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Mondlaub

Titel: Mondlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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weit bringen, wie es nur möglich ist.«
    Ihr lag nichts daran, weiter mit ihm zu streiten, also ließen sie stumm Santa Fe hinter sich und bald auch das Lager. Es war kalt und Layla fröstelte. Plötzlich schüttelte sie ein wilder Hustenanfall und sie versuchte vergeblich, ihn mit der Hand zu ersticken.
    »Seid Ihr krank, Lucia?«, fragte Juan besorgt. »Natürlich, bei Euren dünnen Sachen… hier, nehmt meinen Umhang.« Er löste ihn von den Schultern und legte ihn über ihre eigenen.

    »Ihr seid unmöglich, Juan«, sagte sie mit einem halben Lächeln.
    »Jedes Mal, wenn ich böse auf Euch bin, setzt Ihr mich mit so einer Geste ins Unrecht.«
    Er öffnete den Mund, als ob er etwas erwidern wollte, schloss ihn wieder und blickte zu Boden. Dann griff er mit einem Mal in sein Wams und holte etwas hervor. »Ich habe Euer Pfand noch, Lucia«, sagte er leise.
    Es lag auf seiner Handfläche zusammengerollt, Doña Marias grünes Haarband, und ihr saß plötzlich ein Kloß in der Kehle.
    »Wenn Ihr wollt«, fuhr er stockend fort, »gebe ich es Euch zurück, aber ich… würde es gerne behalten, wenn es Euch nichts ausmacht.«
    »Es macht mir nichts aus«, sagte Layla und gab ihm kurz entschlossen einen hastigen Kuss auf den Mund. Während er noch fassungslos dastand, nutzte sie ihren Vorteil und verschwand in der Nacht.

    Sie kam ohne weitere Schwierigkeiten zurück in die Alhambra, erstattete Muhammad Bericht und ging dann sofort ins Bett.
    Am nächsten Morgen wachte sie mit Fieber und einer Erkältung auf. Da noch immer genügend Kinder hier waren, um die man sich kümmern musste, ignorierte Layla ihre Erkrankung und hoffte, sie würde bald von allein verschwinden. Stattdessen wurde es immer schlimmer, bis Nada sie prüfend musterte und erklärte, wenn sie sich nicht sofort hinlegte, würde sie niemandem helfen und nur die Kinder anstecken. In den Monaten der Belagerung hatte die Sklavin jede Spur von Schüchternheit und Unterwürfigkeit verloren.
    Layla wehrte sich - eine weitere Kranke war genau das, was sie brauchten -, aber schließlich gab sie nach. Seit ihrem ersten Besuch bei Abraham Seneor hatte sie sich nicht mehr so schlecht gefühlt. Die Ornamente an den Wänden verloren vor ihren Augen ihren Sinn und lösten sich in ein tanzendes Sternengewimmel auf, wenn sie sie zu lange ansah, und sie hatte unausgesetzt Durst. Als Nada ihr einen Becher an die rissigen Lippen setzte, hielt sie das Mädchen einen Moment lang für ihre Mutter, die endlich zu ihr zurückgekommen war und sie wieder liebte, und sie legte ihr die Arme um den Hals, bis sie ihren Irrtum erkannte.
    Muhammads Leibarzt kam einmal, wollte ihr aber nicht sagen, wie lange das noch dauern würde, und Layla glaubte, auch Muhammad wahrzunehmen und Morayma. Sie versicherte Morayma, dass sie Suleiman vor dem Anblick des Feuers bewahren würde, und wunderte sich, warum Muhammads Gattin danach aus dem Zimmer flüchtete.
    Es war am zweiten oder dritten Tag, gegen Morgengrauen, als Layla erwachte und merkte, dass sich jemand neben sie gesetzt hatte. Sie blinzelte und versuchte, die dunkle Gestalt zu erkennen, die sich über sie beugte.
    »Jusuf?«
    »Trink das.«
    Er hielt ihr eine Schale hin. Ein Fetzen Erinnerung trieb in ihr Bewusstsein. »Keine Lebenskraft mehr«, sagte Layla mühsam.
    Er lachte leise.
    »Nein, keine Lebenskraft. Eine ganz normale Arznei. Sie besteht aus einer Pistazie Ammoniak, einer Walnuss honigsüßes Galbanum, einem gefüllten Löffel weißen Honig und einem gefüllten machusischen Natla klaren Weins. Zufrieden?«
    Bei jedem Bestandteil, den er nannte, ließ er sie einen Schluck aus der Schale trinken. Es schmeckte abscheulich und vertrieb nicht nur ihre Benommenheit - es machte sie hellwach. Sie sah ihn an und bemerkte, dass er diesmal wie ein Arzt gekleidet war. Er trug sogar den grünen Turban eines solchen Gelehrten.
    Sie setzte sich auf.
    »Jusuf«, sagte Layla anklagend, »das ist ein Gelehrtenturban.«

    Es gehört sich nicht, wollte sie hinzufügen, doch er brach in schallendes Gelächter aus. »Aber ich bin Gelehrter«, antwortete er, als er sich wieder beruhigt hatte, »unter anderem. Das Rezept für deine Arznei stammt aus dem Talmud. Layla, du bist wundervoll, weißt du das? Du bist der einzige Mensch, den ich kenne, der nach seiner Rückkehr von den Sterbenden als Erstes ungehörige Turbane bemerkt.«
    »Ich lag nicht im Sterben«, konterte sie verärgert, »ich habe nur eine Erkältung.«
    Tückischerweise überkam sie

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