Monster
bin dann ausgezogen, aber sie hat noch sechs Monate gebraucht, bis sie die Scheidung wirklich eingereicht hat.«
»Irgendeine Ahnung, warum?«, fragte Milo.
»Sie sagte, sie wäre nicht dazu gekommen.«
»Wie haben Sie sich finanziell geeinigt?«, fragte Milo.
»In aller Freundschaft«, sagte Stargill. »Es gab nicht die geringsten Auseinandersetzungen darüber. Wir haben alles mit einem einzigen Telefongespräch geklärt. Ich hatte großen Respekt vor Ciaire, weil sie sich so fair verhalten hat. Sie wollte auf keinen Fall einen Anwalt einschalten und hat von Anfang an klar gemacht, dass sie kein Interesse daran hatte, mich auszunehmen. Und das, obwohl für mich einiges auf dem Spiel stand. Ich hatte diverse Vermögenswerte - Investitionen, einen Pensionsplan und darüber hinaus noch ein paar aussichtsreiche Immobiliengeschäfte. Sie hätte mir das ganze Leben vermiesen könne, doch alles, was sie wollte, war, dass ich ihr das Haus überschrieb, den Kredit weiterhin tilgte und die Grundsteuer bezahlte. Den Rest konnte ich behalten. Ich ließ ihr die Möbel und nahm nichts weiter mit als meine Kleider, meine juristischen Fachbücher und meine Stereoanlage.«
Er rieb sich das eine Auge, wandte sich ab und versuchte etwas zu sagen, doch er musste sich zuerst räuspern. »Der Papierkram machte keine große Mühe - wir hatten nie eine gemeinsame Steuererklärung eingereicht. Sie hatte nie ihren Namen geändert. Ich dachte damals, das hätte was mit Feminismus zu tun, aber heute frage ich mich, ob es daran lag, dass sie nie vorhatte, mit mir zusammenzubleiben.«
»Hat Sie das gestört?«, sagte Milo.
»Warum hätte es sollen? Während der ganzen Zeit hatte ich gar nicht das Gefühl, richtig verheiratet zu sein. Es war eher wie ein One-Night-Stand, der sich in die Länge zog. Ich will nicht sagen, dass ich Ciaire als Mensch nicht respektiert hätte. Sie war eine fantastische Frau. Vernünftig, liebevoll. Das war es auch, was mich so getroffen hat: Ich mochte sie - als Mensch. Und ich weiß, dass sie mich auch mochte. Meine erste Frau war zwanzig, als sie mich verließ; wir waren damals elf Monate zusammen, und sie hatte versucht, mich für den Rest meines Lebens zu ihrem Sklaven zu machen. Ciaire war so verdammt anständig. Ich hätte nicht das Geringste dagegen gehabt, weiterhin ihr Freund zu sein. Aber es hat einfach nicht funktioniert … ich kann nicht verstehen, wie irgendwer darauf kommen konnte, ihr so etwas anzutun.«
Er rieb sich die Augen.
»Wann sind Sie nach San Diego umgezogen?«, fragte Milo.
»Gleich nach der Scheidung. Ich hatte ein Jobangebot, und L.A. hing mir so zum Hals heraus, dass ich es gar nicht erwarten konnte, hier wegzukommen.«
»Die Nase voll vom Smog?«, sagte Milo.
»Vom Smog, vom Verkehr und von der Kriminalität. Ich Volke in der Nähe vom Strand wohnen und habe ein kleines Haus bei Del Mar gemietet. Im ersten Jahr haben Ciaire und ich uns noch gegenseitig Weihnachtskarten geschickt, danach hörte das dann aber auch auf.«
»Hatte Ciaire, soweit Ihnen bekannt war, irgendwelche Feinde?«, fragte Milo.
»Nie im Leben. Ich habe nie gesehen, dass sie irgendjemanden beleidigt hätte - vielleicht ist einer von den Irren im County auf dumme Gedanken gekommen und hat ihr aufgelauert oder so. Ich sehe sie noch vor mir, diese Säufer mit ihren fiesen Blicken, ihren stinkenden voll gekackten Hosen und die Pfützen, die sie bei jedem Schritt hinterlassen haben. Ich konnte einfach nicht verstehen, weshalb Ciaire ausgerechnet mit denen arbeiten wollte. Aber sie hatte dazu eine ganz geschäftsmäßige Einstellung - sie ließ sie ein paar Tests machen, betrieb Forschungsarbeit. Nichts war so eklig, dass sie davor kapituliert hätte. Ich bin kein Experte, aber ich würde mich aufs County konzentrieren.«
Er faltete sein Taschentuch, und Milo und ich nutzten den kurzen Moment, um Blicke auszutauschen. Stargill wusste gar nichts von ihrem Job in Starkweather. Oder er wollte, dass wir das dachten.
Milo schüttelte den Kopf. Bring das jetzt nicht zur Sprache.
Er sagte: »Wie viel muss an dem Haus noch abbezahlt werden, Mr. Stargill?« Ein rascher Themenwechsel. Mit so etwas bringt man Leute aus dem Gleichgewicht. Stargill machte sogar einen Schritt rückwärts.
»Ungefähr fünfzigtausend. Im Augenblick sind die Raten eher Routine, ich hatte schon überlegt, es auf einen Schlag abzuzahlen.«
»Wieso das?«
»Die Abschreibungen von der Steuer sind kaum der Rede wert.«
»Wer bekommt das
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