Mondgeschöpfe (Phobos)
Also steuerte ich den Wagen aus der Stadt heraus aufs Land. Mein Ziel war ein zerfallenes altes Herrenhaus, das unverkäuflich auf einen gnädigen Investor wartete.
*****
"Er ist außer Kontrolle?", wiederholte Carlton Olivers Nachricht. "Ich verstehe Sie doch richtig?"
Oliver nickte ganz vorsichtig. Lui Carltons Stimme war sehr ruhig, als er sagte: "Sie finden die Kontrolle über dieses Monster wieder oder es wird demnächst ein neues Monster geben. Eines, das nur noch kriechen kann, sich von Erde ernährt und den Namen Oliver völlig vergessen hat!"
Oliver nickte wieder und sparte sich jeglichen Kommentar. Er wusste, dass Carlton seine Drohung ernst meinte.
*****
Das Herrenhaus lag hingeduckt wie eine alte, fette Kröte in einem kleinen Wäldchen, umgeben von versumpften Wassergräben. Früher hatte dieses Wäldchen sehr heimelig und romantisch gewirkt. Aber seit diese Stürme vor fünf Jahren begonnen hatten, hatte das reine Chaos Einzug gehalten. Und niemand räumte auf. Man hatte schon mit den großen Wäldern genug zu tun. Für Manu und mich war es regelrecht gefährlich, uns einen Weg durch die umgeworfenen Baumstämme zu bahnen. Zumal der Wind immer wieder aufs Neue gefährlich auffrischte und mit jeder Böe ein schreckliches Knacken und Krachen in dem gequälten Wald heraufbeschwor. Ich hatte Schwierigkeiten, in der Dunkelheit die zerfallene Treppe zu finden, die unter mehreren großen Haufen zerborstenen Gesteins in die Kellerräume des alten Hauses führte. Die Treppe endete an einer Wand, die aus einem einzigen Stein bestand und verdächtig an diese alten Grabplatten erinnerte, mit denen Grüfte verschlossen werden.
Ein dunkler Riss neben dem Steinmonument führte in ein Gewirr von Gängen, die alle letztlich im Zentralgewölbe endeten, um das herum das ganze Gebäude aufgebaut war. Es war erstaunlich trocken.
Mit einem gewissen Stolz wies ich auf zwei große Holzkisten.
"Da ist die Notversorgung drin: Liegen, Lebensmittel, Kocher usw."
"Liegt das denn hier so sicher?"
"Ziemlich sicher. Ich habe einige Wächter hier gelassen."
Ich grinste sie an.
"Wächter?" , fragte Manu verständnislos, aber interessiert.
Ich antwortete: "Du wirst es schon merken. Ich muss den Wagen noch wegfahren."
"Ist gut. Ich baue mir inzwischen was Gemütliches zusammen."
Also drehte ich mich ohne ein weiteres Wort um und verschwand in der Dunkelheit.
Manu öffnete die beiden Kisten und suchte sich zusammen, was sie brauchte. Sie zündete eine der beiden Gaslampen an und konnte nun die Taschenlampe ausknipsen. Sie schloss die Gasflaschen an den Heizer und den Kocher an, brachte beides in Gang und begann auf der zischenden Gasflamme Wasser zu kochen. Ein Tee konnte nicht schaden. Sie setzte sich auf eine der beiden Campingliegen und spürte, wie plötzlich eine ungeheure Müdigkeit in ihr hoch kroch. Die Anstrengungen des Tages begannen ihren Tribut zu fordern. Das Heulen des Sturmes drang durch die alten Gänge bis in die Tiefe des Kellers. Durch einige Risse im Fußboden begannen dünne Nebelfäden gegen die Decke zu ziehen. Rasch verdichteten sie sich und bildeten eine zweite Wand mitten im Raum. Auf dieser Wand begannen sich Figuren abzuzeichnen. Und Manu kannte sie. Kaltes Frösteln erfasste sie. Wie kam das hier hin? Manu erkannte diesen gepolsterten als den Raum in der Psychiatrie, in den sie jedes Mal kam, wenn sie auch nur die Andeutung von Aggressivität zeigte. Eine hässliche Stimme füllte diesen Raum und zischte sie an: "Du bist nicht nur süchtig. Du bist schizophren. Unter der Deckschicht der Sucht lauert der Verfolgungswahn. Der Wahn. Du bist unheilbar."
Der weiße Raum begann Manu in sich einzusaugen. Sie kannte diesen Raum, kannte ihn nur zu gut. Sie kannte diese Stimme. Wie hatte sie damals gegen diese Stimme und gegen diese Prognose angekämpft und jetzt kam sie trotz aller Anstrengungen zu ihr zurück. We r, zum Teufel, kannte außer ihr diesen Raum ganz intimen Leides so gut, dass er ihn hier an diesem Ort und zu dieser Stunde auferstehen lassen konnte?
Sie erstarrte, machte sich ganz steif und versuchte auf diese Weise dem Zug des Raumes und der Stimme zu entgehen.
Die Zeit blieb stehen.
Plötzlich riss die weiße Wand in der Mitte auseinander und gab den Blick auf einen Menschen frei. Manu erkannte mich. Ich kehrte zurück, nachdem ich den Wagen versteckt hatte.
Der Nebel löste sich auf. Ich musste lachen: "Ich sehe, du hast inzwischen eine meiner Wacheinrichtungen
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