Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mondglanz

Mondglanz

Titel: Mondglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
Vom Netzwerk:
aber nicht davon abhalten wird, es zu versuchen. Das heißt, sobald ich eine Ahnung habe, was ich tun muss.
    Es ist eine nicht eingelöste Schuld, die so schwer auf Marschs Schultern lastet. Er wollte gegenüber Mair wettmachen, was sie für ihn getan hat. Deshalb hat er auf Lachion die Truppen von Gunnar-Dahlgren angeführt, und das ist ihn teuer zu stehen gekommen.
    Ich habe immer noch nicht ganz begriffen, dass er das Blutbad auf Lachion überlebt hat und zu mir zurückgekommen ist, wie er es versprochen hatte. Er hätte einfach abhauen können, wieder das tun, was er zuvor gemacht hat. Aber er will mehr, als den Rest seines Lebens die Kriege anderer zu führen, oder wollte es zumindest. Was der Marsch will, der hier bei mir in der Suite sitzt, weiß ich nicht. Ich kenne ihn nicht mehr.
    »Ja, die Lage ist prekär. Und ich bin ein Risikofaktor«, sagt er leise. »Ich hatte gehofft, ich könnte es kontrollieren, aber ich kann in diesen Kakerlaken nichts anderes sehen als eine Bedrohung. Früher oder später werde ich austicken. Ich hätte auf dem Schiff bleiben sollen.«
    Ist das der Zeitpunkt für die erste schwierige Entscheidung, die ich treffen muss? Soll ich ihn für den Rest unseres Aufenthalts auf Ithiss-Tor aufs Schiff verbannen? Ich weiß nicht, wie klar er die Dinge im Moment wirklich sieht. Er scheint sich für eine Art Monster zu halten. Und vielleicht hat er recht: Ich musste nicht mit ansehen, was er auf Lachion gesehen hat. Ich weiß, er hat nach wie vor Albträume davon.
    Ganz langsam atme ich aus. »Wenn du das wirklich glaubst, solltest du dich von Doc durchchecken lassen. Vielleicht kann er dir etwas geben, das deine Nerven beruhigt.«
    Außerdem würde ich Doc gern fragen, ob er mir einen Übersetzungschip einsetzen kann. Jedes Mal auf Vels Übersetzung warten zu müssen war ziemlich mühselig, dabei hat das Bankett nur eine Stunde gedauert.
    Mit angespanntem Kiefer starrt Marsch mich wortlos an. Ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, wie sehr ihm persönlichkeitsverändernde Drogen verhasst sind, aber schließlich steht er auf, ohne zu protestieren. »Gehen wir zu ihm.«
    Zuerst schäle ich mich aus der unbequemen Robe und schlüpfe in einen Overall. Ich möchte nicht mehr Aufmerksamkeit erregen als unbedingt nötig. Wir wurden gebeten, bis zum Morgen in unseren Quartieren zu bleiben, während die Ithorianer alles für die erste Sitzung vorbereiten, bei der ich Gelegenheit haben werde, die Sache des Konglomerats vorzutragen. Dort werden die Ratsmitglieder auch mögliche Bedenken äußern, und mit Sicherheit werden sie nachhaken, was für sie bei dieser Allianz herausspringt.
    Ich frage mich, warum sie uns nicht unbeaufsichtigt umherstreifen lassen wollen. Zu unserer eigenen Sicherheit, oder weil sie etwas zu verbergen haben? Ich könnte eine Eskorte rufen, aber ich glaube, es wäre keine gute Idee, wenn sie mitbekommen, dass mein Lover kurz davorsteht durchzudrehen.
    Würde Jael seine Aufgabe etwas ernster nehmen, würde er sofort merken, dass ich meine Suite verlasse, aber auf dem Korridor ist nichts von ihm zu sehen. Man hat uns ein gutes Stück entfernt von den ithorianischen Würdenträgern untergebracht, und auch diesbezüglich weiß ich nicht, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen ist. Egal. Dass es nicht leicht werden würde, wusste ich schon vorher.
    Für mich sehen die Gänge alle gleich aus, und einen Übersichtsplan gibt es keinen. Und selbst wenn, könnte ich ihn wahrscheinlich gar nicht lesen. Ich blicke nach links und rechts, bewundere die Schönheit der organischen Wände. Das dichte Blattwerk schimmert im gefilterten Licht ultramarinblau. Aber das hilft mir auch nicht, mich zu orientieren.
    »Wo lang?«
    »Nach rechts«, antwortet Marsch, ohne zu zögern.
    »Bist du sicher, dass das der Weg zurück zum Schiff ist?«
    »Mehr oder weniger.« Einen winzigen Moment lang blitzt der Humor des alten Marsch in seinen Augen auf, und es erinnert mich an das Lächeln, das ich schon so lange nicht mehr an ihm gesehen habe.
    Unterwegs kommen wir an zwei ithorianischen Arbeitern vorbei, die uns verwirrt und misstrauisch hinterherstarren, aber sie versuchen nicht, uns zur Rede zu stellen. Würde ohnehin nichts nützen, weil wir unseren Übersetzer nicht dabeihaben. Selbst wenn wir aus diesem Irrgarten herauskommen, bin ich nicht sicher, ob wir zum Raumhafen finden.
    »Es tut mir leid.«
    Würde ich mich zu ihm umdrehen, würde mir sein Gesichtsausdruck ohnehin nichts sagen, also tue ich

Weitere Kostenlose Bücher