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Moloch

Titel: Moloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville , Michael Moorcock , Paul di Filippo , Geoff Ryman
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erlebt.
    »Wenn Zeit eine Fläche ist, Monsignor Cornelius, und Raum bloß eine Dimension der Zeit, dann sind die wenigen Dimensionen, die wir darstellen können, lediglich ein Hinweis auf unsere eher beschränkte Erfindungsgabe als auf unseren aufgeblasenen Prometheismus, oder nicht?«
    Jerry Cornelius bedauerte allmählich, zur Religion zurückgekehrt zu sein. Er hatte schon immer gewusst, dass dieser Fluchtplan einige Mängel hatte. Aber Prinz Lobkowitz war sein einziger vertrauenswürdiger Verbündeter. Mrs. Persson war vermutlich ehrlich, aber man konnte sich hinsichtlich ihrer Spielstrategie nie ganz sicher sein. Manchmal blieb einem nichts anderes übrig, als auf sein Glück zu hoffen. Die Karten bauten Häuser, wo immer sie gerade hinfielen.
    Sein Langzeitgedächtnis verbesserte sich. Er erinnerte sich an die Medrasim in Kairo und Marrakesch, an die goldenen Kuppeln, an die Jahre der Meditation in den Oasen der Stille in Oom und Cadiz. Alles nur, um ein paar zusätzliche Schritte im chaotischen Tanz der Zeit auszuführen. Es war so einfach für Mrs. Persson. Er selbst hatte nicht die notwendige mentale Disziplin. Er hatte einen hohen Preis bezahlt, indem er nicht fähig war, ihr zu folgen, als ihre Fähigkeiten die seinen übertrafen. Er zahlte noch immer. »I sometimes feel I lived my life like a candle up your qui – «
    »Achtung, Damen sind anwesend«, warnte Lobkowitz, der Vulgarität hasste.
    Jerry hielt inne, um die Kirchentür zu verriegeln. Prinz Lobkowitz war gekommen, um ihn ins Dorf mitzunehmen, wo es noch immer einen halbwegs vernünftigen Teesalon gab, in dem man den Unterschied zwischen Eccles-Törtchen und einem Muffin kannte. »Damen?«
    Zu spät, er sah nur noch Luft.
    »Oh, Gott sei Dank, Monsignor, da sind Sie!« Es war der Aufschrei ihrer bedrohten Art, ein Selbstmitleid, das im Laufe der Jahrhunderte gepflegt und formalisiert und zu wirkungsvoller Aggression verfeinert worden war.
    Es war Trixie Brunner aus dem Herrenhaus. Sie war außer sich. »Wie Sie wissen, gibt es bei mir auch nicht die leiseste Spur von Rassismus. Warum muss ich acht Milliarden Pfund an Steuern bezahlen, nur um eine Bande schmieriger kleiner Halunken von Gott weiß wo fern zu halten, wenn meine ganze Familie seit Jahren in dieser Region gelebt und Landwirtschaft betrieben und Geschäfte gemacht hat? Nun, woher kommen sie, Monsignor? Und erzählen Sie mir bloß nicht, dass all meine Hühner Selbstmord begangen haben.«
    Jerry erinnerte sich an seine Schulzeit. »Es tut mir aufrichtig Leid, Miss Brunner. Waren es die Juden?«
    »Oh nein!« Ihr Abscheu war echt. »Es sind keine Intellektuellen oder Musiker. Ich rede von Asylsuchenden.« Sie runzelte die Stirn. Ihr war soeben ein Gedanke gekommen. »Wer möchte schon freiwillig in einem Asyl leben?«
    Nachdem er sein Zittern einigermaßen in den Griff bekommen hatte, nahm Lobkowitz Haltung an, schlug die Hacken zusammen und küsste ihre zitternde Hand, als er ihr vorgestellt wurde. Sie war sofort beruhigt.
    Der alte Diplomat hatte keinen seiner eleganten Tricks verlernt. »Wir in Europa träumen von Ihren englischen Freiheiten«, sagte er. »Die Amerikaner sind Barbaren. Deshalb ist es so wichtig, dass sie sich an unserer Allianz der Nationen beteiligen. Es gibt so viel, was Sie uns beibringen können.«
    »Nun, das Erste, was ich tun würde, wäre Brüssel abzuschaffen. Dort sitzen nicht gerade die Freunde der Bauern.« Sie hatte die Überreste einer Wählerschaft in der Country Sidereal Alliance gefunden. Sie gab sich Mühe, sich anzupassen. Ihr breites Gesäß identifizierte sie als Reiterin, doch in Wirklichkeit hatte sie immer eine starke Abneigung dagegen gehabt, sich einem Lebewesen zu nähern, das auch nur wenige Zentimeter größer war als sie selbst. Der faux derriére schaukelte hin und her wie Tragkörbe auf einem Kamel und erinnerte Jerry daran, dass sie, als er sie das letzte Mal gesehen hatte, nur sehr ungern von einer Expedition durch die Sahara zurückgekehrt war. Sie war im Namen ihrer Mutter unternommen worden mit dem Ziel, eine Route zu finden, die durch den Mittleren Osten in die Vergangenheit führte. Dabei hatte sie ihm nicht verraten wollen, was sie tatsächlich gefunden hatte. Als sie es am Ende ihrer Mutter mitteilte, hatte es sie fast von ihrem Thron gehauen.
    »Wir haben jetzt unsere eigene Pipeline, wissen Sie.« Sie sagte es leichthin und versuchte, Prinz Lobkowitz zu beeindrucken. »Man kann die Patenschaft für ein Teilstück

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