Mondscheingeflüster
mit ihnen zu kommen, und keiner brachte es fertig, sie zurückzuweisen. Es sah Kathrin eigentlich kein bisschen ähnlich, sich freiwillig eine Nacht um die Ohren zu schlagen, jedenfalls nicht in einem Stall zwischen Heu und Stroh, höchstens in einer Disko. Doch Kathrin brannte inzwischen darauf, ihre Geschichte loszuwerden, nun, da sie schon beinahe zum Zug gekommen wäre. Die Gelegenheit schien ihr günstig. In Mantel und Schal gehüllt folgte sie den anderen. Hund Tobi, von Pat eindringlich ermahnt, sich gesittet zu benehmen, tapste hinterher.
Es ging Lucia eindeutig besser, wenn sie auch noch immer unruhig wirkte und ab und zu leise und schmerzerfüllt schnaubte. Aber das panische Flackern, das zuvor ihre Augen erfüllt hatte, war verschwunden, und sie versuchte nicht mehr ständig, sich hinzulegen.
Pat kraulte sie sanft hinter den Ohren. »Gute Lucia, jetzt wird alles besser, du wirst sehen. Das Schlimmste hast du überstanden. Außerdem sind wir alle bei dir!«
Damit nicht alle Pferde nervös wurden, hatten sie nicht die Deckenbeleuchtung eingeschaltet, sondern ließen nur zwei alte Stalllaternen brennen. In dem leise flackernden Licht setzten sie sich auf die herumliegenden Strohhaufen, einer von ihnen sollte Lucia stets im Auge haben.
»Endlich fühle ich mich wieder richtig gut«, sagte Angie »mit euch zusammen und mit zwei Dutzend Pferden! Das ist besser als alles andere!«
»Ich war richtig traurig, dass ihr an Weihnachten nicht hier sein konntet«, sagte Pat. »Es war schön mit Tom zusammen, aber ihr habt mir gefehlt!«
Tom drückte ihre Hand.
Diane seufzte. »Wir wären auch lieber hierhergekommen. Aber diesmal hätten unsere Eltern nicht mitgespielt.«
Angies und Dianes Eltern hatten großes Verständnis für die Pferdeleidenschaft ihrer Töchter, ebenso für deren Vernarrtheit in die Eulenburg und das weite grüne Land am Meer, aber sie hatten darauf bestanden, einmal wieder Urlaub als komplette Familie zu machen. So war ein Skikurs für sie alle in der Schweiz gebucht worden, der den Mädchen auch viel Spaß machte, aber natürlich nicht zu vergleichen war mit der Eulenburg.
»Ich war auch nicht hier«, berichtete Chris. »Mich haben sie nach England geschickt für einen Sprachkurs, weil ich in der Schule mit Englisch einfach nicht zurechtkomme. Es war ganz lustig, aber ziemlich anstrengend, weil wir jeden Tag Unterricht hatten, und die Lehrerin war ein Biest. Immerhin fällt mir Englisch jetzt etwas leichter.«
Weihnachtsferien ... England ... das ging schon in die richtige Richtung. Kathrin saß auf dem Sprung. O Gott, was würden die anderen staunen.
»Ich war zu Weihnachten in New York«, erzählte sie mit gleichmütiger Stimme. »Mein Vater hatte geschäftlich dort zu tun, und wir dachten, wir könnten uns eigentlich zusammen eine schöne Zeit machen.«
Angie grinste. »Richtig! Unsere liebe Kathrin hatte ja noch gar keine Gelegenheit, ihre atemberaubenden Geschichten loszuwerden. Ihr müsst wissen, Tom und Pat, dass Kathrin manches erlebt hat, wovon wir anderen nur träumen. Ein paar heiße Liebesnächte nämlich mit ...«
»Ich habe nichts von heißen Liebesnächten gesagt!«, verteidigte sich Kathrin sofort.
»... und nebenbei brachte sie noch eine Bande von Dealern zur Strecke«, fuhr Angie ungerührt fort. »Hättet ihr das von ihr gedacht?«
»Du übertreibst«, sagte Kathrin ärgerlich. »Ich habe die Dealer nicht allein zur Strecke gebracht. Aber ich kann schon sagen, dass ohne mein Zutun sicher nicht so schnell ...«
»Natürlich nicht, Kathrin!«
»Davon sind wir überzeugt!«
»Das ganze hieß ›Kathrins Einsatz in Manhattan‹!«
»Du hast sicher auch ein paar von ihnen umgenietet, Kathrin, gib's zu! Uns kannst du alles sagen!«
Kathrin wurde ganz rot vor Ärger. Typisch, Angie und Pat versuchten wieder einmal, alles ins Lächerliche zu ziehen. Aber ihr dummes Gekichere würde ihnen schon noch vergehen!
»Ich hätte euch gern davon erzählt, weil es wirklich eine ganz spannende Geschichte ist«, sagte Kathrin hoheitsvoll, »aber ich fürchte, ihr seid einfach zu kindisch.«
»Dann behalt es doch für dich«, gab Angie zurück. Sie war überzeugt, dass Kathrin, wie meistens, maßlos übertrieb.
»Jetzt lasst sie doch erzählen«, sagte Chris gutmütig. Ihm tat Kathrin immer ein bisschen leid. »Also, schieß los!«
»Ich weiß nicht ... wenn ihr mir dann doch kein Wort glaubt ...«
»Los, wir glauben dir ja!« Tom nickte ihr aufmunternd zu. »Erzähl mal. Es
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