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Monde der Finsternis 03 - Mond der Ewigkeit

Monde der Finsternis 03 - Mond der Ewigkeit

Titel: Monde der Finsternis 03 - Mond der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Meyer
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Küche klapperte Geschirr, als sie das Haus verließ. Die Wolkendecke war aufgerissen und der Himmel strahlendblau wie auf einer Postkarte. Vögel zwitscherten in den Bäumen und Hecken, und auf dem Dach gurrten Tauben. Rosenduft wehte aus den runden, von Buchsbaum umsäumten Beeten zu ihr herüber. Sie blieb einen Moment stehen und versank in der friedlichen Stimmung, die sie entspannte. Wie in Hermits Garten. Sie lief zum Tor hinauf, als müsste sie sich vergewissern, dass auf der anderen Seite keine mordlustigen Wikinger auf sie warteten. Kaum zu glauben, was ihr geschehen war. Alles erschien wie ein Albtraum. Langsam schritt sie den Pfad hinab und genoss die wärmende Frühlingssonne. Auf diesem Weg war einst auch ihr Vater gelaufen.
    Am Fuße des Hügels angekommen schlug sie nicht den Weg zurück zur Pension ein, sondern bog in die andere Richtung und gelangte zu dem Garten von Chalice Well. Leider war er noch geschlossen. Das Plätschern von Wasser hinter einer Hecke hörte sich verlockend an. Sie liebte es, an einem Springbrunnen zu sitzen und auf die Wasseroberfläche zu sehen. Parkplatz und Straße waren verlassen und der Reiz, sich den Garten anzusehen, groß. Nach einem Blick über die Schulter kletterte sie über den Zaun und befand sich auf einer Wiese. Neugier trieb sie weiter, sie folgte den Hinweisschildern zur Wasserquelle, um die sich Legenden rankten und die Heilkräfte besitzen sollte. Irgendwo arbeiteten schon Gärtner mit Sägen und Heckenscheren. Als die Motorsägen stoppten, hörte sie wieder das Plätschern, das aus der Mitte des Gartens ertönte. Sie schlich im Schutz der Rhododendren zum Wasserbecken, in das kaskadenförmig das rötliche Wasser über Schalen floss. Sofort entdeckte sie die Gravur im Findling, das Zeichen mit den beiden Kreisen, das auch die Fibel zierte. Das konnte kein Zufall sein und sie glaubte, dass ihr Vater hier gewesen war.
    Ein Luftzug ließ sie herumfahren. Niemand war zu sehen. Die Vorstellung, der Geist ihres Vaters wäre neben ihr, bewirkte eine Gänsehaut und gleichzeitig empfand sie Freude, weil sie etwas mit ihm teilte. Sie war an einem Ort, an dem auch er gewesen war. Vielleicht hatte er ebenso versonnen wie sie auf das Wasser geblickt. Amber setzte sich auf den Rand des gemauerten Beckens und blickte aufs Wasser. Sie tauchte die Hände hinein und ließ das Nass durch die Finger rinnen. Eine Weile genoss sie die Idylle, während ihre Gedanken immer wieder in die Vergangenheit schweiften. Von diesem Ort ging eine positive Kraft aus, die ihre Sinne beruhigte und den Geist erweiterte, auch für das Übersinnliche. Hier könnte sie meditieren.
    Sie erstarrte, denn plötzlich spiegelte sich ein anderes Gesicht auf der Oberfläche als ihr eigenes. Es war das gut geschnittene, sympathische Gesicht eines Mannes von Mitte zwanzig. Die Gärtner hatten sie erwischt. Doch als sie den Kopf wandte, stand niemand hinter ihr. Sie hätte schwören können, die Nähe eines Menschen zu spüren. Das Männergesicht schimmerte noch immer auf der Oberfläche. Seine Züge waren seltsam vertraut. Er besaß bernsteinfarbenes Haar und grüne Augen wie sie. Erst die Spiegel, die Ruinen oben auf dem Tor und jetzt auch noch das Wasser. Das klang alles absurd. Und doch war das Erlebnis gestern so real gewesen, dass sie es noch heute in ihren Knochen spürte. Das waren keine Halluzinationen mehr, sondern sie war überzeugt, dass ihr Vater ihr eine Botschaft sandte, deren Sinn sie nicht verstand. Noch nicht. Amber kniff die Augen zusammen, um sich zu sammeln. Als sie sie wieder öffnete, war das Männergesicht im Wasser verschwunden. Ihr Herz klopfte vor Aufregung, weil sie ihren Vater gesehen haben musste. Sie zog die Finger durchs Wasser und rief auf Ogham die Wassergeister an, die Bilder zurückzuholen. Sie war enttäuscht, als nichts geschah. Sie glaubte, einer Illusion erlegen zu sein, die aus ihrem Wunsch resultierte, ihren Vater kennenzulernen. Wenn er ähnliche Fähigkeiten besaß wie sie, wäre es ihm möglich, mit ihr geistig zu kommunizieren. Vielleicht lebte er hier irgendwo in der Nähe. Und wenn nicht, würde sie ihn finden, selbst wenn sie nach Timbuktu reisen müsste.
    Ein Rasenmäher näherte sich und erinnerte sie daran, dass es Zeit war, den Garten zu verlassen, bevor die Besucher eintrafen. Carole machte sich vielleicht schon Sorgen, vor allem nach ihrem gestrigen Verschwinden. Amber stand auf und sprintete zum Zaun.
    Charles und Carole saßen bereits am

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