Mondkuss
Hingabe.“ „Den Teufel werde ich tun.“ Dominik lachte überlegen auf. „Das werden wir ja noch sehen.“ Mit Mühe hob sie den Kopf. „Du armselige Kreatur bist es nicht länger wert mein Meister zu sein. Ein wahrer Meister hat es nicht nötig, festgelegte Grenzen zu überschreiten, sondern ist stets Herr der Lage und stark genug, sie einzuhalten. Du aber bist ein erbarmungswürdiger Abschaum, der es nötig hat, eine nicht vorhandene Macht zu demonstrieren, indem sie grenzenlos wird. Das alles hat nichts mehr mit SM zu tun, sondern mit kompensierter Charakterschwäche. Auf meine Kosten!“ Dominik vergaß für einen Moment sein Vorhaben. Er starrte sie fassungslos an. Kathrin, stets die Angst im Nacken vor Dominiks unberechenbarem Verhalten, fuhr herzklopfend fort: „Du bist durchschaut und von nun an nicht mehr wert, dass ich auch nur noch eine Sekunde mit dir verbringe.“ Aus dem Augenwinkel registrierte sie seine überraschte, enttäuschte Miene und wusste, dass sie genau richtig handelte. Sie erschrak, als er die Brauen bedrohlich zusammenzog und erneut mit dem Messer drohte. Ihr gelang es, sich ihre Angst und Unsicherheit nicht anmerken zu lassen. „Wenn du mich einschüchtern willst, bist du bei mir an der falschen Adresse. Meine Bewunderung, meine Achtung und Hingabe sind weg – vom Winde verweht. Und du allein trägst Schuld daran. Weil du ein Nichts bist.“ Dominik drückte ihre Schultern grob aufs Bett. Dann warf er das Messer beiseite, packte ihr Haar und zerrte ihren Kopf zu sich hoch. Kathrin gab sich Mühe, keine Miene zu verziehen. Sie lachte ihn höhnisch an. In Dominiks Augen glomm Unsicherheit auf. „Du musst nicht so tun, als ginge dich das alles nichts mehr an“, herrschte er sie an, doch seine Stimme klang schon wesentlich dünner. „Wenn das deine Methode ist, mich zu bremsen, dann muss ich dich enttäuschen, denn das zieht bei mir nicht.“ „Ich benötige keine Methode, um so zu tun als ob, denn dir gegenüber bin ich seit eben emotionslos. Mich geht das Ganze also tatsächlich nichts mehr an.“ Seine Hand strich über ihre Brust, griff zwischen ihre Schenkel. „Du kannst mir viel erzählen. Ich wette, dein Körper verrät dich.“ Zu ihrer Genugtuung blieb ihr Körper reglos. Zum ersten Mal, seit sie ihm begegnet war, reagierte er nicht mit Hingabe auf seine Berührungen. Sie ließ seine hektischen Handgriffe über sich ergehen und war sich in diesem Moment sicher, dass er ihrem Körper nie wieder eine lustvolle Reaktion entlocken könnte. Dominik riss seine Hand zurück. Er spürte ihre Gleichgültigkeit, die distanzierte Haltung ihres Körpers, der ihm sonst immer entgegenkam. „Du armselige Kreatur“, wiederholte Kathrin. „Dein Glanz hat sich abgenutzt. Mich kannst du nicht mehr beeindrucken. Los – geh und such dir eine andere. Und dann wiederhole dein bedeutungsloses Handeln. Wieder und immer wieder, bis du an deiner Kälte erfrierst und verreckst.“ Dominik starrte sie fassungslos an. So hatte noch niemand mit ihm gesprochen. Und derartig verwirrt und entsetzt wie im Moment hatte ihn auch noch nie jemand erlebt. Er löste sich von ihr, stand auf, verließ das Zimmer und schließlich das Apartment. Kathrin blieb noch eine Weile regungslos liegen. Dann straffte sie ihren Körper, pumpte Luft in ihre Lungen, stand auf und suchte ihre Kleidung zusammen. Kurze Zeit später verließ auch sie das Apartment.
Kapitel Fünfzehn
Marleen freute sich auf ein herzhaftes Frühstück mit Rührei, Speck und frischen Brötchen. Letzteres fehlte allerdings in ihren Vorräten, und so beschloss sie, rasch welche zu holen. Sie schnappte sich ihre Handtasche, die Autoschlüssel und wollte gerade die Wohnung verlassen, als es an der Haustür klingelte. Da sie sowieso nach unten wollte, zog sie die Wohnungstür hinter sich zu, lief die Treppen hinab und öffnete die Haustür.
Ein Postbote stand vor ihr, überreichte ihr ein Päckchen. Dankend und neugierig nahm sie es entgegen. Sie hatte nichts bestellt, ein Absender war nicht zu entdecken, und so betrachtete sie es eine Weile verwundert, bevor sie die Treppenstufen wieder hinaufeilte. Die Brötchen mussten warten. In der Küche kramte sie nach einer Schere, schnitt das Klebeband an den Seiten auf und hob das Oberteil des Päckchens ab.
Taubenblaues Seidenpapier kam zum Vorschein. Es sah sehr edel aus.
Ihre Neugier wuchs, dennoch zögerte sie, bevor sie das Papier zur Seite schob. Sie wollte das Gefühl, das in diesem Moment ihre
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