Mondstahl - Die Schlucht (German Edition)
Futter und einen Schwall kühles Wasser in den Trog. Danach striegelte er einem der Dreien über den Kopf und ging dann weiter. Er kniete sich vor die Kühe und molk sie, bis sein Tongefäß voll war. Parus nahm einen tiefen Schluck von der noch kuhwarmen Milch, dann ging er wieder zurück zu seinem Elternhaus.
Den Rest des Tages verbrachte er damit, seine Arbeiten auf dem Hof zu erledigen. Er grub Mathildes Gemüsebeet hinter dem Haus mit der Hacke um, half seinem Vater beim längst überfälligen Ausmisten der Ställe und hatte noch genug Zeit, um im Wald nach Pilzen für das Abendbrot zu suchen.
Später am Abend saß er mit seinen Eltern beim Essen. Auf dem Tisch dampfte eine Schüssel mit Taubenfleisch in Pilzsoße, in die die Familie abgebrochene Brotstücke tauchte. Das Gespräch drehte sich wie so oft um ein ganz bestimmtes Thema.
„Mutter, wann darf ich endlich den Hof verlassen und mein eigenes Leben führen? Ich bin ein erwachsener Mann.“
Parus stützte seinen Kopf auf die Hände und sah Mathilda forschend an. Sie jedoch starrte in den Topf, tunkte einen weiteren Brotkanten ein.
„Niemand stellt das infrage, Parus. Im Gegenteil. Wir sind froh, dass endlich ein Mann aus dir wird. Aber du machst dir keine Vorstellungen davon, wie unangenehm und gefährlich die Welt sein kann.“
„Gefährlich? Gefährlich kann es hier draußen auch sein. Wenn dir ein Bär oder ein Wolfsrudel im Wald begegnet.“
„Und? Reicht dir das nicht?“
„Darum geht es nicht.“
Norath grummelte unerfreut vor sich hin, stopfte sich den Mund voll. Er hasste ernste Themen nach einem arbeitsreichen Tag.
„Und warum geht es dann, Sohn?“
Parus wischte sich mit dem Ärmel Soße von den Lippen, dann stemmte er die Ellbogen auf den Tisch und gestikulierte vor seiner Mutter in der Luft herum.
„Die einzigen Menschen, denen ich in meinem Leben bisher begegnet bin, seid ihr beide und der fahrende Händler der zweimal im Jahr am Hof vorbeikommt. Das kann nicht alles sein. Es ist einsam.“
Parus wollte gerade noch etwas hinzufügen, da schlug sein Vater mit der Faust auf den Tisch. Es war nur ein kurzer Wutausbruch. Norath war aufbrausend, aber nicht boshaft. Er räusperte sich, sah einmal betreten in die Runde, bevor er zu sprechen begann.
„Sohn, deine Mutter hat absolut recht. Warum willst du den Hof verlassen? Hier mangelt es dir an nichts. Du hast genug zu essen, du hast Arbeit, einen trockenen Schlafplatz. Davon können viele Menschen nur träumen, gerade im Norden. Wohin willst du denn gehen? Nach Siebenfels? In die dunklen Wälder nach Undertzhall? Goldstadt?“
Norath kannte nur die Hauptstädte der nördlichen Grafschaften. Und von diesen nicht einmal mehr als die Namen. Sein ganzes Wissen beruhte im Grunde auf dem, was ihm sein Vater von seinem Großvater überliefert hatte.
„Wir waren dir immer treue Eltern und werden es auch bleiben. Und wer soll den Hof weiterführen, wenn wir unter der Erde sind?“
Ein Argument, dass diese und ähnliche Diskussionen in der Regel zu beenden pflegte. Parus ließ den Kopf sinken.
„Mein ganzes Leben wohne ich nun schon hier. Und ja, ich weiß, dass es im Norden nicht besser ist als hier. Aber es ist anders . Und das wäre schon ein Anfang für mich. Ich kann nicht für immer hier bleiben, versteht das doch.“
Er seufzte tief.
„Vater, wie stellst du dir das vor? Wie soll ich eine Frau für mich finden? Soll ich den Händler fragen, ob er eine Tochter hat? Oder darauf hoffen, dass mir im Wald eine in die Arme läuft, wie dir?“
Norath sah sich verlegen um, kratzte sich am Hals. Er wusste nicht, dass sich sein Sohn für derlei Dinge interessierte.
„Nun, du könntest einmal nach Elaron reiten – irgendwann nächstes Jahr. Das dauert wohl nicht mehr als… Nun ja… Ein paar Tage denke ich.“
Parus seufzte, brach sich ein weiteres Stück Brot vom Laib herunter. Diese Unterhaltung würde zu nichts führen. Er ließ den Kopf hängen, genau wie seine Mutter. Sie wusste, dass er Recht hatte. Doch der Gedanke, ihr Sohn könnte in die Fremde ziehen und vielleicht nie mehr wiederkehren, machte ihr Angst. Norath fasste sich an den Kopf und brummte:
„Ich kann verstehen, wie du fühlst. Doch glaube mir, das sind nur jugendliche Träume und Illusionen. Du solltest hier bei uns auf dem Hof bleiben und ein ganz normales Leben führen. Das ist, was du brauchst, nicht
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