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Momo

Momo

Titel: Momo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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er kaum älter aus als Momo selbst.
„Willkommen!“ rief er vergnügt, „herzlich willkommen im Nirgend-Haus. Gestatte, kleine Momo, daß ich mich dir vorstelle. Ich bin Meister Hora - Secundus Minutius Hora.“
„Hast du mich wirklich erwartet?“ fragte Momo erstaunt.
„Aber gewiß doch! Ich habe dir doch eigens meine Schildkröte Kassiopeia geschickt, um dich abzuholen.“
Er zog eine flache, diamantenbesetzte Taschenuhr aus der Weste und ließ deren Deckel aufspringen.
„Du bist sogar ungewöhnlich pünktlich gekommen“, stellte er lächelnd fest und hielt ihr die Uhr hin.
Momo sah, daß auf dem Zifferblatt weder Zeiger noch Zahlen waren, sondern nur zwei feine, feine Spiralen, die in entgegengesetzter Richtung übereinanderlagen und sich langsam drehten. An den Stellen, wo die Linien sich überschnitten, leuchteten manchmal winzige Pünktchen auf.
„Dies“, sagte Meister Hora, „ist eine Sternstunden-Uhr. Sie zeigt zuverlässig die seltenen Sternstunden an und jetzt eben hat eine solche angefangen.“
„Was ist denn eine Sternstunde?“ fragte Momo.
„Nun, es gibt manchmal im Lauf der Welt besondere Augenblicke“, erklärte Meister Hora, „wo es sich ergibt, daß alle Dinge und Wesen, bis zu den fernsten Sternen hinauf, in ganz einmaliger Weise zusammenwirken, so daß etwas geschehen kann, was weder vorher noch nachher je möglich wäre. Leider verstehen die Menschen sich im allgemeinen nicht darauf, sie zu nützen, und so gehen die Sternstunden oft unbemerkt vorüber. Aber wenn es jemand gibt, der sie erkennt, dann geschehen große Dinge auf der Welt.“
„Vielleicht“, meinte Momo, „braucht man dazu eben so eine Uhr.“
Meister Hora schüttelte lächelnd den Kopf. „Die Uhr allein würde niemand nützen. Man muß sie auch lesen können.“
Er klappte die Uhr wieder zu und steckte sie in die Westentasche. Als er Momos erstaunten Blick sah, mit dem sie seine Erscheinung musterte, schaute er nachdenklich an sich hinunter, runzelte die Stirn und sagte: „Oh, aber ich habe mich, glaube ich, ein wenig verspätet - in der Mode, meine ich. Wie unaufmerksam von mir! Ich werde das sofort korrigieren.“
Er schnippte mit den Fingern und stand im Nu in einem Bratenrock mit hohem Stehkragen vor ihr.
„Ist es so besser?“ fragte er zweifelnd. Aber als er Momos nun erst recht verwundertes Gesicht sah, fuhr er gleich fort: „Aber natürlich nicht! Wo habe ich nur meine Gedanken!“
Und er schnippte abermals, und nun trug er plötzlich eine Kleidung, wie weder Momo noch sonst irgend jemand sie je gesehen hat; denn es war die Mode, die erst in hundert Jahren getragen werden wird. „Auch nicht?“ erkundigte er sich bei Momo. „Nun, beim Orion, das muß doch herauszukriegen sein! Warte, ich versuch's nochmal.“ Er schnippte zum dritten Mal mit den Fingern, und nun endlich stand er in einem gewöhnlichen Straßenanzug, wie man ihn heutzutage trägt, vor dem Kind.
„So ist es richtig, nicht wahr?“ sagte er und zwinkerte Momo zu. „Ich hoffe nur, ich habe dich nicht erschreckt, Momo. Es war nur ein kleiner Spaß von mir. Aber nun darf ich dich vielleicht erst einmal zu Tisch bitten, liebes Mädchen. Das Frühstück ist bereit. Du hast einen langen Weg hinter dir, und ich hoffe, es wird dir schmecken.“ Er nahm sie bei der Hand und führte sie mitten in den Uhr-Wald hinein. Die Schildkröte folgte ihnen und blieb etwas zurück. Der Pfad verlief wie in einem Irrgarten kreuz und quer und mündete schließlich in einem kleinen Raum, der durch die Rückwände einiger riesiger Uhrenkästen gebildet wurde.
In einer Ecke stand ein Tischchen mit geschwungenen Beinen und ein zierliches Sofa, nebst dazu passenden Polsterstühlen. Auch hier war alles von dem goldenen Licht der reglosen Kerzenflammen erleuchtet.
Auf dem Tischchen stand eine dickbauchige goldene Kanne, zwei kleine Tassen, dazu Teller, Löffelchen und Messer, alles aus blankem Gold. In einem Körbchen lagen goldbraune, knusprige Semmeln, in einem Schüsselchen befand sich goldgelbe Butter und in einem anderen Honig, der schlechthin wie flüssiges Gold aussah. Meister Hora schenkte aus der dickbauchigen Kanne in beide Tassen Schokolade und sagte mit einladender Gebärde: „Bitte, mein kleiner Gast, greif tüchtig zu!“
Das ließ sich Momo nicht zweimal sagen. Daß es Schokolade gab, die man trinken konnte, hatte sie bisher noch nicht einmal gewußt. Auch Semmeln, mit Butter und Honig bestrichen, gehörten zu den größten Seltenheiten in ihrem

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