Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mondglanz

Mondglanz

Titel: Mondglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
Vom Netzwerk:
machen, und das Wachpersonal wurde entsprechend reduziert.
    Die Mühe, auch noch die technischen Geräte abzuziehen, haben sie sich allerdings nicht gemacht. Das Terminal sieht aus, als wäre es so alt wie das Erz, das hier abgebaut wird. Ich hoffe nur, es funktioniert noch.
    Vel lässt Jael unsanft zu Boden fallen und geht ans Terminal. Meine Aufgabe ist, Schmiere zu stehen und ihn zu warnen, sobald jemand kommt. Im Moment sehe ich allerdings nur Minenarbeiter, die wie Roboter ihre Maschinen bedienen. Die Dinger machen einen solchen Lärm, dass ich kaum denken kann.
    »Das Terminal funktioniert noch«, erklärt Vel, als hätte er meine stille Sorge gehört.
    Ich lasse die Umgebung nicht aus den Augen, aber ich weiß auch so, was er jetzt tun wird. Als Erstes wird er den Störsender einschalten, damit die Minenverwaltung den unautorisierten Zugriff nicht lokalisieren kann – falls er ihnen überhaupt auffällt. Dann wird er versuchen herauszufinden, wo Marschs Zelle ist.
    Ich hoffe nur, dass sie ihn nicht gefoltert haben. Bei einem Mann von Marschs Kaliber dauert es Tage, um ihn zu brechen. Sie werden ihn noch lange nicht so weit haben, dass er freiwillig für sie arbeitet. Darauf beruht zumindest unser Plan. Wenn er sich allerdings in sein Schicksal gefügt hat und schon in den Minen ist, können wir erst nach Ende seiner Schicht zu ihm stoßen, und eine Schicht dauert hier vierundzwanzig Stunden.
    Das würde die Sache unendlich komplizierter machen. Wir müssen schnell handeln. Je länger wir hierbleiben müssen, desto größer das Risiko, entdeckt zu werden – und die Gefahr, dass Dina und Hammer ohne uns abfliegen.
    Sobald Vel Marschs Zelle gefunden hat, muss er nur noch den Code rausfinden, mit dem man einen Gefangenen in den entsprechenden Flügel überstellen kann. In unserem Fall Jael.
    Klingt alles ganz einfach, aber jetzt, da wir hier sind, habe ich das Gefühl, allein meine Angst könnte mich umbringen.
    Maria sei Dank ist Velith wie immer die Ruhe selbst. Ich glaube nicht, dass ich das hier mit irgendjemand anderem durchziehen könnte. Diese Befreiungsaktion ist wahrscheinlich das Dümmste und Gefährlichste, was ich jemals versucht habe – und die Liste meiner Dummheiten ist nicht gerade kurz.
    Aber für Marsch würde ich alles riskieren.
    »Ich habe ihn gefunden«, sagt Velith endlich.
    Nur leider nicht schnell genug – zwei Wachen kommen in unsere Richtung. Nur gut, dass sie mich noch nicht gesehen haben.
    »Wir bekommen Gesellschaft!«, flüstere ich und verstecke mich hinter Vel. Das Wachhäuschen ist nicht gerade groß, aber wenn wir uns in eine dunkle Ecke verkriechen, sehen sie uns vielleicht nicht. Ich schaue Vel beschwörend an und hoffe, er weiß, was jetzt zu tun ist. Wenn wir die Wachen vorübergehend außer Gefecht setzen, besteht die Gefahr, dass sie wieder aufwachen und Alarm schlagen. Töten will ich sie nämlich nicht, solange wir nicht unbedingt müssen. Ob Reden was nützen würde?
    Vel beantwortet meine Frage, indem er sich so klein macht wie möglich. Ich folge seinem Beispiel und hoffe das Beste.

50
    Die Wachen gehen vorbei, ohne uns zu bemerken, auch wenn Jael alles tut, damit genau das passiert. Der Bastard zappelt nach Leibeskräften – oder versucht es zumindest –, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Das Einzige, was er damit erreicht, ist jedoch, dass die Stromstöße seine Muskulatur von Kopf bis Fuß komplett lähmen. Ein reizender Gedanke. Er kann nicht mal behaupten, wir hätten ihm wehgetan, denn was Vels Fesseln mit ihm machen, ist das Hightech-Äquivalent einer Tiefenmassage.
    Als ich sicher sein kann, dass die Wachen außer Sichtweite sind, kehre ich zurück auf meinen Posten, und Vel tritt wieder ans Terminal, als wäre nichts passiert. Er muss noch mehr Daten hacken.
    »Ah, die Transfercodes«, sagt er zufrieden.
    Erst da merke ich, dass er die ganze Zeit über Ithorianisch gesprochen hat. Ich habe mich so sehr an den Klang der Sprache gewöhnt, dass sie mir schon gar nicht mehr auffällt. Hauptsache, ich verstehe, was gesagt wird.
    »Können wir los?«
    Vel hebt Jael hoch, der wie ein nasser Sack über seiner Schulter hängt, und wir gehen zurück zum Appellplatz. Er ist vollkommen verlassen. Dann erreichen wir den ersten Checkpoint. Ein gelangweilter und leicht übergewichtiger Ithorianer hockt vor dem Terminal. Ich kann seine Geschlechtsorgane nicht sehen, aber ich gehe davon aus, dass es sich um ein Männchen handelt, denn Weibchen werden nur ganz selten

Weitere Kostenlose Bücher