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Monster

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Titel: Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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sagte er, »könnte es sein, dass sie einen Irren aufgegabelt hat, der aus der Anstalt entlassen worden war. Dann hat sie versucht, mit ihm die Dominanzschiene zu fahren und dabei den falschen Knopf gedrückt. Ich muss herausfinden, ob irgendjemand in den letzten sechs Monaten aus Starkweather entlassen worden ist. Falls dabei nichts herauskommt, was dann?«
    Er wirkte erschöpft.
    »Ach ja, noch was«, sagte er. »Das große Geheimnis, das sie aus ihrer Familie gemacht hat, über die sie nicht reden wollte. Für mich heißt das, dass da irgendwas gehörig stinkt. Nur dass sie - im Gegensatz zu Stargill - den Deckel drauf gehalten hat.«
    »Wann kommen ihre Eltern denn?«
    »In zwei Tagen. Komm doch mit, wenn ich mich mit ihnen treffe.«
    »Klar.« Ich stieg in den Wagen.
    Sein Handy trillerte. Er nahm es von seinem Gürtel und sagte: »Sturgis … oh, hallo … ja, danke - Oh? Wieso das? Warum sagen Sie mir nicht einfach - Na gut, klar, das ist kein Problem, sagen Sie mir, wie ich da hinkomme.«
    Er klemmte das Telefon unter seinem Kinn ein, zückte seinen Notizblock, schrieb etwas auf und klappte das Handy zusammen.
    »Das«, sagte er, »war die junge Miss Ott. Sie hat heute die Nachtschicht in Starkweather und möchte vor der Arbeit noch mit uns reden.«
    »Reden, worüber?«
    »Das hat sie nicht gesagt. Aber wenn jemand Schiss hat, dann höre ich das an der Stimme. Und sie hat Schiss.«
    Sie hatte uns zum Plummer Park in West Hollywood bestellt. Ich folgte Milo in meinem Wagen.
    Der Park war heruntergekommen. Es waren jede Menge Leute unterwegs, doch die meisten von ihnen redeten Russisch und nicht Englisch. Die Mehrzahl der Besucher waren alte Leute, die auf Bänken saßen und viel zu dick angezogen waren für die Hitze, die hier herrschte. Eine Horde Kinder fuhren Fahrrad auf einem plattgewalzten Oval in der Mitte des Rasens, schläfrig wirkende Hundebesitzer ließen sich von ihren vierbeinigen Lieblingen an der Leine herumführen, ein paar schlecht rasierte Typen in Designer T-Shirts und billigen Schuhen lungerten bei den Telefonzellen herum und spielten Moskau-Mafia.
    Heidi Ott stand allein unter einem Baum, der einen ziemlich traurigen Anblick bot. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und hielt nach allen Richtungen Ausschau. Als sie uns sah, winkte sie unauffällig und ging auf eine schattige Stelle unter einer alten chinesischen Ulme zu, nicht weit von den Schaukein. Das Gras um den Baum herum war platt gedrückt und versengt. Eine junge Frau stand an der Schaukel und schubste ihren Sprössling sacht an. Sowohl sie als auch das Kind schienen völlig in der Pendelbewegung aufzugehen.
    Heidi lehnte sich an den Stamm und schaute den beiden zu. Hätte ich nicht nach irgendwelchen Anzeichen von Furcht gesucht, wäre mir unter Umständen gar nicht aufgefallen, dass sie Angst hatte. Sie ließ sich kaum etwas anmerken, lediglich ein leichter panischer Glanz lag in ihren Augen, während sie eine Spur zu gebannt in Richtung auf das schaukelnde Kind starrte und ihre Hände sich verknoteten und wieder lösten.
    »Danke, dass Sie sich mit uns treffen, Ma’am«, sagte Milo.
    »Keine Ursache«, sagte sie. »Mein Mitbewohner schläft gerade, sonst hätten Sie auch zu mir kommen können.«
    Sie befeuchtete sich ihre Lippen mit der Zunge. Sie trug Jeans, die knapp über ihren Hüften hingen, ein fein geripptes, ärmelloses T-Shirt mit Stehbündchen und braune Stiefel mit runder Kappe. Ihre Haare waren wie in Starkweather zurückgekämmt, doch trug sie diesmal einen Pferdeschwanz anstelle des strengen Knotens. Ohrringe aus feinem Silberdraht, ein wenig Lidschatten und ein Hauch Lipgloss. Sommersprossen auf den Wangen, die mir auf der Station gar nicht aufgefallen waren. Kurz geschnittene, makellos saubere Fingernägel. Das T-Shirt saß knalleng. Viel Fleisch hatte sie nicht auf den Rippen, doch ihre Arme waren sehnig.
    Sie räusperte sich, als ob sie all ihren Mut zusammennehmen müsste, um überhaupt ein Wort zu sagen. Just in diesem Augenblick kam ein hoch gewachsener, dürrer Mann mit langen Haaren zusammen mit einer keuchenden Promenadenmischung vorbei. Der Hund hatte was von einem Rottweiler. Der Mann war ganz in Schwarz gekleidet, sein dünnes Haar hatte eine stumpfe schwarze Farbe, und er starrte auf den Boden. Der Hund ließ den Kopf ebenfalls hängen; es schien, als würde ihm jeder Schritt unendliche Mühe bereiten.
    Heidi wartete, bis sie vorbeigegangen waren, und setzte dann ein nervöses Lächeln auf.

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