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Monica Cantieni

Monica Cantieni

Titel: Monica Cantieni Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grünschnabel
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zerrte er an der Plastikplane herum, die er auf dem Boden ausbreitete.
    – Geh nach Hause.
    – Ich kann nicht.
    – Porque? Warum denn nicht?
    Bei uns war der Haussegen nicht in Ordnung. Die Blondierte sagte, er wäre bis auf die Straße zu hören. Die Schweiz hatte Pläne, die meinen Vater völlig aus der Fassung brachten. Er knallte mit den Türen, meine Mutter ging ihm hinterher und schlug die Fenster zu, die mein Vater vorher aufgerissen hatte. Schon seit Tagen ging es so.
    – Warum machen sie das?
    Er hielt mir eine Schaufel hin.
    – Halt mal.
    – Sag schon.
    – Weil sie nicht einer Meinung sind.
    – Mein Vater sagt, die Schweiz hat Pläne.
    – Pläne? Was für Pläne denn?
    – Das musst du mir erklären. Die Blondierte will nichts dazu sagen, sagt, sie versteht nichts von Politik . Was ist Politik ?
    – Ich hab jetzt keine Zeit, siehst du doch.
    Er deutete auf einen Stapel Zementsäcke. Eli nahm sich einen, er schwang ihn mit einem Arm auf seinen Rücken, das konnte sonst keiner, und als er ihn neben mir auf den Boden fallen ließ, platzte der Sack, und wir standen in einer Wolke aus Staub, die sich nur langsam legte. Eli nahm mir die Schaufel aus der Hand.
    – Wie siehst du denn aus?
    – Was ist mit Politik ?
    – Lass mich in Ruhe damit. Ich hab wirklich schon genug Ärger.
    – Aber es ist wichtig. Wegen der Abstimmung . Was ist eine Abstimmung ? Was ist Initiative ? Und was ist eine Überfremdung ? Ich darf das Wort zu Hause nicht sagen, mein Vater hat deswegen schon das Radio zerhackt. Jetzt haben wir kein Radio mehr, und unsere Türen machen es nicht mehr lange, sagt die Blondierte. Wenn wir so weitermachen, sagt sie, stürzt auch das Haus noch ein. Das ist meiner Mutter aber egal. Sie will sowieso wegfahren mit mir. Sie sagt, mit einem kaputten Haussegen will sie nicht leben und in einer kaputten Demokratie auch nicht, wo sie noch nicht mal zu Hause ihre Meinung sagen kann. Was ist Demokratie , und was ist Politik ?
    Man muss hartnäckig bleiben, wenn man in diesem Land etwas will, hatte Eli selbst gesagt, vor allem, wenn man sich nicht sicher ist, ob man bleiben kann. Das ist eine weltweite Abmachung unter denen, die nicht touristisch unterwegs sind, sondern Hals über Kopf in ein begehrtes Ausland rennen, weil ihnen der Arsch zu Hause auf Grundeis geht, aus so vielen verschiedenen Gründen wie Oskar Haare hat, sagt Eli. Sie können ein Lied davon singen, er und seine Kumpel.
    – Was ist jetzt mit der Schweiz, und was ist Politik ?
    Eli seufzte, er machte eine Kuhle in den Zement, legte die Schaufel hin und zog mich hinter das Wanderklo, das im Minutentakt wackelte und rauschte, es war Pause.
    – Die Schweiz fragt sich, wie viele Ausländer sie hier haben möchte. Das heißt, James Schwarzenbach fragt das die Schweizer. Wir sind zu viele, findet Schwarzenbach.
    – Wer ist Schwarzenbach? Sie reden über ihn. Alle. Meine Mutter, Ton i – und mein Vater bekommt vor Wut eine weiße Nase, allein, wenn er an ihn denkt. Er sagt, Schwarzenbach fährt die Schweiz komplett an die Wand und ruiniert seine Ehe. Er sagt, Schwarzenbach ist Brandstifter von Beruf und behauptet aber, in der Feuerwehr zu sein.
    – Er ist Politiker. Er will, dass die Schweiz darüber abstimmt, wie viele Ausländer in der Schweiz sein dürfen, wie viele von uns bleiben können.
    – Was ist Initiative ? Und Überfremdung ?
    – Hab ich dir doch grade alles erklärt.
    – Hast du nicht. Und Politik auch nicht und Demokratie .
    – Dein Großvater jedenfalls sagt, hab ich gehört, dass Demokratie keine Geschmacksfrage ist oder etwas, mit dem man sich persönlich wichtig machen kann, auch wenn sich das Leute wie Schwarzenbach einbilden.
    Eli sah sich nach dem Vorarbeiter um. Er bückte sich nach der Schaufel und kratzte ein bisschen Dreck zusammen, matschte alles in einer Pfütze zu einem braun-grauen Brei. Es hatte angefangen zu regnen, er schlug den Kragen hoch, er schlug meinen hoch und strich mir das nasse Haar aus dem Gesicht.
    – Geh jetzt nach Hause. Wir sehen uns später.
    Es gibt Wörter, zu denen das dickste Lexikon neben meinem Bett etwas sagt, das nichts sagt. Das zeigt die Erfahrung.
    Es regnete Nudeln und Gulaschsaft, noch bevor der Teller an die Wand ging. Mein Vater war wütender als der Hund der Chefin, wenn der Postbote aufkreuzte, der ihm die Wurst mit Stacheldraht verfüttert hatte. Eine Zeitung machte ihn wütend, und meine Mutter trieb ihn zur Weißglut. Sie hatten ein Thema .
    Thema : Etwas, zu dem ich

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