Monkeewrench 03 - Mortifer
Annies Aufgabe als Mode-Missionarin war es, ihnen den richtigen Weg zu weisen.
Sie war gerade mit dem Lipgloss am kritischen Punkt des Auftragevorgangs angelangt, als der Range Rover plötzlich eine Fehlzündung hatte, einen Satz machte und sie einen magentafarbenen Streifen quer über die Oberlippe zog. »Verdammt, Grace, was soll das? Hast du ein blödes Rentier überfahren, oder was?«
Grace antwortete nicht. Sharon starrte neugierig auf die Anzeigen des Armaturenbretts, und Annie wurde plötzlich die Art von Stille bewusst, die nicht zu einem sich bewegenden Fahrzeug passte. Sie starrte hinaus auf die Bäume, die immer langsamer an ihnen vorbeirauschten. »O nein, um Gottes willen! Hat dieses Ding etwa soeben den Geist aufgegeben?« Das war unerhört. Grace’ Wagen würde niemals mit einer Panne liegen bleiben. Er würde es nicht wagen.
»Sieht so aus«, sagte Grace ruhig und packte mit der linken Hand das Lenkrad fester, als die Servolenkung ausfiel, während sie mit der rechten versuchte, den Motor wieder anzulassen. Es gab keine Reaktion, als sie den Zündschlüssel drehte, und das einzige Geräusch im Wagen war das dumpfe Abrollen der Reifen auf dem Asphalt.
Grace runzelte niemals die Stirn oder ließ ihren Ärger erkennen, jedenfalls nicht in Gegenwart anderer. Doch obwohl ihr Gesicht reglos blieb, zeigte sich etwas in ihrem Blick, fast als wäre sie in sich gekehrt, um die eigenen Emotionen zu analysieren, die anderen gegenüber kaum jemals preisgegeben wurden. Es war kein bewusster Vorgang – er basierte auf einer Lektion, die sie vor langer, langer Zeit gelernt hatte: Wenn man seine Emotionen für sich behielt, konnten andere sie nicht gegen einen verwenden. In diesem Augenblick war die vorherrschende Emotion nackte Wut, gerichtet auf den Mechaniker im Besonderen und auf Verbrennungsmotoren im Allgemeinen.
Sie können nicht alles kontrollieren. Ein selbstgefälliger, herablassender Psychiater hatte ihr das vor zehn Jahren gesagt und damit seine meisterhafte Fähigkeit demonstriert, das Offensichtliche festzustellen. Natürlich konnte man nicht alles kontrollieren. Grace hatte das bereits mit fünf Jahren herausgefunden. Doch man konnte vorausschauend denken und sich auf jede nur vorstellbare Eventualität vorbereiten, und darin war sie sehr gut. Für den Notfall gewappnet zu sein war ihre Spezialität.
Nicht ein einziges Mal war sie versucht zu glauben, dass der Range Rover vielleicht wieder anspringen oder dass irgendein barmherziger Samariter vorbeikommen und helfen oder ihnen eine Mitfahrgelegenheit anbieten würde. Das waren Dinge, die in einer perfekten, vorhersehbaren Welt geschahen, einer Welt, in der Grace nie gelebt hatte. In ihrer Welt würden sie laufen müssen, und das war es, worauf sie vorbereitet war.
Ihre Augen suchten bereits den Straßenrand nach irgendetwas ab, das nach einer Abzweigung aussah, während der Range Rover weiter ausrollte. Das Fahrzeug war beinahe zum Stillstand gekommen, als sie direkt vor sich eine Piste entdeckte, die auf der rechten Seite in die Wälder führte. »Ist das ein Fahrweg?«
»Könnte sein …« war alles, was Sharon hervorbrachte, bevor Grace am Lenkrad kurbelte und der Range Rover auf den anfänglich abschüssigen Teil der Piste rollte. Kieferzweige streiften an den Fenstern entlang, als der Wagen um eine scharfe Kurve holperte, dann um eine zweite. Sie waren tief in den Wald hineingefahren, bevor der Range Rover endgültig hielt. Das glänzende Fahrzeug stand inmitten des schattigen Grüns wie ein schwarzer Irrtum, und für einen Moment war das einzige hörbare Geräusch das Ticken des abkühlenden Motors.
»Das war aufregend«, sagte Sharon sarkastisch. »Am besten hat mir der Teil gefallen, wo wir den kleinen Hügel runtergeflitzt sind und fast den Baum gerammt hätten. Ich weiß zwar nicht, wie so was in der Stadt funktioniert, aber hier draußen steuert man normalerweise nur an den Straßenrand und hält dort, wenn man Probleme mit dem Wagen hat.«
Grace löste ihren Gurt und öffnete die Verriegelung der Motorhaube. »Wenn wir den Wagen schon stehen lassen müssen, dann will ich, dass er außer Sicht ist. Wir haben ein Vermögen an Hardware dabei, und das meiste davon sind Prototypen.«
Annie spähte aus ihrem Fenster, und ihr Atem ließ die Scheibe beschlagen. »Das ist kein Fahrweg.«
»Es könnte ein alter Holzweg sein«, schlug Sharon vor. »Und es sieht aus, als könnte er mitten durch den Wald nach Four Corners führen. Jede
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