MondSilberLicht
wollte sich wehren. Ich spürte, dass er mir nur unwillig folgte, doch ich ließ nicht locker.
„Lass uns ein Stück laufen“, bat ich ihn und er folgte mir durch den Garten, den Weg zur Steilküste entlang.
Schweigend liefen wir hintereinander her. Ich war es, die das Schweigen nach einer Weile nicht länger aushielt.
„Wirst du an der Ratsversammlung teilnehmen, die Ares einberufen wird?“
„Es wäre besser“, antwortete Calum einsilbig.
„Das würde bedeuten, dass du endgültig zurückkehren musst.“
Calum nickte mit gequältem Gesichtsausdruck.
„Du würdest nicht wieder zu mir kommen können, wenn du außerhalb einer Vollmondnacht zu deinem Volk zurückgehst.“
Wieder nickte er nur.
„Du wirst es tun?“
Calum war stehen geblieben und sah auf das Meer hinaus. Still und glatt wie ein Spiegel lag es in der Abendsonne. Ich wollte ihn nicht drängen. Im Grunde kannte ich seine Antwort und hoffte trotzdem noch.
„Ich habe Ares gebeten, die Ratsversammlung auf heute Nacht zu legen“, antwortete er mit rauer Stimme.
Verständnislos sah ich ihn an.
„Es ist Vollmond. Ich werde zu dir zurückkehren können, wenn ich gehe.“
Das hatte er getan?
„Emma, weißt du eigentlich, wie sehr ich dich liebe? Ich kann den Gedanken, mich für immer von dir trennen zu müssen, nicht ertragen.“
Genau wie ich ihm, so war er mir verfallen, wurde mir klar. Er wollte mich nicht verlassen. Ich konnte nur hoffen, dass sie ihn wieder gehen lassen würden. Ich zog ihn ins Gras und überließ mich seinen Zärtlichkeiten. Langsam zeigte sich der große gelbe Mond am Himmel. Calum würde bald gehen müssen. Nach einer Weile hörten wir Stimmen. Ich sah auf und sah Bree mit Ethan, Peter, Dr. Erickson und Sophie den Pfad herunterschlendern. Wir rappelten uns auf und zupften uns gegenseitig das Gras aus dem Haar. Kichernd schmiegte ich mich an Calum, der seinen Arm fest um mich legte. Wartend sahen wir den anderen entgegen.
Urplötzlich kam kalter Wind auf. Ich blickte zum Himmel und sah, wie sich eine riesige dunkle Wolke vor den Mond schob. Wellen türmten sich mit einem Mal am Horizont auf. Und dann kam der Sturm.
„Calum, lass uns zurück zum Haus gehen“, bat ich. „Das ist irgendwie unheimlich.“
Doch Calum rührte sich nicht. Entsetzt starrte er auf die wild gewordene See.
Zu meinem Entsetzen sah ich, wie sich die Wellen vereinigten und sich immer höher vor uns auftürmten.
„Was passiert da?“, flüsterte ich, nur mit Mühe die Panik, die in mir aufstieg, unterdrückend.
Calum antwortete immer noch nicht. Ich rüttelte an seinem Arm.
Doch sein Gesicht war wie versteinert. Wieder sah ich auf das Meer hinaus. Jetzt stand die Welle turmhoch und wogte an ein und derselben Stelle vor und zurück. Das war definitiv nicht normal.
Peter schrie uns etwas zu, konnte das Tosen des Wassers jedoch nicht übertönen.
Da erschien wie aus dem Nichts Elin auf dem Kamm der Welle. Ich wich zurück. An seiner Seite kamen nach und nach weitere Shellycoats zum Vorschein. Es sah aus, als stünden sie auf dem Scheitel der Welle. Sie hielten Dreizacke in den Händen. Was wollten sie damit? Elin schrie uns etwas zu. Ich konnte es nicht verstehen. Doch Calum wusste offenbar, was er sagte. Er schloss die Augen und trat einige Schritte näher ans Ufer. Bisher hatte ich angenommen, dass diese telepathische Verbindung nur im Wasser funktionierte, aber damit hatte ich wohl unrecht gehabt. Peter stand plötzlich neben mir und hielt mich fest. „Er versucht, Elin zur Vernunft zu bringen“, flüsterte er in mein Ohr.
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass er Erfolg haben wird.“ Ich schüttelte Peters Hände ab und trat wieder zu Calum. „Lass uns hier weggehen, es ist zu gefährlich.“
Mitleidig betrachtete Calum mich. „Davor können wir nicht weglaufen, Emma.“
Peter schrie auf und wies mit seinem Arm hinaus aufs Meer. Noch immer tummelten sich brüllende Shellycoats auf dem Wellenkamm. Doch jetzt erhob sich eine weitere einzelne mächtige Welle und auf deren Spitze stand Ares. Er war allein. Seine prächtige Gestalt war atemberaubend. Bei seinem Anblick verschwand ungefähr die Hälfte von Elins Anhängern. Auf Elin machte die Erscheinung seines Vaters leider keinen Eindruck. Ares rief ihm mit donnernder Stimme etwas zu, worauf Elin in höhnisches Gelächter ausbrach. Im selben Moment erhob er seinen Dreizack und schleuderte ihn mit aller Kraft nach Ares. Ich schrie. Hilflos mussten wir zusehen, wie der Dreizack in Ares’ Brust
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