Mondherz
dieses Mal von zwei Janitscharen zu Fuß. Er ritt sie nieder, nur um auf neue Gegner zu stoßen, und als er sich umdrehte, war der Bauer schon wieder im Gewühl verschwunden. Michael war stattdessen an seiner Seite, ein blutgetränktes Schwert in seiner Rechten schwenkend.
»Wir können unsere Leute nicht mehr aufhalten«, rief er. »Sie werden immer zahlreicher, und die Türken bekommen es mit der Angst zu tun.« Er lachte grimmig auf, als er einen weiteren Janitscharen mit seinem Schwert erwischte. Wie ein mächtiges Schiff pflügte sein Streitross durch die anrollenden Wellen der feindlichen Reiter. »Wir sollten den Angriff fortsetzen und sie überrennen, solange sie eingeschüchtert sind!«
Gábor richtete sich im Sattel auf und sah sich um. Michael hatte recht. Mehrere tausend Männer waren inzwischen in die Kämpfe verwickelt. Sie näherten sich dem Türkenlager und drängten die Feinde zurück.
Zwei weitere Tore in Belgrads Festungsmauer öffneten sich und Hunyadis Ritter preschten hervor. Auch der Graf und sein Sohn Laszlo waren dabei. Ihre Rüstungen blinkten wie Edelsteine in der Sonne.
Und an ihrer Seite rannten die Wölfe.
Ihre buschigen, großen Körper sprangen in riesigen Sätzen vorwärts, und schon waren sie an den Pferden der Ritter vorbei. Ihr heiseres Bellen brachte den Kampflärm ins Stocken. Verwirrt sahen die Türken sich um, und Angst zeichnete ein bleiches Erschrecken in ihre Gesichter, als sie die Wölfe erblickten.
»Köpek«, schrien sie,
Hunde,
und einer der Janitscharen flüsterte »Dschinn«, das Wort für Dämon, Gábor hörte es deutlich. Dann waren die Tiere heran, und mit geifernden Lefzen stürzten sie sich auf die Türken.
Keiner, den sie anfielen, sollte überleben, das war das eherne Gesetz der Werwolfkrieger, und wie böse Geister wüteten sie unter den Menschen. Selbst die Christen wichen angstvoll zurück. Schnell erkannten sie jedoch, dass diese riesigen Hunde nur die türkischen Feinde angriffen, und mit Triumphgeheul stürzten sie sich wieder in den Kampf.
Gábor sah Pavel, einen großen Wolf mit grauem, räudig wirkendem Fell. Er hörte sein heiseres Belfern, das von Blut sprach, von der Jagd und der Lust auf Gewalt. Gábors Wolf bäumte sich auf und begehrte, sich seinen Brüdern anzuschließen. Er drängte ihn mit aller Macht zurück.
Weitere Männer rückten vor. Die Schlacht, die als leichtsinniges Scharmützel von Raufbolden begonnen hatte, war blutiger Ernst geworden.
»Ich habe Nachricht ins Heerlager nach Semlin geschickt«, rief der Graf Gábor zu, als er zu ihm stieß. Seine Augen blitzten. »Sie sollen über den Fluss setzen und den Türken in die Seite fallen. Wir nehmen sie in die Zange!« Der Graf hob sein Schwert und wehrte fast beiläufig einen Gegner ab. Jeder Janitschar wollte damit prahlen, den Kopf des größten christlichen Feldherrn von dessen Schultern geschlagen zu haben. So war dort, wo Hunyadi kämpfte, die Gefahr um Leib und Leben stets am größten.
Während ihm Gábor schützend zur Seite stand, sah er das Fell der Werwölfe weit vor ihnen aufblitzen. Sie drangen ins feindliche Heerlager ein. Zelte fielen um, grellrote Flecken erschienen auf den Stoffbahnen, grauenvolle Schreie ertönten, und Gábor wusste, dass die Wölfe nun ohne einen letzten Funken Menschlichkeit ihrem Blutrausch folgten. Er spürte ihre Wut wie ein scharfes Band, das sich um seine Kehle zog und es ihm erschwerte zu atmen. Er sollte bei ihnen sein, rief ihm sein Wolf erneut zu, und sein Herz zog sich zusammen. Wie konnte er ihre Grausamkeit verdammen, die doch auch ein Teil von ihm war?
»Es reicht, Pavel«, flüsterte er, »es reicht.«
Der Graf schenkte ihm einen seltsamen Blick, als hätte er die Worte gehört, doch es gab keine Zeit, zu reden.
Auch die menschlichen Kämpfer hatten das Lager nun erreicht. Hunyadi verbot mit lauter Stimme, während der Schlacht zu plündern, und die Bauern und Ritter fochten mit unverminderten Kräften weiter. Den Türken gelang es nicht, sich zu formieren, zu überraschend war der Kampf gekommen und zu fürchterlich waren die Wölfe, deren rasche Angriffe im hinteren Teil des türkischen Heers jede Ordnung zerstörten. Inzwischen sah Gábor auch vom Ufer der Save Staub aufwirbeln, und ungarische Flaggen erhoben sich dort aus dem Kampfgewühl. Die Männer aus Semlin fochten ebenfalls.
»Der Sultan«, schrie Laszlo Hunyadi jäh, der mit seinen Männern nur einen Steinwurf entfernt kämpfte. »Ich sehe den Sultan!«
Gábor
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