Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Monkeewrench - 02 - Der Köder

Monkeewrench - 02 - Der Köder

Titel: Monkeewrench - 02 - Der Köder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Tracy
Vom Netzwerk:
sollen? Bin ich Polizist? Ich habe einen Polizisten angerufen, aber der ist nicht ans Telefon gegangen.»
    Marty schloss die Augen, und Magozzi hatte das Gefühl, dass er die Augen gegenüber dieser Frau schon seit langem verschlossen hielt. «Ich bin kein Polizist mehr, Lily.»
    Magozzi musste blitzartig an eine Situation vor fast einem Jahr zurückdenken. Damals war er Detective Marty Pullman vor der City Hall begegnet, als dieser zum Vordereingang herauskam, mit seiner Karriere in einem Pappkarton unter dem Arm und einer Miene, als sei er von einem Lastwagen überfahren worden. «Sie werden wiederkommen, Detective», hatte Magozzi gesagt, weil er nicht wusste, was er sonst zu einem Mann hätte sagen sollen, der so viel verloren hatte. Schlimmer war jedoch noch, dass er nicht verstand, wie ein Mann so leicht einen Job hinwerfen konnte, den er liebte. Marty hatte gelächelt, wenn auch nur verhalten. «Ich bin kein Detective mehr, Magozzi.»
    Magozzi versetzte sich wieder in die Gegenwart zurück und hörte Gino die gewohnte Litanei abspulen: Wurde etwas vermisst? Etwaige Anzeichen eines Einbruchs? Hatte Gilbert vielleicht Feinde gehabt? Irgendwelche ungewöhnlichen Geschäfte?…
    «< Ungewöhnliche Geschäfte >?», fauchte Lily. «Was soll denn das heißen? Meinen Sie etwa, wir bauen in dem hinteren Gewächshaus Marihuana an? Oder haben einen Mädchenhändlerring aufgezogen? Na, was?»
    Auf Sarkasmus hatte Gino noch nie so recht reagieren können, und ihm stieg die Röte ins Gesicht. Sie hatten im Laufe der Jahre mit trauernden Hinterbliebenen mancher Art zu tun gehabt, und Gino kam am besten mit denen zurecht, die vor Kummer zusammenbrachen. Das zerriss ihm zwar das Herz, und er litt noch lange darunter, aber wenigstens wusste er, wie er auf sie eingehen musste. Es wurde von den Hinterbliebenen eben erwartet, dass sie zusammenbrachen. Das passte in Ginos Bild von Leben und Tod, von Liebe und Familie, und machte es ihm leicht, rücksichtsvoll zu sein und so viel Trost zu spenden, wie ein Cop es in dieser Situation vermochte. Aber die Wütenden, die um sich schlugen, ebenso wie die Stoischen, die mit ihren Gefühlen hinterm Berg hielten, brachten ihn immer wieder ins Schleudern, und Lily Gilbert schien eine Kombination aus beiden zu sein.
    «Verzeihen Sie, Mrs. Gilbert», unterbrach Magozzi höflich und bewirkte damit, dass Gino die Augen verdrehte. «Würde es Ihnen etwas ausmachen, mich nach draußen zu begleiten und mir zu zeigen, wo Sie Ihren Mann gefunden haben? Vielleicht Schritt für Schritt die gesamte Situation nachzuvollziehen, während sich Gino mit Ihrem Freund Sol unterhält? Auf die Weise würden wir alles schneller hinter uns bringen.»
    Die Erinnerung daran, wie sie die Leiche ihres Mannes gefunden hatte, ließ die erste Andeutung von Schwäche in ihrem Blick aufflackern. Nur ein leichtes Anzeichen, aber es war da.
    «Es tut mir wirklich leid, Sie darum bitten zu müssen. Wenn es Ihnen zu schwer fällt, brauchen wir es nicht jetzt zu tun.»
    Ihr Blick wurde augenblicklich streng. «Natürlich müssen wir es jetzt machen, Detective. Mehr als das Jetzt besitzen wir nicht.» Sie marschierte zur Tür, ein kleiner alter Soldat, ganz auf seine Mission konzentriert, Magozzi beeilte sich, ihr die Tür zu öffnen.
    «Einen Moment noch.» Marty runzelte die Stirn. «Wo ist Jack, Lily? Warum ist er noch nicht da?»
    «Welcher Jack?»
    «Lily, sag nicht, dass du ihn gar nicht angerufen hast…»
    Sie war zur Tür hinaus, bevor er ausgesprochen hatte.
    «Mist.»
    «Wer ist denn Jack?», fragte Magozzi, der noch immer die Tür aufhielt.
    «Jack Gilbert. Ihr Sohn. Sie haben schon lange nicht mehr miteinander gesprochen, aber, mein Gott, sein Vater ist gerade gestorben… ich muss ihn anrufen.»
    Während Marty zum Kassentresen ging und die Tasten eines Telefons drückte, trat Gino an Magozzis Seite und sagte leise: «Hör mal, wenn du da draußen mit der alten Dame redest, warum fragst du sie bei der Gelegenheit nicht, wie ein Fliegengewicht von fünfundvierzig Kilo es geschafft hat, eine hundert Kilo schwere Leiche den ganzen Weg hier hereinzuschleifen und sie dann auch noch auf den Tisch zu hieven?»
    «Alle Achtung, Mr. Detective, danke für den Tipp.»
    «Stets zu Diensten.»
    «Du magst sie nicht besonders, oder?»
    «He, ich mag sie, bis auf die Tatsache, dass sie undurchschaubar ist wie eine Mattglasscheibe.»
    «Hm. Sie hat mit keinem Ton deinen Aufzug erwähnt. Das war sehr freundlich, würde ich

Weitere Kostenlose Bücher