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Mondlaub

Titel: Mondlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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seid Ihr hier, Lucia?«
    »Als Gesandte meines Bruders, des Emirs. Es ist sehr dringend.« Layla legte alles Flehen in ihre Stimme, dessen sie fähig war. »Ihr müsst mir eine Audienz bei den Majestäten verschaffen, Juan.«
    Ein anderer hätte ihre Behauptung zumindest stark angezweifelt, doch Juan war sich insofern gleich geblieben, als er ihr sofort glaubte.
    »Ihre Hoheiten sind in Santa Fe«, meinte er nachdenklich, »also dürfte es keine Schwierigkeiten geben, Euch dort hinzubringen, wenn ich Euch begleite.«
    »Santa Fe?«
    »Die neue Stadt«, erklärte er. Santa Fe. Der heilige Glaube. Das erinnerte Layla wieder an etwas anderes. Als Lucia de Solis war sie eine Abtrünnige - converso. Sie konnte nur hoffen, dass niemand sie danach fragte. Während Juan Pferde bringen ließ, versuchte Layla, nicht an das Schicksal der arabischen conversos zu denken, die den Christen in Malaga in die Hände gefallen waren. Wenn die Könige Muhammads Bedingungen nicht akzeptierten, sondern sich dafür entschieden, Granada weiter auszuhungern, bis es bedingungslos kapitulierte, dann konnte es sehr wohl geschehen, dass der Fall der Hauptstadt wie der von Malaga mit dem Brennen von Scheiterhaufen besiegelt wurde.
    Santa Fe war, soweit sie erkennen konnte, kreuzförmig angelegt: zwei Hauptstraßen und in der Mitte der Marktplatz. Es war eine richtige Stadt mit Gräben, Befestigungsmauern und, wie Juan auf ihre Frage hin erläuterte, achtzig Türmen. Teilweise ging sie in das Zeltlager über, das immer noch nicht ganz abgebrochen worden war. Insgesamt sprachen beide wenig auf dem Weg dorthin; keinem von beiden war nach Unterhaltung zumute.
    Als Layla schließlich in einem Raum stand, wo die anwesenden Höflinge sie neugierig musterten, konnte sie es kaum fassen.
    Sie hatte geglaubt, sie würde diese Welt nie wieder sehen.
    Ein rothaariger Mann mit einem kantigen Gesicht beobachtete sie besonders prüfend. Irgendwo hatte sie ihn schon einmal gesehen, doch sie zerbrach sich darüber noch den Kopf, als sich seine Miene erhellte und er zu ihr herüberkam.
    »Jetzt weiß ich, wer Ihr seid, Doña Morisca«, sagte er zufrieden. »Das Mädchen mit den maurischen Trinkliedern und den erstaunlichen Geographiekenntnissen.«
    Auch ihr fiel sein Name wieder ein. »Cristobal Colón, nicht wahr?«, fragte Layla. »Habt Ihr inzwischen Unterstützung für Eure Fahrt nach Indien gefunden?«
    Seine Stirn umwölkte sich wieder. »Nein. Ich war schon dabei, dieses Land endgültig zu verlassen, aber die guten Padres in La Rabida haben mich überredet, es noch einmal bei der Königin zu versuchen. Deswegen bin ich hier.«
    »Dann wünsche ich Euch Glück«, sagte sie ernst. »Auch ich habe um eine Audienz bei der Königin gebeten.«
    »Aber«, zwischen seinen Brauen bildeten sich zwei Falten,
    »damals schien es mir, als ob Ihr zum Hof gehörtet. Was tut Ihr hier in…«
    Er stockte. Sie vollendete den Satz für ihn. »In maurischer Kleidung? Das ist ein Geheimnis, Don Cristobal«, sagte sie neckend. Die Unterhaltung fing an, ihr Spaß zu machen. Außerdem lenkte sie vom Warten ab.
    Cristobal Colón blickte schon wieder verärgert drein. »Ich bin Ausländer, kein Grande, also steht mir die Anrede Don nicht zu«, sagte er kurz angebunden, doch dann fuhr er besser gelaunt fort: »Aber vielleicht werde ich es eines Tages sein. Zumindest«, und diesmal war er es, der sie neckte, »werde ich Vizekönig.«
    Layla zog die Brauen hoch. »Vizekönig?«
    »Aller der von mir entdeckten Länder«, antwortete er selbstverständlich. »Das«, sagte sie voll Überzeugung, »werden sie Euch nie gewähren.«
    Er setzte zu einer Entgegnung an, doch Juan kam dazwischen und teilte ihr mit, die Königin sei jetzt bereit, sie zu empfangen.
    Layla verabschiedete sich von Colón. Während sie in den nächsten Raum traten, fragte Juan ungehalten: »Woher kennt dieser Mensch Euch, Lucia? Das ist nur ein ausländischer Abenteurer, und ich verstehe nicht, warum…«
    Er hielt inne; sie befanden sich in Gegenwart der Königin.
    Fernando von Aragon war nicht zu sehen, und Layla fragte sich, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war.
    Sie sank in einen Knicks, was ihr aufgrund ihrer Kleidung etwas schwer fiel. Isabella trug ein goldbesticktes Brokatgewand; ihr Haar war wegen der späten Stunde geöffnet und fiel lose auf ihren Rücken. Layla dachte nicht zum ersten Mal, dass Isabella von Kastilien sie an eine Kerze auf dem Altar erinnerte: eine stetige, unerreichbare

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