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Mondherz

Mondherz

Titel: Mondherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Spies
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dessen Tod fällt es nun an ihn zurück. Keiner weiß, ob er die Festung Laszlo übergeben wird, wie es in den Augen der meisten nur rechtens wäre. Und wird Laszlo unter ihm ebenfalls oberster Feldherr des Reiches sein? Euer Onkel Cilli wird jedenfalls jede Chance nutzen, die Hunyadis in Verruf zu bringen.«
    Es versetzte ihr immer noch einen kleinen Stich, wenn Gábor schlecht über ihren Onkel redete. Um sich zu sammeln, fuhr Veronika die Furchen der Mauer nach, in denen sich vertrocknetes Moos abgesetzt hatte. Der Stein unter ihren Fingern war warm von der Sommerhitze. »Ihr werdet sicher nach Buda an den Königshof reisen müssen, um dies alles zu klären«, sagte sie schließlich. »Werdet Ihr mich hier zurücklassen?« Ihr Herz schlug bang bei dieser Frage. »Und was geschieht, wenn der König Belgrad nicht zurück an die Hunyadis gibt?«
    »Das wird dich nicht kümmern müssen«, erwiderte Miklos. Er lächelte. »Du bleibst nicht hier.«
    Sie erwiderte sein Lächeln. »Ihr nehmt mich mit? Nach Buda?«
    Doch Gábor schüttelte den Kopf. »Ihr werdet nach Temeschburg gehen, zu Graf Hunyadis Witwe.«
    Sie schluckte. Ihr Lächeln verschwand. Temeschburg. Zu Frau Hunyadi, Michaels Schwester, die ihr auf Elisabeths Hochzeit wie eine steife Frömmlerin vorgekommen war. Die Heimatburg der Hunyadis sollte ein trostloser Ort sein. Elisabeth war dorthin gegangen und wenig später gestorben.
    »Dorthin möchte ich nicht«, sagte sie jäh, selbst über ihre heftige Reaktion überrascht. Sie sprang auf.
    Miklos riss die Augen auf.
    Gábor schüttelte den Kopf, langsam, als sei sie nicht recht bei Sinnen. »Ihr tut, was ich sage.«
    »Nein!« Tränen verschleierten ihren Blick. Sie fürchtete, er würde sie für Tränen des Selbstmitleids halten, obwohl es in Wahrheit doch Tränen der Wut waren. »Ich lasse mich nicht einfach wegschicken!«
    »Was erwartet Ihr von mir?« Gábor betrachtete sie stirnrunzelnd. »Wir alle fügen uns den Wünschen des Wolfsbundes, und das müsst Ihr auch tun.«
    »Das ist mir egal. Ich erwarte, dass Ihr mich wie Euer Mündel behandelt, nicht wie ein Möbelstück, das Ihr nach Belieben verschieben könnt«, rief sie. »Dass Ihr mich erst an Euch bindet und dann wieder wegstoßt, das könnt Ihr nicht auf den Bund schieben. Das ist ganz allein ein Zeichen Eures schlechten Charakters.«
    »Veronika, was sagst du da!«, rief Miklos entsetzt, und verstört wanderte sein Blick zwischen ihr und Gábor hin und her. »Es geht einzig um dein Wohlbefinden, verstehst du das nicht? Außerdem hat nicht Gábor so entschieden, sondern Pavel. Er findet, dass du in Temeschburg am sichersten bist.«
    Sie hörte Miklos’ Worte wie durch einen Schleier. Pavel steckte also dahinter, Pavel, der zu ihr gesagt hatte, sie solle sich nicht zu fest an Gábor binden. Hass gegen den Ältesten stieg in ihr auf. Flehend sah sie Gábor an.
Vergiss, was ich gesagt habe,
beschwor sie ihn still.
Behalte mich bei dir, widersetz dich Pavel, schick mich nur nicht alleine von hier fort.
    Kurz flackerte etwas in seinen dunklen Augen, und sie hielt es für Verständnis, doch dann schüttelte er erneut den Kopf. »Es tut mir leid«, sagte er. »Vielleicht habt Ihr recht, wenn Ihr an meinem Charakter zweifelt.« Seine Stimme klang rauh. »Doch eines weiß ich: Ihr sollt in Sicherheit sein, wenn hier und in Buda die politischen Kämpfe zwischen Cilli und den Hunyadis ausgefochten werden.«
    »Aber Ihr habt mir doch beigebracht, die politischen Geschicke zu begreifen.« Sie ballte die Fäuste. »Ihr wisst, dass ich nichts Unbedachtes tun werde, um mich in Gefahr zu bringen, und trotzdem wollt Ihr mich in die Verbannung schicken.«
    »Glaubt mir, es geht nicht darum, was ich will.« Sein Blick wurde weich, während er sie ansah, und sie las darin, was er niemals aussprechen würde, Sorge und aufrichtige Zuneigung. Sie wollte sich abwenden und konnte es nicht, denn ihre Wölfin drängte ihm entgegen, voller Verlangen nach seiner Nähe. Er spürte dies wohl, denn er wandte den Blick als Erster wieder ab, und sie sah, wie seine Hände zitterten. Noch nie hatte sie ihn so schwach gesehen wie in diesem Augenblick.
    »Sieh es nicht als Verbannung, kleine Schwester«, sagte Miklos bedächtig. »Wir werden dich besuchen, und Gábor wird dich wieder zu uns holen, sobald die politischen Belange geklärt sind.«
    »Ist das wahr?«, fragte sie und fasste Gábor am Arm. Sie wollte seinen Blick spüren, ohne den sie sich plötzlich einsam fühlte. Ihre

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