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Mondherz

Mondherz

Titel: Mondherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Spies
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Diener schenkten Wein aus und reichten Teller mit Schinken, Käse und Brot.
    »Als ob sie den Leichenschmaus nicht abwarten könnten.« Michael verzog das Gesicht.
    Gábor erwiderte jedoch nichts. Es machte kaum noch einen Unterschied.
    Seit drei Wochen ruhte Graf Hunyadi nun auf dem Krankenbett in Semlin, niedergeworfen von der heimtückischen Seuche, die selbst die stärksten Männer dahinraffte. Zu schwach zum Reisen sei er, sagten die Ärzte, und er wurde immer schwächer. Das von ihm befreite Belgrad, das nur wenige Meilen entfernt auf der anderen Seite der Flüsse lag, würde er wohl nicht wieder sehen. Jetzt hatte er nach Michael und Gábor schicken lassen, und das Wissen, dass er dies tat, um letzte Angelegenheiten mit ihnen zu bereden, ließ Gábor sprachlos zurück.
    »Wir haben alle Mittel der Kunst erschöpft«, berichtete der Arzt. »Wohl vier Mal haben wir ihn zur Ader gelassen und ihm einen Einlauf verabreicht, damit die schlechten Säfte den Körper verlassen. Es ist keine Besserung eingetreten. Meist ist er bei Sinnen, doch das Fieber lässt ihn glühen. Sprecht leise, um ihn zu schonen.« Er bedachte sie mit einem letzten beschwörenden Blick, bevor er den Durchgang zum Krankenzimmer freigab.
    Dort war die Luft unerträglich stickig. Graf Hunyadi lag zwischen samtenen Kissen und war in den Tagen seiner Krankheit fast bis zur Unkenntlichkeit abgemagert. Am Rande seines Bettes kniete Laszlo, sein ältester Sohn. In seinen Augen schimmerten Tränen. Michael trat neben ihn und legte die Hand auf seine Schulter. Während er auf seinen Schwager blickte, presste er die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen. Erstmals schienen auch ihm die Worte zu fehlen.
    In Hunyadis eingefallenem Gesicht flackerten die Augen in tiefen Höhlen. Gábor roch den eitrigen Gestank des Fiebers, das den Körper des Grafen zerfraß wie eine hungrige Bestie. Jeder Atemzug rasselte in seinen Lungen. Belgrad war frei, doch niemand konnte feiern, da der Befreier der Stadt im Sterben lag.
    »Laszlo, geh hinaus«, wisperte der Kranke, und sein Sohn folgte der Bitte ohne Widerrede. »Setzt euch zu mir«, fuhr er fort, so leise, dass nur Werwolfsohren es hören konnten. »Ihr wisst, dass ich sterben werde.«
    Als Michael dies mit einer heftigen Handbewegung von sich weisen wollte, schüttelte er den Kopf.
    »Wenn es außer mir jemand weiß, dann ihr, macht mir nichts vor.« Seine Augen blickten zu Gábor. »Ich weiß nicht mehr, wie oft Ihr mir das Leben gerettet habt, Gábor. Ihr seid mein treuester Freund, sagt mir die Wahrheit.«
    Gábor nickte sachte. »Ihr werdet sterben«, bestätigte er. Gleichgültig, wie schwer es ihm fiel, er würde seinen Dienstherrn nicht belügen.
    »Ich will euch für eure Dienste danken«, flüsterte Hunyadi, »und euren Bund um etwas bitten.« Er holte tief und rasselnd Atem, bevor er fortfahren konnte.
    Gábor erstarrte, als ihm jäh in den Sinn kam, worum der Graf bitten mochte. Es war unmöglich, diesen Wunsch zu erfüllen. Er sah zu Michael hinüber, bei dem eine steile Falte zwischen den Augenbrauen verriet, dass er dasselbe dachte.
    »Kümmert euch um meine beiden Söhne«, wisperte Johann Hunyadi.
    Gábor schloss kurz die Augen. Erleichterung mischte sich mit Scham. Wie hatte er glauben können, der Graf wünsche, zu einem von ihnen verwandelt zu werden? Er kannte doch den Grundsatz des Werwolfsbundes: Dient den Mächtigen und Guten, aber greift niemals selbst zur Macht. Hunyadi war zu mächtig, um einer von ihnen werden zu können. Wahrscheinlich war ihm nie auch nur in den Sinn gekommen, dieses Gesetz in Frage zustellen, selbst im Angesicht des Todes nicht.
    »Dient Laszlo und Mathias, wie ihr mir gedient habt«, bekräftigte er noch einmal seine Bitte und blinzelte fragend, da er noch keine Antwort von ihnen erhalten hatte.
    »Bei Gott, das werden wir«, sagte Michael, und seine Stimme klang rauh. »Meine Neffen werden von mir jede Unterstützung erhalten.«
    Der Graf richtete sich ein Stück auf, und ein wenig Farbe kehrte in seine Wangen zurück. »Ulrich Cilli wird nicht einmal warten, bis mein Körper erkaltet ist, um Intrigen gegen sie zu spinnen. Er hat König Ladislaus in seiner Hand«, murmelte er. »Helft meinen Söhnen, dagegen zu bestehen. Noch sind sie unerfahren, doch in wenigen Jahren werden sie so weit sein, meinen Kampf gegen die Türken weiterzuführen.«
    »Wollt Ihr, dass wir Mathias vom Königshof holen?«, fragte Gábor.
    Hunyadi schüttelte den Kopf. »Solange Cilli ihn

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