Monde der Finsternis 03 - Mond der Ewigkeit
Frühstückstisch und blickten fragend auf, als sie den Raum betrat.
„Wo bist du gewesen? Ich habe mehrmals an deine Tür geklopft.“
Carole verzichtete auf einen Gruß, woran Amber ihre Verstimmung erkannte. Sie hatte total vergessen, dass die Freundin mit ihr noch vor dem Frühstück plaudern wollte. Bevor Amber sich entschuldigen konnte, kam Charles ihr zuvor.
„Amber zählt zu den morgendlichen Frühsportlern.“ Er zwinkerte ihr zu und griff nach einem Toast.
„Joggst du neuerdings? Das hättest du doch gleich sagen können.“ Carole zog einen Schmollmund.
„Nein, ich ...“
„Sie hat sich im Über-den-Zaun-Klettern geübt“, schnitt Charles Amber das Wort ab und grinste breit. Er musste sie aus dem Fenster beobachtet haben.
„Echt?“ Carole riss die Augen weit auf. „Wieso denn das?“
„Eigentlich wollte ich nur an die frische Luft. Aber dann habe ich den Garten von Chalice Well gesehen. Der war noch geschlossen. Deshalb bin ich über den Zaun.“
Die Freundin nickte und lächelte, aber Amber spürte ihre Enttäuschung, nicht an diesem Abenteuer teilgenommen zu haben. „Das nächste Mal nehme ich dich mit.“ Sie tätschelte Caroles Hand. „Ich habe eine interessante Entdeckung gemacht.“ In wenigen Sätzen erzählte Amber den beiden von dem Zeichen und ihrer Vision am Wasser. Während Carole ihr aufmerksam zuhörte, bemerkte sie, dass Charles desinteressiert wirkte, auch wenn er sich noch so sehr bemühte, es zu verbergen. Aidan hätte ihr zugehört. Er fehlte ihr. Warum rief er nicht an? Seltsam, in Gealach fühlte sie sich nachts während seiner Streifzüge im Bett einsam, aber hier war es noch schlimmer. Weil Aidan nicht zurückkehrte.
„Heute Abend findet in der Nähe ein Fest statt. Wollen wir nicht die Gelegenheit nutzen und hingehen?“ Carole, die Vergnügungen liebte, vor allem, wenn getanzt werden durfte, strahlte übers ganze Gesicht.
Sicher vermisste sie ihre abendlichen Unternehmungen, denn in London besuchte sie nach der Arbeit mit Kollegen regelmäßig einen Pub, manchmal auch eine Disco oder das Kino. Carole fehlte auf keiner Party. Als Charles zustimmte, wollte Amber kein Spielverderber sein und bejahte, obwohl sie sich lieber in ihr Zimmer zurückgezogen hätte. Wie hatte Gealach sie nur verändert. Früher hatte sie genau wie Carole nach solchen Vergnügungen gelechzt.
Nach dem Frühstück brachen sie auf, um die Zeitungsarchive nach einem Hinweis über die damaligen Festivalbesucher zu durchstöbern. Es war Charles’ Vorschlag gewesen, von dem Amber sich allerdings nicht viel versprach. Das wäre wie ein Lotteriegewinn, wenn sie auf ein Foto oder seinen vollständigen Namen stoßen würden.
Die Artikel gaben wie erwartet nicht viel preis. Stunden hatten sie in dem stickigen Archiv verbracht, ohne einen Schritt voranzukommen. Ihr Nacken schmerzte und Amber wollte nur noch in die Pension zurück, auch wegen Charles, der immer eine Spur zu dicht neben ihr saß, oder sich tief über ihre Schulter beugte, sodass sie seinen Atem an ihrem Hals spürte.
In ihrem Zimmer sah sie auf dem Handy nach, ob Aidan angerufen hatte. Nichts. Irgendetwas stimmte nicht. Sie wählte die Nummer von Gealach Castle und ließ es endlos lange klingeln. Aber er hob nicht ab. Enttäuscht legte sie auf und versuchte, sich auf Aidan zu konzentrieren, um ihn auf telepathischem Weg zu erreichen. Es wollte ihr nicht gelingen, und sie gab auf. Sie erwog, die Koffer zu packen und zurückzureisen. Aber sie sollte nicht immer gleich den Teufel an die Wand malen. Wenn jemand in Gefahr wäre, hätte Aidan sich gemeldet. Oder Kevin. Die Gewissheit beruhigte sie, weshalb sie den Gedanken der Rückreise verwarf. Vielleicht war Aidan noch immer sauer auf sie.
Sie legte sich aufs Bett und starrte an die Decke, als stünde dort oben die Lösung ihrer Probleme geschrieben.
13
A idan schrie auf und seine Hände krallten sich ans Mauerwerk, als das Schattengeflecht seinen Körper überzog.
Die Ranken waren die Vorboten der Invasion durch die Schattenwelt. Doch wenn er die Wahrheit erkennen und mehr über sein und Ambers Schicksal erfahren wollte, musste er ihnen gestatten, ihn zu berühren. Nur so gelangte er an das Wissen, denn die Wurzeln dieses Baumes speicherten die Schicksale aller Sterblichen wie ein Mikrochip von der Geburt bis zum Tod. Auch sein Schicksal und Ambers waren darin verankert. Er lehnte sich zurück, schloss die Augen und legte die Hände flach gegen die Mauer. Sofort wurden sie von
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