Monkeewrench 01 - Spiel unter Freunden
Sie mich allein.»
Einen Moment lang saß sie stumm da und starrte nur die Papierstapel auf seinem Schreibtisch an. «Wonach suchen Sie?»
«Raus.»
«Kann mich nicht loseisen. Ich liebe es hier. Das sirrende Neonlicht, der Schweißgeruch in der Luft, die sexuellen Belästigungen davon krieg ich einfach nicht genug.» Halloran schob seinen Stuhl etwas nach hinten und sah sie an. «Verraten Sie mir, was ich tun muss, um Sie loszuwerden.»
«Was ist das da eigentlich alles?» Sie deutete mit einer Kopfbewegung auf die Papierstapel.
Halloran seufzte. «Zeug, das wir aus dem Büro mitgenommen haben, das die Kleinfeldts bei sich zu Hause eingerichtet hatten. Hauptsächlich bezahlte Rechnungen, Quittungen, Belege und Steuerbescheide.»
«Das wär's?»
«Das wär's.»
«Kontoauszüge, Bankkorrespondenz … ?» Halloran schüttelte den Kopf. «Nichts. Sie haben alles bar bezahlt. Ich hab heute Nachmittag, als wir im Haus nicht fündig wurden, Verbindlichkeiten und Kreditwürdigkeit überprüfen lassen, aber diese Leute tauchen landesweit in keiner einzigen Datenbank auf.»
«Das ist doch unmöglich.»
«Das hätte ich gestern auch behauptet, aber jetzt weiß ich nicht mehr, welches Unterste ich noch nach oben kehren soll.
Auch die zentrale Kfz-Zulassungsstelle hat nichts, und das schmeckt mir überhaupt nicht. Denn das heißt, dass die Kleinfeldts die letzten zehn Jahre ohne Führerschein in meinem County umhergefahren sind.» Sharons Interesse war jetzt geweckt. Sie beugte sich vor und schaute die Papiere auf seinem Schreibtisch aufmerksam an, wobei sie versuchte, über Kopf zu lesen. «Die beiden haben sich richtig versteckt.»
«Das haben sie.»
«Und wer auch immer es war, vor dem sie sich versteckten, der hat sie allem Anschein nach gefunden.»
«Es sei denn, Sie halten es mit der Theorie von Commissioner Heimke, dass dahinter entweder ein Bandenkrieg steckt oder ein vagabundierender Irrer.»
«Das soll doch wohl ein Scherz sein?»
«Nein, mein Ernst.» Er blätterte durch einen Packen Papiere auf einem der Stapel: ein fünf Jahre alter Steuerbescheid.
«Nun, wenn Sie verärgerte Gemeindemitglieder ausschließen, dann muss ich jemand anders finden, der diese Leute zumindest so gut kannte, dass er sie tot sehen wollte, und da gibt es in diesem County ganz sicher niemanden, auf den das zuträfe. Die beiden lebten nämlich wie die Einsiedler.»
«Also versuchen Sie, mit Hilfe der Steuerbescheide frühere Adressen herauszufinden.»
«So hatte ich es mir zumindest vorgestellt, aber die Bescheide reichen nur zehn Jahre zurück, genau so lange, wie sie hier gewohnt haben. Also habe ich bei den Steuerfritzen vom IRS angerufen, um frühere Adressen zu erfragen, aber die haben mich mit Geschwafel von wegen vertrauliche Information und spezielle Entbindung von der Schweigepflicht abgewimmelt. Als ich damit drohte, einen richterlichen Bescheid vorzulegen, hat mir der Wicht am anderen Ende nur viel Glück für den langen Weg durch alle Instanzen bis zum Bundesgerichtshof gewünscht und gesagt, wir würden uns dann in fünfzig Jahren wieder sprechen.»
«Schwachköpfe», murmelte Sharon und steuerte auf die Tür zu.
«Ich dachte, die Katholiken wären die Schwachköpfe.»
«Die Kategorie Schwachkopf hat Platz für alle. Entschuldigen Sie mich mal für einen Augenblick.»
«Wieso?» Er folgte ihr hinaus in das große Büro, blinzelte in die plötzliche Helligkeit und bemerkte zum ersten Mal das aufdringliche Sirren der Leuchtstoffröhren an der Decke. Sein Blick schweifte über all die leeren Schreibtische. «Wo sind denn Cleaton und Billings?»
«Unten.» Sharon nahm auf ihrem Stuhl Platz, griff sich das Telefon und tippte aus dem Kopf eine Nummer ein. «Melissa macht heute Abend Dienst in der Einsatzzentrale. Und wenn sie das tut, arbeitet hier oben niemand. Sind Sie noch nie zur dritten Schicht hier gewesen?»
«Nicht dass ich mich entsinnen könnte.» Halloran ließ sich am Schreibtisch neben Sharon auf Cleatons Stuhl sinken und rief sich die Erscheinung von Melissa Kemke vor Augen, die heute Abend die Einsätze koordinierte und eine Doppelgängerin von Marilyn Monroe hätte sein können.
«Melissa wird aber doch nicht belästigt, oder?» Sharon schnaubte verächtlich. «Wenn jemand sein Leben liebt, wird er sich hüten. Aber sie einfach anschauen, das mögen sie alle. Und Melissa findet es lustig.»
«Tatsächlich?»
«Natürlich.» Natürlich? Was Frauen betraf, schien ihm etwas entgangen zu sein.
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