Mondkuss
„Helena hat mir erzählt, dass du eine Frau kennengelernt hast. Dass es dir aber so Ernst ist, hätte ich nicht vermutet.“ Rafael seufzte. „Eigentlich sollte ich allerbeste Laune haben, mit eingestanztem Grinsen tanzen und wildfremden Menschen Zigarren schenken. Eigentlich habe ich allen Grund dazu, mich zu freuen. Eigentlich.“ „Und uneigentlich?“ „Ich habe verdammte Angst. Davor, dass ich schon jetzt süchtig nach ihr bin. Vor einer Enttäuschung und auch ein kleines bisschen davor, dass sich mein Leben schlagartig ändern wird. Aber verdammt – diese Frau ist es wert. Diese Augen voller Leben, voller Aufmerksamkeit, voller Misstrauen. Leonard, ich habe sie gesehen und hatte von da an nur noch Augen für sie. Schlagartig fühlte ich, dass etwas Magisches zwischen uns blinkt.“ „Hört sich gut an. Und wie sieht sie das?“ „Ich glaube – nein, ich spüre – dass es ihr ebenso geht..“ „Weiß sie, dass du als Callboy arbeitest?“ Rafaels Gesicht verdunkelte sich. „Nein. Ich habe es ihr bisher verschwiegen.“ Er erzählte Leonard von ihrer Flucht, als sie erfuhr, dass er strippte. „Hätte ich ihr auf die Nase gebunden, dass ich außerdem als Callboy arbeite, wäre sie im Dunkel der Nacht verschwunden. Da bin ich ganz sicher.“ „Du kannst es ihr aber nicht für immer verschweigen, sollte es mit euch weiter gehen.“ „Ich weiß. Oh, und wie ich das weiß. Dies ist ein weiterer Punkt, der mir höllische Angst bereitet.“ „Das kann ich nachvollziehen.“ „Vielleicht erledigt sich das von selbst, wenn sich irgendwann mein Traum erfüllt – eine eigene Bar.“ „Hättest du denn vor, deine Karriere als Callboy an den Nagel zu hängen – sollte dein Traum eines Tages wahr werden?“ „Auf jeden Fall. Und zwar ganz unabhängig von Marleen oder sonst jemandem. Marleen könnte allerdings der Grund sein, dass ich mich künftig mehr dahinterklemme, statt nur zu träumen.“ „Hat dieser Traum schon feste Formen?“ „So in etwa. Ich stelle mir das so vor: Hauptsächlich werde ich Cocktails kreieren. Meine Leidenschaft zum Kochen werde ich darin ausleben, dass ich für meine Gäste in bestimmten Abständen ein sinnliches Dinner zaubere, und ich werde weiterhin strippen – im Rahmen eines besonderen Events. Im Großen und Ganzen werde ich allerdings einfach nur Inhaber einer Bar mit Atmosphäre und einem besonderen Flair sein. Das wünsche ich mir schon seit Jahren.“ „Darf ich auch erfahren, was du dir wünschst?“ Helena gesellte sich zu ihnen. Sie hatte ihre Arbeit an dem Zyklus beendet, sich rasch geduscht und setzte sich gut gelaunt auf einen Sessel, der sich gegenüber von Leonard befand. Interessiert hörte sie den Ausführungen Rafaels zu, ihr Blick glitt jedoch immer wieder verlangend zu Leonard hinüber, der sie mit feurigen Blicken liebkoste. „Die Idee gefällt mir gut.“ Helena griff nach Leonards Glas und nahm einen Schluck. „Ich drücke alle Daumen, die ich habe.“ „Danke, das kann ich brauchen. Denn dieser Traum ist zu einer fixen Idee geworden, und ich werde in Zukunft meine ganze Energie hineinstecken, in der Hoffnung, dass sich eine Tür öffnet.“ „Wenn wir dir irgendwie helfen können, gib Bescheid. Ich wäre nämlich gerne Stammgast in der Bar meines besten Freundes.“ Leonard zwinkerte ihm freundschaftlich zu.“ „Darauf werde ich gern zurückkommen. Danke.“ Die nächste Stunde füllten sie mit Ideen, bauten Luftschlösser und überlegten sich sogar schon, wie die Bar heißen könnte. Als Leonard eine weitere Flasche Wein öffnete, erhob sich Rafael und warf seinen beiden Freunden einen amüsierten Blick zu. „Ich werde mich nun in meine Gemächer begeben und euch Turteltauben allein lassen. Beneidenswert, diese Mischung aus Vertrautheit und ‚wildaufeinander-sein’, die ihr ausstrahlt.“ Helena warf ihm eine Kusshand zu, blickte dann verträumt zu Leonard. Der wünschte Rafael eine angenehme Nachtruhe und taxierte Helena mit feurigen Blicken. Sie lächelte und zog ihr ohnehin schon tief ausgeschnittenes T-Shirt noch ein Stückchen tiefer, beugte sich vor, sodass ihre prallen Brüste nur noch halb bedeckt waren. „Dieser Anblick macht mich wahnsinnig“, flüsterte Leonard rau. Seine Stimme bahnte sich einen Weg in Helenas Gehörgang, dehnte sich aus und sandte von dort aus sanfte Schauer durch ihren Körper. Leonard registrierte die Lust, die in ihren Augen aufglomm. Sein Verlangen nach dieser – seiner – Frau wuchs ins Unermessliche.
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