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Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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Mutter.
    Ich deutete auf Vaters Ring und blickte zu ihr auf. »Warum hast du allen ein Schmuckstück mit dem Horusauge geschenkt, nur mir nicht?«
    »Ist das die Frage, die dich die ganze Nacht lang wach gehalten hat?«, fragte Tata lachend.
    Ich mochte es nicht, dass er lachte. Mir war es Ernst. Ich rutschte von seinem Schoß und verschränkte die Arme, um meine Missbilligung zu zeigen.
    »Nun, Weib. Was hast du dazu zu sagen?«, fragte Tata mit einem Lächeln in der Stimme.
    Mutter lächelte nicht. Ich fühlte mich wie am Boden festgenagelt durch ihren Blick, den ich immer den Horus-Blick nannte. Ihre Missbilligung war so durchdringend, als hätte die löwenköpfige Göttin Sachmet selbst mich warnend angeknurrt. »Erdreiste dich nie, mich nach dem Grund irgendeiner meiner Handlungen zu fragen, Tochter«, sagte Mutter schließlich so leise, dass ich zunächst kaum sicher war, dass sie überhaupt etwas gesagt hatte.
    Mein Magen krampfte sich vor Angst zusammen. Wodurch hatte ich sie so erzürnt? Was hatte ich gefragt, das ich nicht hätte fragen sollen?
    Tata streckte den Arm über mich hinweg, um mehr Wein in seinen Kelch zu füllen. »Hast du ein anderes Amulett bekommen?«, fragte er.
    Ich nickte. Ich hatte vergessen, dass Mutter mir einen goldenen Skarabäus-Anhänger mit einem Smaragd in der Mitte geschenkt hatte. Ich hatte ihn nicht angelegt, weil ich die Anweisung hatte, Silber zu tragen, nicht Gold. Außerdem hatte es mir nicht gefallen, wie sich die Kette um meinen Hals herum anfühlte. Ich senkte den Blick, ein wenig beschämt darüber, wie gierig ich geklungen hatte. Aber wie sollte ich erklären, dass es mir nicht darum ging, mehr Schmuck zu haben? Ich wollte nur sicher sein, dass ich Mutter ebenso viel bedeutete wie meine Brüder.
    Tata nahm den Ring vom Finger und streckte ihn mir entgegen, damit ich ihn näher in Augenschein nehmen konnte. Schon das Gewicht des mit Hieroglyphen bedeckten Reifs schien zu zeigen, dass er besondere Macht besaß. Ich hatte noch nie zuvor gesehen, dass man Perlen benutzt hatte, um das Zentrum des Auges darzustellen.
    »Die Perle ist matt«, murmelte ich in das gespannte Schweigen hinein. Ich wusste, dass für die Römer Perlen wertvoller als alle Edelsteine waren.
    »Das ist keine Perle«, lachte Tata. »Das ist Knochen. Menschlicher Knochen von einem der alten Feinde Ägyptens. Noch vor der Zeit, als Cheops seine große Pyramide gebaut hat.«
    Ein Schauer lief mir den Rücken hinunter. Ein menschlicher Knochen bedeutete mächtige Magie.
    »Ja, es ist sehr heilig, wenn man den seltsam riechenden Priestern deiner Mutter Glauben schenken soll«, fuhr Tata fort. »Ein mächtiger Schutz.«
    »Schutz wovor?«, fragte ich. Tatas spöttischer Tonfall irritierte mich.
    »Vor dem Tod durch die Hand eines bösen Feindes«, sagte Tata, warf sich gegen die geschwungene Lehne der Couch und gähnte. Er schloss die Augen. »Aber ich habe gar keine Feinde, die so mächtig sind.«
    »Aber … hast du denn überhaupt böse Feinde, Tata?« Hatten meine Brüder Feinde? War ich ebenfalls in Gefahr? »Wer ist es?«
    Tata öffnete ein Auge und sah mich an.
    »Dieses kleine Würstchen Octavian«, sagte er mit Nachdruck. »Deine Mutter scheint sich mehr vor ihm zu fürchten, als sie Vertrauen in mich hat.«
    »Marcus …«, warnte Mutter ihn mit leiser Stimme.
    Tata setzte sich rasch auf, als hätte er einen Schub neuer Energie bekommen. Er griff nach seinem Becher und leerte ihn. »Aber du, meine Kleine, bist genau wie meine Königin durch einen ganz anderen Zauber geschützt.«
    »Marcus …«, wiederholte Mutter und verschränkte die Arme.
    »Vermutlich hast du ein Smaragd-Amulett bekommen. Ja, ich habe recht, das sehe ich dir an. Der Smaragd verstärkt die Gaben der Venus, verstehst du? Oh verzeih, mein kleines Griechenkind – die Gaben der Aphrodite. Deine weiblichen Reize. Das ist der besondere Zauber deiner Mutter. Und den teilt sie mit dir.«
    Ich verstand nicht, was Tata sagte oder meinte, aber ich spürte, die Spannung zwischen den beiden wie die Hitzewellen vor der Großen Sphinx. Die Stille dehnte sich aus, bis ich schließlich wünschte, ich hätte die Horus-Reifen nie bemerkt.
    »Mein Mondmädchen«, sagte Mutter schließlich. »Ruf jetzt nach Katep. Du musst in deine Gemächer zurückkehren.«
    Ich zögerte, da ich wusste, dass Katep nicht draußen auf mich wartete. Und da sie so verärgert darüber gewesen war, dass Tata unsere Wachen fortgeschickt hatte, wollte ich sie nicht

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