Monkeewrench - 02 - Der Köder
Magozzi.
«Hat Biederman jedenfalls gesagt.» Jimmy Grimm sah Magozzi in die Augen. «Drei, und es könnten mehr werden.»
Anantanand Rambachan stand mitten in Ben Schulers Schlafzimmer, den Kopf gebeugt, die Handflächen hielt er unter dem Kinn zusammengepresst. Er sah eher nach einem Trauernden aus als nach einem Gerichtsmediziner, dachte Magozzi, der in der Türöffnung zögerte, weil er sich fragte, ob Anant vielleicht betete und es ein unverzeihlicher Verstoß gegen die Hindu-Etikette wäre, ihn dabei zu unterbrechen.
Gino war etwas weniger sensibel. «He, Anant, sind Sie in Trance, oder was?»
Anant lächelte schwach, als er sich ihnen zuwandte. Keine blitzenden Zähne, heute Abend nicht. «Guten Abend, Detective Rolseth, Detective Magozzi. Und um Ihre Frage zu beantworten, Detective Rolseth – nein, ich bin nicht in Trance. Hätte ich mich in einem derartigen Zustand befunden, wäre ich nicht in der Lage gewesen, Ihre Frage zu hören. Ich habe nur…» Er zog seine glatten schwarzen Brauen zusammen und runzelte die Stirn, als er die Hände öffnete, dann wieder schloss und sie schließlich an die Brust legte.
«Alles in sich aufgenommen?», fragte Gino.
«Ja. Ja, das ist der präzise Ausdruck, der beschreibt, was ich getan habe. Danke Ihnen.» Er winkte sie in den Raum. «Von der Tür geradeaus bis hierher, wo ich stehe, wenn ich Sie bitten darf. Sehen Sie, wo der Boden eine dunklere Färbung hat?»
Magozzi sah hinunter auf den knapp einen Meter breiten Streifen, der über den Holzfußboden lief und auf dem der Glanz des alten Firnis noch erhalten und nicht durch Sonnenlicht und Abnutzung verblasst war. «Lag hier ein Läufer?»
«Ja. Bevor wir eingetreten sind, hat Mr. Grimm ihn zur Untersuchung wegnehmen lassen, damit wir einen Zugang zu dieser schrecklichen Geschichte fanden.»
Magozzi und Gino gingen hintereinander und mit aller Vorsicht direkt in der Mitte des Streifens, den der Läufer hinterlassen hatte. Als sie den halben Weg hinter sich hatten, blieben sie stehen und blickten wortlos in die Runde, um Anants schreckliche Geschichte mit eigenen Augen zu lesen.
Das Schlafzimmer sah chaotisch aus und roch Gott sei Dank eher nach billigem Aftershave als nach etwas anderem. Was an Flaschen auf der Kommode gestanden hatte, war jetzt nur noch ein Haufen aus Glasscherben, vermischt mit ausgelaufenen Flüssigkeiten auf dem Fußboden. Ein Nachttisch neben dem Bett war umgeworfen, daneben lag eine kaputte Lampe, deren grüner Glasschirm zersplittert war. Was von dem zerschmetterten Telefon übrig war, lag in einer entfernten Ecke, und eine verblichene Tagesdecke aus Chenille war vom Bett gerissen worden.
Die Schuhe stachen inmitten all dieser Trümmer hervor und schienen irgendwie von der Gewalttätigkeit, die hier geherrscht hatte, unberührt geblieben zu sein. Sie waren schwarz, auf Hochglanz poliert und standen in Erwartung passender Füße sorgsam aufgestellt vor einem Stuhl mit hoher Rückenlehne.
Gino stieß einen langen Seufzer aus. Er sah in den offenen Wandschrank auf einen Haufen von Kleidungsstücken, die von Bügeln gezerrt worden waren und jetzt auf dem Boden lagen. «Wo ist er? Da drinnen?»
Anant folgte seinem Blick. «Nein. Nicht mehr. Mr. Schuler befindet sich unter dem Bett.»
Magozzi schloss ganz kurz die Augen und stellte sich einen alten Mann in Todesangst vor, der sich in einem ekelhaften Katz-und-Maus-Spiel von einem unbrauchbaren Versteck zum anderen schleppte und bis zum bitteren Ende erfolglos versuchte, sein Leben zu retten. Aber er hatte sein Schicksal akzeptiert und nur instinktiv unter dem Bett Schutz gesucht, wie ein waidwundes Tier, um vor Blicken geschützt und relativ friedlich zu sterben… sofern das überhaupt möglich war, wenn man von einem sadistischen Psychopathen mit einer Schusswaffe verfolgt wurde. «Ich sehe kein Blut. Wurde er unterm Bett erschossen?»
«Eine korrekte Annahme, Detective», sagte Anant, kniete nieder und bedeutete ihnen, dasselbe zu tun. Er zog eine Taschenlampe aus seinem Mantel und leuchtete unter das Bett. «Bitte, meine Herren, wenn Sie mögen.»
Magozzi und Gino duckten sich neben ihn und erblickten das, was von Ben Schulers Kopf übrig geblieben war. Der obere Teil seines Schädels bestand nur noch aus Blut, Gehirnmasse und Knochenfragmenten, aber sein Gesicht, gespenstisch bleich im Lichthof der Taschenlampe, war auf grausame Weise unversehrt und wie erstarrt in einer grotesken Verzerrung, als ob sich jemand mit einer Lötlampe
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