MondSilberLicht
Werwölfen schmeckte? Wohin ich sah, alle am Tisch griffen beherzt nach den Speisen, mit denen die Feen unablässig um die Tafel flatterten. Die Stimmung war richtig ausgelassen. Es wurde gelacht und alle amüsierten sich prächtig. Lediglich Elin saß mit seinen Anhängern schweigend am Tisch und ließ Calum, der sich angeregt mit zwei Elfen unterhielt, nicht aus den Augen.
Ich wusste nicht, wie lange wir gegessen hatten. Ich wurde nicht müde, alles zu betrachten. Die Faune spielten zum Nachtisch auf seltsamen Instrumenten und sangen Lieder in einer Sprache, die mir fremd war. Ihre tiefen Stimmen klangen durch den Raum und malten Bilder an die Wände. Ich sah Faune, die mit Menschen kämpften. Liebende, die sich leidenschaftlich küssten. Kinder, die um die Feuer tanzten.
Da übertönte der Klang der samtenen Stimme das Gewirr der Unterhaltungen: „Nachdem wir uns gestärkt und Neuigkeiten ausgetauscht haben, ist es, denke ich, an der Zeit, den Rat einzuberufen. Wir treffen uns in einer halben Stunde im Ratssaal.“
Alle Anwesenden nickten zustimmend und erhoben sich.
Calum ging mit uns in die große Halle. Hier wollten wir gemeinsam mit Ares warten.
Meine Hände und Füße wurden eiskalt, trotzdem mehrere Kamine brannten. Ein Zeichen, dass meine Nervosität übermächtig wurde. Calum ergriff meine Hände, die ich nicht still halten konnte, und wärmte sie.
„Es wird alles gut werden.“
Ich wusste nicht, ob er zu mir oder mehr zu sich sprach.
Auf einmal klangen laute, dunkle Glockenschläge durch das Gemäuer. Ich schrak zusammen. Eine Tür am anderen Ende der Halle wurde geöffnet und ich sah einen mit Fackeln erleuchteten Gang, der in die Tiefe führte. Calum nahm mich an die Hand und vorsichtig stiegen wir mit den anderen die uralten Stufen hinunter.
Der Gang schien kein Ende zu nehmen. Es war eine unheimliche, stille Prozession, die sich wie eine funkelnde Schlange den schmalen Gang nach unten wand. Endlich öffnete sich vor uns ein riesiger Saal. Er erinnerte mich an ein römisches Amphitheater. Die Bänke verliefen im Halbrund durch den Raum. An der einzigen geraden Wand gab es eine Art Bühne. Darauf stand in der Mitte ein steinerner Tisch mit fünf ebenfalls steinernen Stühlen. Über dem Tisch prangte an der Wand in blutroten Lettern der Wahlspruch:
„Seid klug wie die Schlangen
und ohne Falsch wie die Tauben.“
Das hatte ich schon einmal gehört, ging mir durch den Kopf. Die Decke des Saals wurde abgestützt von drei hohen Säulen. Auf den Bänken lagen rote Samtkissen. Hunderte Kerzenleuchter und Fackeln erhellten den Raum. Es schien, als wären die Sitzbänke direkt aus dem Fels unter der Erde geschlagen worden.
Überwältigt und beklommen nahm ich, trotz der Proteste der Anhänger Elins, neben Calum in den Sitzreihen der Shellycoats Platz. Ares setzte sich an meine andere Seite. Dr. Erickson und Peter gesellten sich zu den Eingeweihten.
Die Versammlung begann. Da die Vampire den Vorsitz hatten, saßen fünf ihrer Abgesandten auf der Bühne, um die Versammlung zu leiten.
„Jedes Volk hat bei den Abstimmungen die gleiche Stimmzahl von zehn Stimmen, egal, wie viele Abgesandte es mitgebracht hat“, raunte Ares mir zu.
Ich nickte und hoffte, dass die anderen Völker uns wohlwollender gestimmt waren als die Shellycoats.
Der Vorsitzende, sein Name war Myron, wie Ares mir zuflüsterte, eröffnete die Versammlung. Zuerst ging es um Landkonflikte zwischen Trollen und Feen. Im zweiten Fall hatten Elfen angeblich in den Minen der Zwerge geräubert und so weiter. Die Streitenden traten vor und legten ihr Anliegen den Anwesenden dar. Dann stellten die Vorsitzenden ihre Fragen. Am Schluss wurde dem Publikum ein Urteil vorgeschlagen und abgestimmt. Rote Karten bedeuteten schuldig, grüne bedeuteten unschuldig.
„Die Urteile sind sofort bindend. Es wird versucht, immer einen Kompromiss zu finden, der für beide Seiten erträglich ist“, erklärte Calum mir.
Die Glocke, die einen neuen Tagesordnungspunkt ankündigte, ertönte wieder.
„Wir kommen zum nächsten Verhandlungspunkt, der Anklage von Elin. Er beschuldigt seinen Ziehbruder Calum, eine verbotene Beziehung zu einer Menschenfrau eingegangen zu sein und mehreren Menschen unsere Existenz preisgegeben zu haben. Eine äußerst schwerwiegende Behauptung. Elin, Calum, bitte tretet vor.“
Elin schritt mit arrogant erhobenem Kopf zu den Vorsitzenden. Seine verheilte Narbe schimmerte glutrot. Er schilderte dem Rat mit lauter Stimme, wie er Calum und mich
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