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Mondlicht steht dir gut

Mondlicht steht dir gut

Titel: Mondlicht steht dir gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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ihre kalten Finger, und der fast kochend heiße Tee war wohltuend, als sie ihn zu sich nahm.
    Sie waren im Wohnzimmer der Woodsschen Villa, die viel größer als Nualas Haus war. Familienfotos standen auf Tischen und auf dem Kaminsims herum – Kinder und Enkel, vermutete sie. Die Woods’ waren wohl im gleichen Alter wie Nuala.
    Trotz der ganzen Anspannung und Verwirrung glaubte Maggie zu wissen, wer die anderen waren, die eigentlich Gäste zum Abendessen hätten sein sollen. Da war zum einen Dr. William Lane, der Direktor des Latham Manor, wohl einer Art Altersheim, wie es ihr schien. Dr. Lane war ein fülliger Mann mit angehender Glatze, der vermutlich in den Fünfzigern war, und hatte eine tröstliche Art an sich, als er sein Beileid aussprach. Er hatte versucht, ihr ein mildes Beruhigungsmittel zu geben, aber Maggie hatte abgelehnt. Ihrer Erfahrung nach vermochte selbst das mildeste Beruhigungsmittel sie tagelang schläfrig zu machen.
    Maggie beobachtete, daß jedesmal, wenn Dr. Lanes bildhübsche Frau Odile etwas sagte, ihre Hände in Bewegung gerieten. »Nuala ist fast jeden Tag ins Heim gekommen, um ihre Freundin Greta Shipley zu besuchen«, hatte sie erklärt, und ihre Finger hatten dabei eine Art Lockbewegung vollführt, als wolle sie jemanden einladen, doch näher zu kommen. Dann schüttelte sie den Kopf und faltete die Hände wie zum Gebet. »Greta wird sich das schrecklich zu Herzen nehmen. Ganz schrecklich«, wiederholte sie mit Nachdruck.
    Odile hatte schon mehrfach die gleiche Bemerkung von sich gegeben, und Maggie wünschte sich inständig, sie würde es nicht noch mal sagen. Diesmal jedoch machte Odile eine zusätzliche Feststellung: »Und alle in ihrem Malkurs werden sie so furchtbar vermissen. Die Gäste, die in dem Kurs waren, hatten so einen Spaß an der Sache. Guter Gott, bis jetzt hatte ich noch nicht mal dran gedacht.«
    Das würde Nuala ähnlich sehen, dachte Maggie, andere Menschen an ihrem Talent teilhaben zu lassen. Eine lebhafte Erinnerung an Nuala stieg in ihr auf, wie sie ihr zum sechsten Geburtstag ihre eigene Palette geschenkt hatte. »Und ich bring dir bei, wie man wunderschöne Bilder malt«, hatte Nuala gesagt. Allerdings ist nichts draus geworden, weil ich nie was Gescheites zustande gebracht habe, dachte Maggie. Erst als sie mir dann Ton in die Hände gelegt hat, wurde Kunst greifbar für mich.
    Malcolm Norton, der sich Maggie als Nualas Anwalt vorgestellt hatte, stand an dem offenen Kamin. Er war ein gutaussehender Mann, doch kam es ihr so vor, als setze er sich bewußt in Positur. Da war etwas Oberflächliches – beinahe Künstliches – an ihm, fand sie. Irgendwie machten seine Trauer und seine Feststellung: »Ich war auch ihr Freund und Vertrauter, nicht nur ihr Anwalt« den Eindruck, als sei er der Ansicht, er habe Mitgefühl verdient.
    Weshalb aber sollte andererseits irgend jemand denken, daß ich es bin, der man Beileid aussprechen sollte? fragte sie sich. Sie wissen doch alle, daß ich Nuala gerade erst nach über zwanzig Jahren wiedergesehen habe.
    Nortons Frau Janice verbrachte die meiste Zeit damit, sich ruhig mit dem Arzt zu unterhalten. Sie war eine sportliche Erscheinung und hätte attraktiv sein können, wären da nicht die nach unten gerichteten Linien an ihren Mundwinkeln gewesen, die ihr einen herben, sogar verbitterten Ausdruck verliehen.
    Während sie noch darüber nachdachte, wunderte sich Maggie über die Art und Weise, wie ihr Bewußtsein mit dem Schock von Nualas Tod umging. Einerseits empfand sie einen so furchtbaren Schmerz; andererseits aber beobachtete sie diese Menschen hier wie durch das Objektiv einer Kamera.
    Liam und sein Vetter Earl saßen nicht weit voneinander entfernt in zueinander passenden Sesseln am Kamin. Bei seiner Ankunft hatte Liam den Arm um sie gelegt und erklärt:
    »Maggie, wie grauenhaft für dich«, doch schien er dann zu verstehen, daß sie körperlichen und seelischen Abstand brauchte, um die Sache erst einmal selbst zu verarbeiten, und so setzte er sich nicht neben sie auf das schmale Sofa.
    Ein schmales Sofa für zwei, dachte Maggie. Genau so ein Sofa war es gewesen, hinter dem sie Nualas Leiche gefunden hatten.
    Earl Bateman beugte sich mit verschränkten Händen vor, als sei er tief in Gedanken versunken. Maggie war ihm lediglich an dem Abend des Mooreschen Familientreffens begegnet, aber sie wußte noch, daß er ein Anthropologe war, der Vorlesungen über Bestattungsbräuche hielt.
    Hatte Nuala wohl gegenüber irgend

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