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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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zurückkehren, wo sie für Äonen gelebt und gewartet hatte. Sie hörten sie rufen, den Ruf einer Kreatur mit gebrochenem Herzen, die sich nach ihrem Gefährten sehnt.
    Nach einem langen Moment ging Fringe ihr nach, zitternd, aber entschlossen.
    »Fringe«, rief Nela furchtsam.
    Danivon wollte sie zurückhalten, doch Fringe hob nur die Hand, wie Jory es getan hatte: Nein, keinen Schritt weiter.
    Danivon ließ sie mit ausdruckslosem Gesicht ziehen. Er fühlte überhaupt nichts. Weder Sorge noch Erleichterung. Später würde er beides fühlen, doch nun war er innerlich tot.
     
    »Wartet auf mich«, sagte Fringe und folgte der schwindenden Präsenz durch den Wald.
    Sie bekam keine Antwort.
    »Sie wollte es so«, sagte Fringe sich. »Wenn dir etwas an ihr gelegen hat, dann bist du ihr das schuldig.«
    »Liebe kann man nicht einfordern«, sagte der Schemen. »Liebe ist ein Geschenk.«
    »Sie hat uns doch ihre Liebe geschenkt«, rief Fringe starrköpfig. »Nicht zuletzt wegen dir ist sie doch in diese Lage geraten. Nicht zuletzt wegen dir ist sie immer wieder zurückgekommen. Weil du hier gewartet hast.«
    Schweigen.
    »Du warst der Kern, aus dem ihre Auferstehung entstanden ist«, sagte Fringe zornig. »Du warst die Glocke, die sie geweckt hat!«
    Immer noch Schweigen.
    »Wenn man die Liebe schon nicht einfordern kann, dann vielleicht die Pflicht. Jory hatte ein großes Pflichtgefühl.«
    »Stimmt«, sagte eine machtvolle Stimme. »Das stimmt.«
    »Oder vielleicht bewirkt die Liebe auch jetzt noch, daß ihr Vermächtnis erfüllt wird. Zum Angedenken!«
    »Zum Beispiel…?«
    »Das weißt du ganz genau. Zum Beispiel die Rettung der Menschen von Woanders.«
    »Sie wollten…«
    »Muß ich erst Jory zitieren? Niemand von uns kann sich soweit von der Geschichte lösen, um eine Wahl zu treffen!«
    Ein machtvolles Seufzen, wie der Sturmwind, der durch die Bäume blies. »Na gut. Wenn du mich darum bittest, werde ich etwas zu ihrem Angedenken tun. Ich werde ihre Tochter retten, die sie erwählt hat. Das werde ich tun.«
    »Du wirst mich retten?«
    »Das werde ich tun. Ich werde dich mitnehmen, fort von hier, hinaus zwischen die Sterne. Wir werden die Reise fortsetzen…«
    Sie atmete tief durch. Plötzlich brannte ein Freudenfeuer in ihr. Sie durfte gehen! Sie durfte in Jorys Fußstapfen treten! Herausfinden… herausfinden, was es war, das all den Hoffnungen und dem Schicksal der Menschen zugrunde lag…
    Sie konnte fliegen! Sie durfte die Flügel annehmen und fliegen!
    Sie neigte den Kopf. Was hätte Jory wohl gesagt? Nein, es spielte gar keine Rolle, was Jory gesagt hätte; es kam nur darauf an, was sie selbst sagte! Welche Meinung hatte sie sich dazu gebildet? Nur die Unbelasteten konnten Visionen verfolgen. War sie denn unbelastet?
    »Nicht gut genug«, sagte sie schließlich seufzend. »Nicht gut genug, Großer Drachen. Ich habe einen Schwur geleistet. Ich habe hier Freunde. Jory hatte hier Freunde. Das hätte sie nicht gebilligt.«
    Ein langes Schweigen, dann ein Flüstern: »Ich bin auch sterblich. Ich bin auch verwundbar!«
    »Das haben wir wohl gemeinsam.«
    »Weshalb sollte ich mein Leben für Woanders riskieren?«
    »Weil es wichtig war für Jory.«
    Wieder Schweigen. Fringe ging mit ausgestreckter Hand weiter. Sie stieß auf etwas Gewaltiges, wie eine Mauer, das vor Energie pulsierte. Sie blieb wie angewurzelt stehen. Das Wesen glühte trübe und war von einer Aura der Trauer umgeben.
    »Es tut mir leid«, flüsterte sie. »Aber sie war so müde. Sie wollte mit uns das Massiv besteigen und bis zum letzten Atemzug kämpfen, aber sie war so müde.«
    »Ich werde auch müde.«
    »Wirst du mir helfen, ihr Werk zu vollenden?«
    »Es wird vielleicht nicht möglich sein, ihr Werk zu vollenden.«
    »Wir können es zumindest versuchen.«
    Wieder das Seufzen. Wieder das Wispern: »Komm. Versuchen wir es.«
    Sie ritt, ohne zu wissen, wie es dazu gekommen war, daß sie ritt; sie spürte nur das Spiel starker Muskeln unter sich, Wirbelstürme, die zu einem lauen Lüftchen abflachten. Die Bäume vor ihr wurden von großen Klauen gefällt, mit der Kraft eines gewaltigen Körpers.
    »Wohin gehen wir?«
    »Wo du hinwolltest.«
    »Wo die Arbai hingegangen sind?«
    »Ja.«
    Sie gelangten an einen zwischen den Bäumen versteckten Felsen, mit einem breiten, niedrigen Eingang, der von einer massiven Tür blockiert war. Trotz der Dunkelheit erkannte Fringe sie deutlich, denn sie leuchtete in einem harten, grellen Licht. Sie sah, wie

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