Monkeewrench - 02 - Der Köder
«Wir wollen diese Leute nicht strafrechtlich verfolgen. Sie sind tot.»
«Wenn wir versuchen, aufgrund unserer Mutmaßungen und ohne schlüssige Beweise den Fall Arien Fischer abzuschließen, dann verfolgen wir diese Leute strafrechtlich, wenn auch ohne Prozess», sagte Malcherson. «Ich jedenfalls möchte nicht die Öffentlichkeit davon überzeugen müssen, dass diese drei netten älteren Leute, Säulen der Gemeinde, die alle Schrecken der Konzentrationslager erlitten und überlebt hatten, nur um dann in unserer Stadt ermordet zu werden, in Wahrheit eine Bande von Serienmördern waren.»
McLaren warf die Hände in die Luft. «Also schließen wir den Fall einfach nicht ab. Wir lassen ihn in alle Ewigkeit offen.»
«Das geht auch nicht», sagte Langer. «Auf Jeff Montgomerys Tagebuch hat die Öffentlichkeit ein Anrecht, sobald wir die Untersuchung der Morde an Gilbert, Kleber und Schuler abschließen, und in dem Tagebuch ist in allen Einzelheiten geschildert, wie die drei seinen Vater in Brainerd ermordet haben. Dann käme alles auf den Tisch, und wir geraten unter Beschuss, weil wir die Sache nicht weiter verfolgt haben.»
Malcherson berührte mit dem Finger eine buschige weiße Augenbraue. «Die Presseleute werden sich die Hände reiben. Es ist nämlich genau die Art Story, von der Journalisten träumen: Nazis, die sich unter aller Augen verstecken, jüdische Todesschwadronen, die Selbstjustiz üben – die ganze Stadt wird lange Zeit darüber diskutieren, und wir werden zwischen den Fronten stecken. Und das wäre nur die Situation innerhalb der Stadt. Wenn die Geschichte erst mal über die Pressedienste verbreitet wird, wird unsere Abteilung ins Zentrum eines weltweiten Medienrummels geraten.»
McLaren rutschte so tief in seinen Stuhl, dass sein Kopf fast hinter dem Schreibtisch verschwand. «Wir sind also angeschissen, wenn wir Arien Fischer abschließen, und genauso angeschissen, wenn wir es nicht tun.»
«So scheint es sich darzustellen, Detective.»
«Ist ja toll. Langer, gib dem Chief deine Waffe. Er kann uns alle erschießen und sich dann selbst das Leben nehmen.»
«Ich hätte vielleicht noch eine andere Option.» Malcherson hatte jenen stählernen Blick, der bedeutete, dass er erwog, im nächsten halben Jahr so zu lächeln. «Geben wir einen Fall ans FBI, bedeutet das, er ist für unsere Abteilung offiziell abgeschlossen. Sämtliche Rückfragen müssten an den zuständigen Special Agent Paul Shafer gerichtet werden. Wir wären nicht länger befugt, den Fall zu diskutieren. Nicht mit der Strafverfolgung, nicht mit Interpol und ganz gewiss nicht mit den Medien. Uns wären die Hände gebunden, meine Herren.»
Zum ersten Mal in vierundzwanzig Stunden lächelten sie, einer nach dem anderen. Alle außer Johnny McLaren, der Malcherson mit unverhohlener Ehrfurcht ansah. «Chief, Sie sind der hinterhältigste Bastard auf diesem Planeten.»
«Herzlichen Dank, Detective McLaren.»
Malcherson stand schon fast vor Glorias Schreibtisch, als Gino ihm nachrief: «He, Chief!» Malcherson blieb wie angewurzelt stehen, drehte sich aber nicht um. «Beide Daumen hoch für den marineblauen Anzug. Jeder Hans und Franz kommt in Trauerzeiten mit Schwarz daher, aber ein Mann in Ihrer Machtposition? Wäre ein bisschen zu dramatisch gewesen. Ich glaube, Sie haben es wieder hingekriegt.»
Chief Malcherson wartete, bis er in der Halle war, dann lächelte er.
Zwanzig Minuten später betrat Detective Aaron Langer das Büro des Chiefs, als der gerade den Telefonhörer auflegte. Malcherson wirkte außerordentlich zufrieden mit sich selbst.
«Das war Paul Shafer», sagte er. «Er schien absolut begeistert zu sein, als er hörte, dass wir endlich eingesehen haben, als Ermittler von dem Arien-Fischer-Fall überfordert zu sein.»
Langer schmunzelte. «Was haben Sie ihm gesagt, Sir?»
«Nichts als die Wahrheit. Dass das Minneapolis Police Department nicht über die Medienerfahrung verfügt, mit einem Fall dieser Größenordnung umzugehen.»
«Das muss unwiderstehlich gewesen sein.»
«Glaube ich auch. Er ist jetzt auf dem Weg hierher, um sich die Akte zu holen. Persönlich.»
«Soweit es uns betrifft, ist der Arien-Fischer-Fall also abgeschlossen.»
«Korrekt.»
«Eine gute Nachricht, Chief.» Langer zog seine Schusswaffe aus dem Halfter, warf den Clip aus und leerte auch die Kammer. Dann legte er die Waffe mit dem Griff zuerst auf den Schreibtisch.
Malcherson sah verblüfft darauf und dann auf das Etui mit der
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