »Zoh, Zoh, erzähl mir mehr!«
    Doch das Radio reagierte nicht, woraufhin Diego schwankend ins Bett zurückkehrte.
    Der Morgen dämmerte funkelnd. Diego machte gegen neun Uhr die Augen auf und stieg aus dem Bett, ohne Volusia zu wecken.
    Die letzte Nacht, dieses merkwürdige Erlebnis… War das nur ein Traum? War er schlafgewandelt? War es nur ein neurotischer Zwischenfall, geboren aus Wunschdenken und Selbsthypnose?
    Doch ganz gleich, was geschehen war, Diego wusste, dass die unmögliche Unterhaltung mit seinem abgereisten Freund ihm ein Gefühl der Zufriedenheit gegeben und ihn von seinen Ängsten befreit hatte.
    Der Autor stöberte weiter in seinem Apartment. Die Post von über zwei Monaten war auf dem Tisch aufgetürmt worden. Glyptis musste das für ihn erledigt haben. Diego überflog die obersten Briefe, bis er einen gepolsterten Umschlag entdeckte, der als Absender Pinney Publishing trug.
    Er öffnete ihn und holte ein Exemplar von Welten auf Verlangen heraus.
    Den Schutzumschlag des dicken Buchs zierte eine von Gropius Catternachs besten Zeichnungen. Ein Dutzend lobpreisender Werbesprüche kündete von der Ankunft eines Unbekannten namens Diego Patchen als dem neuesten Stern am Firmament der Kosmogonischen Fiktion.
    Im Buch lag ein Mirror Worlds -Briefbogen, darauf stand eine Notiz von Winslow Compounce. Glauben Sie, Sie könnten sich jetzt auf Ihren Lorbeeren ausruhen, Patchen? Falsch gedacht. An die Arbeit!
    Als Diego mit einem breiten Lächeln auf den Lippen Volusia weckte, lächelte die ihn genauso strahlend an. Es schien ihr gut getan zu haben, dass sie die letzte Nacht in einem vertrauten Bett hatte verbringen können. Sie kreischte auf, als sie sein Buch sah, nahm es ihm ab und drückte es gegen ihre Brüste.
    »Du junges Genie, du! Drück deinen größten Fan!«
    Einige Zeit später waren sie auf dem Weg zu Kerners Lunchroom, um zu frühstücken. Diego hielt sein Buch in der Linken, die Rechte umschloss Volusias Hand. Sie kamen bei Snarky Chuff vorbei, der wie immer an seinem Stand auf Kunden wartete.
    »Ich habe einen ganzen Stapel Bücher hier liegen, die meine Kunden von dir signiert bekommen möchten, Diego!«
    »Später, Snarky. Ich muss erst meinen Vater besuchen und ihm dieses Exemplar zeigen.«
    Volusia blieb vor dem winterkahlen Baum stehen, der vor Gaddis Patchens Haus Wache hielt.
    »Sieh dir nur diese dicken Knospen an, Dee! Der wird im Frühjahr schön blühen.«
    Im Flur – einige Meter von der Tür zum Zuhause von Diegos Kindheitstagen entfernt – hörten sie einen heiseren klagenden Aufschrei und einen Knall, als sei jemand schwer gestürzt.
    Diego versuchte vergeblich, den Schlüssel ins Schloss zu stecken, woraufhin Volusia einfach mit der Schulter die Tür eindrückte.
    Gaddis Patchens umgestürzter Thron war leer. Diego rannte zum offenen Fenster. Wie stets zogen die Pompaten am Himmel ihre Kreise, manche von ihnen mit einer Last in ihren Händen, Sinnbilder für alles, was jenseits menschlichen Wissens lag.
    Überall in der Wohnung roch es nach Salzwasser.

China Miéville

    Spiegelhaut
     
     
    Ins Deutsche übertragen von
    Eva Bauche-Eppers

 

     
    Das Licht war hart. Es stauchte die Dimensionen von Londons Architektur, lastete auf den Straßen wie ein spürbares Gewicht. Es war bedrückend, nahm Farben die Tiefe.
    Auf der Betonmauer am Südufer lag ein Mann, die rechte Hand über dem Gesicht, und blinzelte zwischen den Fingern hindurch zum ausgeblichenen Himmel. Beobachtete das Wolkentreiben. Er lag bereits einige Zeit dort, lang ausgestreckt auf der Mauerkrone. Es hatte über Stunden hinweg geregnet, mit Unterbrechungen die ganze Nacht. Noch war die Nässe nicht aufgetrocknet. Der Mann lag im Regenwasser. Seine Kleider waren durchweicht.
    Er lauschte, vernahm jedoch nichts von Interesse.
    Irgendwann drehte er den Kopf, weiterhin die Augen beschattend, bis er auf das Trottoir rechts hinunterschaute, auf die vom Regen gebliebenen Pfützen. Er musterte sie eingehend, beinahe wachsam, als

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