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Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter

Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter

Titel: Monika B - Ich bin nicht mehr eure Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Jaeckel
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gegriffen hatte und an seinem Körper entlangführte.
    In mir war nichts als Angst. Ich bebte innerlich und äußerlich. Ich hatte keine Kraft, mich zu bewegen. Ich hatte keine Kraft, auch nur ein Wort zu sagen.
    Mein Vater legte sich zu mir ins Bett. Er nahm seine Hand von meinem Mund und küsste mich, als wollte er mich auffressen. Er knabberte an meinen Lippen herum. Seine Zunge stieß an meine Zähne, die ich fest zusammenbiss. Doch ich hielt nicht lange stand. Ich würgte, als seine schleimige Zunge in meinen Hals vordrang. Mein Vater lachte lautlos, sein Bauch wackelte davon.
    Er streichelte mein Haar und meine Ohren. Sein Mund glitt tiefer – über meinen Hals, meine Brust, meinen Bauch. Seine Hand schob mein Nachthemd hoch. Ich hatte mein Höschen anbehalten. Ungeduldig zerrte mein Vater daran herum. »Mach das nie wieder!«, zischte er dicht an meinem Ohr. »Nie! Verstanden?«
    Das Weinen stieg in meine Kehle. Seine Finger taten mir so weh. Ich klemmte die Beine zusammen, drehte mich, wand mich, zappelte wild. Der Schmerz gab mir die Kraft. Doch mein Vater lachte nur wieder. »Süß!«, flüsterte er. »Du bist so süß!«
    Da wehrte ich mich nicht mehr. Ich wollte nicht süß sein. Ich wollte, dass er geht!
    »Komm!«, flüsterte er. »Nimm ihn! Es ist gleich vorbei! Komm!«
    Ich wusste, es war sein Pimmel, den er mir in den Mund schob. Stefan hatte mir gesagt, wie das Ding hieß, das da vorn an ihm herunterbaumelte. Es war zum Pipimachen da. Pipi machte man in die Toilette. Nicht ins Bett und nicht ins Höschen, sonst war man böse und bekam Schläge.
    Mein Papa aber machte Pipi in meinen Mund.
    »Papa!«, wollte ich schreien. »Papa, ich bin doch kein Klo! Papa, das darfst du nicht!«
    Aber mein Mund war voll von seinem widerlichen, stinkenden Pipi und dem Lappen, den er mir vor das Gesicht drückte, damit ich mich nicht wieder in mein Bett erbrach.
    Warum kam denn keiner? Warum zog ihn niemand hinunter von mir? Durfte er das denn machen, was er mit mir machte?
    Ich würgte und würgte.
    »Ist ja schon gut!«, sagte mein Vater, und es war seine alte, liebe Stimme, nicht die böse, heisere, grässliche Flüsterstimme von eben noch. »Ist ja schon vorbei, Engelchen. Schlaf jetzt! Morgen schenke ich dir etwas Schönes. Wir haben ja ein Geheimnis, wir zwei.«
    In meinem Bauch wütete ein Tier. Trotzdem lag ich ganz still. Ich musste aufstoßen, und es quoll sauer aus dem Magen hoch. Ich war ein Klo, Papas Klo. Gab es etwas Ekelhafteres als mich?
    Ich lauschte seinen huschenden Schritten nach, als er ging. Ich hatte nicht die Kraft, mein Nachthemd herunterzuziehen. Ich lag nur da und versuchte den Brechreiz zu überwinden.
    »Moni?«
    Ich hörte das leise Flüstern wie von weit her. Erst als das schwache Licht einer Taschenlampe aufleuchtete, drehte ich den Kopf in Richtung der Stimme. Stefan sah mich an.
    »Was hat der gemacht mit dir?«, fragte er leise.
    Auf einmal schämte ich mich. Ich wollte nicht, dass einer es wusste. Es war zu furchtbar, zu eklig, zu ... Ich konnte es nicht sagen.
    »Du flennst ja!«, sagte Stefan. »Hat er dir wehgetan?«
    Ich zog mir die Decke über den Kopf. Ich biss in den Kragen meines Nachthemdes, bis die Spitze riss. Oma Berta hatte sie gehäkelt. Ich war so stolz darauf gewesen. Jetzt war es mir egal. Mein Nachthemd war schmutzig, mein Bett war schmutzig, mein Bauch war schmutzig, sogar innen war ich schmutzig, überall. Ich wollte nicht, dass mein Bruder mich so sah.
    Erst als ich unter einem Zipfel der Bettdecke hervorlugte und sah, dass Stefan die Taschenlampe ausgeknipst hatte, tauchte ich lautlos wieder auf. Mein Vater hatte Recht: Es war unser Geheimnis. Niemand durfte davon wissen.
    Als kleines Mädchen war ich fest davon überzeugt, dass sich jedes Kind seine Eltern selbst ausgesucht habe. Niemand hatte es mir erzählt; irgendwie war diese Vorstellung aus mir selbst gekommen. Ich stellte mir so eine Art Kaufhaus vor, in dem die Regale voller Eltern waren. Sie hatten die Kinder an den Händen gefasst, die sich schon entschlossen hatten, bei ihnen zu leben.
    Hatte ein Baby lange genug im Himmel gewohnt und wollte nun gern auf die Erde kommen, brachte der liebe Gott es in dieses Kaufhaus. »Na«, sagte er dann, »welche gefallen dir am besten?« Er führte das Baby die Regale entlang und zeigte auf die Eltern. »Sieh sie dir genau an. Welche möchtest du denn?«
    Ich war sicher, dass ich mir vor allem meinen Vater selbst ausgewählt hatte. Bestimmt hatte er mich auch

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