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Monster

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Titel: Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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ziemlich sexy fand, und dann habe ich mir das Mädchen hinter der Brille genauer betrachtet und festgestellt, dass sie wirklich klasse aussah. Sie bestellte sich ein Ginger Ale. Ich hatte schon ein paar Bloody Marys getrunken und machte eine Bemerkung, sie würde wohl richtig einen draufmachen. Sie lachte wieder, ich rückte ein bisschen näher an sie heran, und der Rest ist Geschichte. Zwei Monate später haben wir geheiratet, und anfangs dachte ich manchmal, ich sei gestorben und im Himmel gelandet.«
    Er hatte den milchigen Teint, der für die meisten Rothaarigen typisch ist, doch nun war sein Gesicht rosa angelaufen.
    »Und das ist die bittere Wahrheit in ihrer ganzen Pracht«, sagte er. »Ich weiß selbst nicht, warum ich hierher gekommen bin, aber wenn es sonst nichts gibt, das ich -«
    »Gestorben und im Himmel gelandet?«, sagte Milo.
    Der rosa Farbton wurde eine Idee tiefer. »In physischer Hinsicht«, sagte Stargill. »Ich will das Ganze nicht ins Vulgäre ziehen, aber vielleicht hilft Ihnen das ja weiter. Was Ciaire und mich aneinander angezogen hat, war im Gunde genommen nur eines: Sex. An diesem besagten ersten Tag haben wir uns schließlich ein Zimmer im Marriott genommen und sind bis Mitternacht geblieben. Sie war - sagen wir mal, ich bin noch nie jemandem wie ihr begegnet. Die Chemie war einfach unglaublich. Mit einem Mal kamen mir all diese anderen Mädels vor wie Schaufensterpuppen. Ich will nicht respektlos erscheinen, deswegen lassen wir es lieber dabei bewenden.«
    Ich sagte: »Aber die Chemie war nicht von langer Dauer.«
    Er knöpfte sein Jackett wieder auf und steckte eine Hand in die Tasche. »Vielleicht ging alles viel zu schnell. Vielleicht ist jedes Feuer irgendwann mal ausgebrannt. Ich weiß es auch nicht. Ich bin sicher, dass es zumindest teilweise auch meine Schuld war. Vielleicht sogar größtenteils. Sie war nicht meine erste Frau. Während ich noch am College war, hatte es mich schon mal erwischt - die Ehe hat nicht mal ein Jahr gehalten. Anscheinend war die Ehe und alles, was dazugehört, nicht unbedingt mein Ding. Nachdem wir dann zusammengezogen sind, war es mit einem Mal, als ob … Sand ins Getriebe geraten wäre. Nicht, dass wir uns gestritten hätten … das Feuer war einfach weg. Wir waren beide mit unserer Arbeit beschäftigt und haben kaum Zeit miteinander verbracht.«
    Die Barthaare unterhalb seiner Lippe zitterten ein wenig. »Es gab keine Streitigkeiten, es schien einfach so, als hätte sie das Interesse verloren. Ich glaube, sie war es, die zuerst das Interesse verloren hat, aber nach einer Weile hat es mich auch nicht weiter gestört. Ich hatte das Gefühl, als würde ich mit einer Fremden zusammenleben. Und vielleicht war es ja auch wirklich so.«
    Er steckte auch die andere Hand in die Tasche und bewegte sich ein wenig vor. »Und da stehe ich jetzt, mit einundvierzig, und probiere es zum dritten Mal. Die Flitterwochen waren ganz prima, und es läuft immer noch wunderbar, aber wer weiß?«
    Mir fiel auf, dass er immer wieder versuchte, das Gespräch auf sich selbst zu lenken. Egomanische Veranlagung oder bewusstes Ablenkungsmanöver?
    Ich sagte: »Ciaire ist also ganz in ihrer Arbeit aufgegangen. Hat sich daran jemals etwas geändert?«
    »Nicht dass ich wüsste. Aber es wäre mir vermutlich sowieso nicht aufgefallen. Wir haben nie über unsere Arbeit gesprochen. Wir haben nie über irgendwas gesprochen. Was nicht sonderlich schwer ist, wenn man siebzig Stunden pro Woche arbeitet. Wenn ich nach Hause kam, hat sie schon geschlafen, und am nächsten Morgen war sie schon aufgestanden und in der Klinik, wenn ich gerade unter die Dusche gegangen bin. Der einzige Grund, warum unsere Ehe überhaupt zwei Jahre gehalten hat, war die Tatsache, dass wir beide zu beschäftigt waren - oder zu faul -, um die Scheidungspapiere auszufüllen.«
    »Und wer hat es dann getan?«, sagte ich.
    »Ciaire. Ich kann mich noch an den Tag erinnern, als sie es mir eröffnet hat. Ich kam spät nach Hause, aber dieses Mal war sie noch auf. Sie saß im Bett mit einem Kreuzworträtsel, zog einen Stapel Formulare unter der Zeitung hervor und sagte: >Ich dachte, es wäre so langsam Zeit, Joe. Wie denkst du darüber?< Ich weiß noch, dass ich mich erleichtert fühlte. Sicher, es hat auch wehgetan. Weil sie nicht mal den Versuch machte, unsere Ehe zu retten. Und außerdem, weil es für mich schon das zweite Mal war und ich mich fragte, ob ich, was Beziehungen anging, vielleicht doch ein Versager war. Ich

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