Mondlaub
Flamme.
»Nun, Doña Lucia«, sagte die Königin kühl und gab ihr das Zeichen, sich aufzurichten, »nachdem Ihr uns so plötzlich verlassen habt, kommt Eure Rückkehr, gelinde gesagt, unerwartet.«
Layla murmelte etwas von den Zufällen des Schicksals und der Güte der Majestät, sie zu empfangen. Ihr war klar, dass Isabella genau wusste, warum sie gekommen war, aber offenbar legte die Königin Wert auf ein kleines Katz-und-Maus-Spiel.
»Ich hoffe, Ihr seid in Eurer alten Heimat dem wahren Glauben treu geblieben.«
»Es gibt nur einen Gott«, sagte Layla unschuldig und sah eine prunkvolle Prozession vor sich, die vor einem Scheiterhaufen endete, »und ich würde nie die Sünde begehen, ihn zu verleugnen.«
»Das dachte ich mir«, sagte die Königin und änderte ihren Tonfall. »Also, was für eine Botschaft bringt Ihr mir?«
Hastig zog Layla das Pergament aus ihrem Umhang, das ihr Muhammad gegeben hatte. Es war doppelt versiegelt, und sie überreichte es Isabella. Die Königin klatschte in die Hände und schickte die beiden Hofdamen, die sich noch im Raum befanden und Layla unbekannt waren, hinaus. Dann erbrach sie das Siegel. Layla konnte ihren eigenen Atem hören, während die Königin den Brief überflog. Jemand legte ihr von hinten die Hand auf die Schulter, und als sie den Kopf wandte, sah sie, dass Juan ihr beruhigend zulächelte. Er häufte wahrhaftig glü hende Kohlen auf ihr Haupt.
»Seid Ihr mit dem Inhalt vertraut?« Die Stimme der Königin behielt ihren sachlichen Tonfall, und Layla entspannte sich etwas.
»Nicht mit den Einzelheiten«, erwiderte sie, »nur mit der, hm, Richtung.«
Ein winziges Lächeln kräuselte Isabellas Lippen. »Die Richtung findet unsere Billigung. Aber über die - Einzelheiten müssen der König und ich noch sprechen. Sagt das Eurem Bruder.«
Und mit einer auffordernden Geste fügte sie hinzu: »Ihr könnt Euch jetzt entfernen, Doña Lucia.«
Als die kühle Nachtluft sie wieder umfing, sagte Juan: »Ich werde Euch zurückbringen. Es war unverantwortlich, Euch allein hierher kommen zu lassen, ohne Geleit.«
»Mir wird nichts passieren«, wehrte Layla ab. »Außerdem seid Ihr sogar aus weiter Entfernung als Christ zu erkennen, Juan, und unsere Wachen würden Euch sofort umbringen.«
Mit einem Mal brach die scheinbare Gelassenheit, die er bisher gewahrt hatte, zusammen, und Layla war beinahe erleichtert, als er sie zornig anstarrte.
»Warum seid Ihr fortgelaufen, Lucia? Warum habt Ihr mir das angetan? Ich wollte Euch heiraten. Ich habe Euch geliebt.«
Er würde es nie verstehen, und wenn sie es noch so oft wiederholte. »Aber ich wollte Euch nicht heiraten«, entgegnete sie sachte, »obwohl ich Euch sehr gern habe. Doch ich liebe Euch nicht.«
»Ihr hättet es gelernt, mich zu lieben«, sagte er. »Mit der Zeit.
Frauen darf man gar nicht wählen lassen, sie besitzen nicht den Verstand dazu, sagt Vater.«
»Hat er das auch zur Königin gesagt?«, fragte Layla freundlich und war froh, dass es Juan wieder gelungen war, etwas Erzürnendes von sich zu geben. Doch diesmal ließ er sich nicht ablenken.
»Ihr könnt immer so gut mit Worten umgehen, Lucia«, antwortete er erbittert, »aber Ihr lügt.«
»Ich lüge nicht«, protestierte sie aufrichtig gekränkt.
»Doch, das tut Ihr. Ich weiß den wahren Grund, warum Ihr mich nicht heiraten wolltet. Es ist wegen dieses Mannes.«
»Mannes?«, wiederholte sie verdutzt.
»Der Jude, der mit Euch getanzt hat«, sagte Juan ungeduldig.
»Leugnet es nicht! Ich habe es schon damals geahnt, so wie Ihr ihn angestarrt habt!«
»Bei Allah und allen Propheten«, sagte sie aufgebracht auf Arabisch und wechselte dann wieder ins Kastilische über, »das ist wirklich das Lächerlichste, was ich je gehört habe. Ihr Männer seid doch alle gleich. Für Euch muss es immer ein anderer Mann sein. Ist es denn so schwer zu begreifen, dass ich einfach nicht wollte?«
»Ha!«, rief Juan befriedigt. »Das ist der Beweis. Ihr seid wü tend. Ihr seid getroffen.«
»Bin ich nicht! Ich… ach, es hat ja doch keinen Zweck.« Layla atmete ein paar Mal tief durch. »Juan«, sagte sie dann ruhiger,
»ich bin Euch wirklich dankbar für alles, was Ihr für mich getan habt. Aber ich muss zurück, und daher ist es wohl das Beste, wenn wir uns jetzt verabschieden.«
Sofort legte sich ein Ausdruck von Trotz auf sein Gesicht. »Es tut mir Leid, Lucia, doch ich kann Euch nicht allein gehen lassen. Das gebietet mir meine Ehre als Ritter. Ich werde Euch so
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