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Mondlicht steht dir gut

Mondlicht steht dir gut

Titel: Mondlicht steht dir gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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nicht mal die leiseste Ahnung, wie ihre Stiefmutter heißt.

9
    Bis auf diesen Korinthenkacker von einem Art-director war es eine gute Woche gewesen, dachte Maggie, als sie von der Route 138 in Newport abbog. Beide Fotosessions dieser Woche waren außerordentlich gut gelungen, besonders die für Vogue.
    Doch nach der peniblen Aufmerksamkeit, mit der sie darauf achten mußte, wie die Kamera jede Falte der astronomisch teuren Gewänder einfing, die Maggie vor dem Objektiv hatte, war es ein deutlich spürbares Vergnügen, in Jeans und eine karierte Hemdbluse zu schlüpfen. So war auch alles, was sie für diesen Urlaub eingepackt hatte, ziemlich leger, mit Ausnahme einer blauen, gemusterten Seidenbluse und eines dazu passenden langen Rocks.
    Wir werden soviel Spaß zusammen haben, dachte sie. Zwei Wochen ohne Unterbrechungen in Newport. Nuala und ich haben nun wirklich die Chance, wieder ganz miteinander vertraut zu werden! Sie lächelte bei dieser Aussicht.
    Es war eine Überraschung gewesen, als Liam anrief und ihr mitteilte, auch er werde abends bei Nuala sein, obwohl ihr eigentlich hätte klar sein müssen, daß er relativ viel Zeit in Newport verbrachte. »Es ist von Boston aus bequem mit dem Auto zu erreichen«, hatte er erklärt. »Ich fahre ziemlich regelmäßig an den Wochenenden hin, besonders außerhalb der Hauptsaison.«
    »Das wußte ich nicht«, hatte sie gesagt.
    »Es gibt eine Menge Dinge, die du nicht weißt über mich, Maggie. Wenn du nicht so oft verreist wärst …«
»Und wenn du nicht in Boston wohnen und deine New Yorker Wohnung so wenig benutzen würdest …«
Maggie lächelte erneut. Liam ist lustig, dachte sie, auch wenn er sich oft selbst zu ernst nimmt. Während sie an einer roten Ampel anhielt, warf sie einen Blick nach unten und überprüfte nochmals ihre Richtungsangaben. Nuala wohnte gleich um die Ecke des legendären Ocean Drive an der Garrison Avenue. »Ich hab vom zweiten Stock aus sogar einen Blick aufs Meer«, hatte sie erklärt. »Warte nur, bis du’s siehst, und mein Atelier.«
Sie hatte dreimal in dieser Woche angerufen, um sich zu vergewissern, daß es bei ihrer Verabredung blieb. »Du kommst doch, Maggie? Du enttäuschst mich auch nicht?«
»Aber natürlich nicht«, hatte sie Nuala beruhigt. Und doch hatte Maggie sich gefragt, ob es nur ihre Einbildung war oder ob da tatsächlich etwas aus Nualas Stimme herauszuhören war, ein Unbehagen, das sie vielleicht schon an dem Abend bemerkt hatte, als sie in Manhattan miteinander zu Abend aßen. Zu jenem Zeitpunkt hatte sie es darauf zurückgeführt, daß Nualas Mann erst im Jahr zuvor gestorben war und sie auch allmählich ihre Freunde zu verlieren begann – einer der wenig erfreulichen Aspekte, wenn man lange genug lebte, um alt zu werden. Da muß natürlich ein Gefühl der eigenen Hinfälligkeit aufkommen, folgerte sie.
Sie hatte den gleichen Ausdruck in den Gesichtern von Bewohnern eines Pflegeheims gesehen, die sie im vergangenen Jahr für die Zeitschrift Life fotografiert hatte. Eine Frau hatte wehmütig festgestellt: »Manchmal stört es mich ganz gewaltig, daß keiner mehr übrig ist, der sich noch an mich erinnert, wie ich jung war.«
Maggie durchlief ein Frösteln, und nun erst merkte sie, daß die Temperatur im Wagen drastisch gefallen war. Während sie die Klimaanlage abstellte, öffnete sie ein wenig das Fenster und sog den würzigen Geruch des Meeres ein, der die Luft durchdrang. Wenn man im mittleren Westen aufgewachsen ist, dachte sie, kann man von der See nie genug kriegen.
Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, daß es zehn vor acht war. Sie würde kaum genug Zeit haben, sich frisch zu machen und umzuziehen, ehe die übrigen Gäste eintrafen. Wenigstens hatte sie Nuala noch telefonisch Bescheid gegeben, daß sie erst verspätet hatte aufbrechen können. Sie hatte ihr gesagt, daß sie so ziemlich genau jetzt eintreffen würde.
Sie bog in die Garrison Avenue ein und hatte das Meer vor Augen. Sie fuhr langsamer und hielt schließlich vor einem bezaubernden, mit verwitterten Schindeln verschalten Haus an, das von einer Veranda umgeben wurde. Das mußte Nualas Zuhause sein, dachte sie, aber es kam ihr so dunkel vor. Außen brannte überhaupt kein Licht, und sie konnte nur eine schwache Beleuchtung im Innern durch die Vorderfenster ausmachen.
Sie bog in die Einfahrt ein, stieg aus, und ohne erst lange ihr Gepäck aus dem Kofferraum zu holen, rannte sie die Stufen hinauf. Voller Vorfreude drückte sie auf die Klingel. Im

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