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Moloch

Titel: Moloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville , Michael Moorcock , Paul di Filippo , Geoff Ryman
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Licht. »War das eine Stimme?«
    »Gus Elen«, sagte Jerry, »oder wahrscheinlich George Formby.« Seine Tränen rannen wie Regen.
    Ein klarer, lieblicher Sopran, für das echte Varietetheater viel zu sehr an Gertie Lawrence erinnernd, begann mit einem Ausdruck fröhlicher Selbstverhöhnung zu singen:
     
    I feels a cove should fink afore ‘e talks abaht th’ woar,
    There’s blokes as talks as dunno wot they mean,
    But yer tumble as yer ›umble knows a bit abaht th’ Boar‹,
    When we calls me nibs ›The Bore o’ Bef’nal Green‹.
     
    Es war natürlich Una. Sie wartete auf dem Dachboden auf sie, verkleidet als Westend-Dandy, einen zusammenklappbaren Zylinder unter dem Arm, eine Hand in der Tasche, die andere hielt einen Zigarettenspitze mit einer qualmenden Gitane. »Niemand erinnert sich mehr an die guten alten Zeiten.« Sie zwinkerte. »Mit Mördern und Schurken lässt sich mehr Geld machen. Sweeney Todd war schon immer erfolgreicher als Nell of Old Drury. Zumindest in der Provinz. Wenn ich vom guten alten Jack rede, meine ich Buchanan.«
    Ein wenig kleiner als Jerry, schwebte sie elegant auf ihn zu und umarmte ihn. »Oh, ich weiß gar nicht, was ich an dir finde. Du reizender kleiner Wichser.« Sie besann sich auf ihre Manieren und trat zurück. »Entschuldigen Sie, Colonel Sinclair.« Sie entfernte sich, um ihren Stockdegen aufzuheben. Sie überließ es Jerry, dahinter zu kommen, was das alles mit Greenmantle zu tun hatte. »Ich fürchte, das heißt Business as usual.«
    Sinclair verabscheute diese Art von Förmlichkeit. Er beurteilte Menschen danach. »Nicht nötig«, sagte er. »Wirklich nicht.« Er war entschlossen. Ein willensstarker Bischof, von der Wahrheit getrieben.
    »Shalom«, sagte Jerry. »Shalom. Shalom.«
    Una lächelte. »Sagst du es mir dreimal oder was?« Sie klappte ihren Hut auf, um ihre Verzweiflung zu verbergen.
    »Schmerzen.« Sinclair lutschte an seinem Selbstmordzahn und besann sich dann wieder auf seine Manieren. »Schmerzen werden es schaffen.«
    Durch das ächzende Balkenwerk des Hauses, seine leidenden Bretter, drang plötzlich ein leises mehrstimmiges Gebet. »Es spukt«, sagte Una. »Es spukt wie der Teufel.«
    »Schmerzen.« Sinclair blieb standhaft.
    Eilig suchte Jerry nach seinem Spiegelbild in dem staubigen Fenster und reagierte erleichtert, als er es fand. »Es ist erstaunlich, dass keins der Fenster geborsten ist«, stellte er fest. »Was, meinen Sie, hatten sie ursprünglich?«
    Sinclair schaute auf die Uhr. »Ich glaube, ich habe hier alles getan, was ich tun konnte. Ich bin jetzt mit jemandem verabredet, mit dem ich wegen eines Doms sprechen muss. Ich sollte mich lieber auf den Weg machen.«
    »Taxi?« Una holte ihr Mobiltelefon hervor.
    Sinclair schüttelte den Kopf. »Ich bin selbst gefahren.«
    Jerry wurde allmählich unruhig. »Ich glaube, wir sollten schnellstens von hier verschwinden. Meinen Sie nicht?«
    Mit einem Ausdruck des Ekels betrachtete er seine Hände und Füße und zuckte beim Anblick des Blutes zusammen. »Oh, Scheiße. Ausgerechnet hier.«
    Una seufzte. »Ich nehme an, wir können Sie in diesem Zustand nicht bitten, uns mitzunehmen?«
    Der Pathologe zuckte die Achseln. »Keine Sorge, ich habe noch ein wenig altes Polyäthylen im Kofferraum.«

 
    NEUN
    When Will I Get To Be Called A Man?
     
     
    START HEUTE. Nr. 1 einer grandiosen Abenteuerserie über den Helden an der nordwestlichen Grenze Indiens – DER WOLF VON KABUL
    Die Afghanen, die Pathanen, die Kurden, die Afridis und sämtliche Banditen von Belutschistan, an den Ufern des Arabischen Meeres, bis nach Kaschmir und zur Grenze des verbotenen Tibets zittern vor Angst vor dem Wolf von Kabul, dem Mann, der über Leben und Tod entscheidet.
     
     
    The Wizard, September 1930
     
     
    Eine Gesellschaft, die all jene bestraft, die nicht bestätigen wollen, dass sie vollkommen ist, kann, natürlich, niemals Fortschritte machen. Sie wird hingegen zunehmend aggressiv werden, während sie sich unweigerlich von innen her auflöst.
     
    Lobkowitz, Time and Meaning , 1938
     
     
    Bewahre mich, Gott, vor allen Formen der Gewissheit.
    Muslimisches Gebet
     
     
    Prinz Lobkowitz gab sich alle Mühe, seinen Beitrag zu leisten. Aber seine Schüttellähmung verschlimmerte sich. Er presste die Arme an den Seiten gegen seinen Körper und versuchte, das Zittern zu unterdrücken. Irgendetwas stimmt nicht mit meinem Gehirn, dachte er. Seine Synchronisation war gestört. Diesen Zustand hatte er noch nie

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