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Momo

Momo

Titel: Momo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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Leben. Und so köstlich, wie diese hier, hatte ihr überhaupt noch nie etwas geschmeckt.
So war sie zunächst einmal ganz und gar von diesem Frühstück in Anspruch genommen und schmauste mit vollen Backen, ohne an irgend etwas anderes zu denken. Merkwürdigerweise wich durch dieses Essen auch alle Müdigkeit von ihr, sie fühlte sich frisch und munter, obgleich sie doch die ganze Nacht keinen Augenblick geschlafen hatte. Je länger sie aß, desto besser schmeckte es ihr. Es war ihr, als könne sie tagelang so weiteressen.
Meister Hora schaute ihr dabei freundlich zu und war taktvoll genug, sie zunächst nicht durch Gespräche zu stören. Er verstand, daß es der Hunger vieler Jahre war, den sein Gast stillen mußte. Und vielleicht war das der Grund, weshalb er beim Zusehen nach und nach wieder älter aussah, bis er wieder ein Mann mit weißen Haaren war. Als er merkte, daß Momo mit dem Messer nicht gut zu Rande kam, strich er die Brötchen und legte sie ihr auf den Teller. Er selbst aß nur wenig, sozusagen nur zur Gesellschaft.
Aber schließlich war Momo doch satt. Während sie ihre Schokolade austrank, blickte sie über den Rand ihrer goldenen Tasse hinweg prüfend ihren Gastgeberin an und begann zu überlegen, wer und was er wohl sein mochte. Daß er niemand Gewöhnlicher war, hatte sie natürlich gemerkt, aber bis jetzt wußte sie eigentlich noch nicht mehr von ihm als seinen Namen.
„Warum“, fragte sie und setzte die Tasse ab, „hast du mich denn von der Schildkröte holen lassen?“
„Um dich vor den grauen Herren zu schützen“, antwortete Meister Hora ernst. „Sie suchen dich überall und du bist nur hier bei mir vor ihnen sicher.“
„Wollen sie mir denn was tun?“ erkundigte sich Momo erschrocken.
„Ja, Kind“, seufzte Meister Hora, „das kann man wohl sagen.“
„Warum?“ fragte Momo.
„Sie fürchten dich“, erklärte Meister Hora, „denn du hast ihnen das Schlimmste angetan, was es für sie gibt.“
„Ich hab' ihnen nichts getan“, sagte Momo.
„Doch. Du hast einen von ihnen dazu gebracht, sich zu verraten. Und du hast es deinen Freunden erzählt. Ihr wolltet sogar allen Leuten die Wahrheit über die grauen Herren mitteilen. Glaubst du, daß das nicht ausreicht, um sie dir zu Todfeinden zu machen?“
„Aber wir sind doch mitten durch die Stadt gegangen, die Schildkröte und ich“, meinte Momo. „Wenn sie mich überall suchen, dann hätten sie mich doch ganz leicht kriegen können. Und wir sind auch ganz langsam gegangen.“
Meister Hora nahm die Schildkröte, die inzwischen wieder zu seinen Füßen saß, auf den Schoß und kraulte sie am Hals. „Was meinst du, Kassiopeia?“ fragte er lächelnd. „Hätten sie euch kriegen können?“
Auf dem Rückenpanzer erschienen die Buchstaben „NIE!“, und sie flimmerten so lustig, daß man förmlich glaubte, ein Gekicher zu hören. „Kassiopeia“, erklärte Meister Hora, „kann nämlich ein wenig in die Zukunft sehen. Nicht viel, aber immerhin so etwa eine halbe Stunde.“
„GENAU!“ erschien auf dem Rückenpanzer.
„Verzeihung“, verbesserte sich Meister Hora, „genau eine halbe Stunde. Sie weiß mit Sicherheit vorher, was jeweils in der nächsten halben Stunde sein wird. Deshalb weiß sie natürlich auch, ob sie beispielsweise den grauen Herren begegnen wird oder nicht.“
„Ach“, sagte Momo verwundert, „das ist aber praktisch! Und wenn sie vorher weiß, da und da würde sie den grauen Herren begegnen, dann geht sie einfach einen anderen Weg?“
„Nein“, antwortete Meister Hora, „ganz so einfach ist die Sache leider nicht. An dem, was sie vorher weiß, kann sie nichts ändern, denn sie weiß ja nur das, was wirklich geschehen wird. Wenn sie also wüßte, da und da begegnet sie den grauen Herren, dann würde sie ihnen eben auch begegnen. Dagegen könnte sie nichts machen.“
„Das versteh' ich nicht“, meinte Momo etwas enttäuscht, „dann nützt es doch gar nichts, etwas vorher zu wissen.“
„Manchmal doch“, erwiderte Meister Hora, „in deinem Fall zum Beispiel wußte sie, daß sie den und den Weg gehen und dabei den grauen Herren nicht begegnen würde. Das ist doch schon etwas wert, findest du nicht?“
Momo schwieg. Ihre Gedanken verwickelten sich wie ein aufgegangenes Fadenknäuel.
„Um aber wieder auf dich und deine Freunde zu kommen“, fuhr Meister Hora fort, „muß ich dir mein Kompliment machen. Eure Plakate und Inschriften haben mich außerordentlich beeindruckt.“
„Hast du sie denn gelesen?“

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