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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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nicht, Asner? Das tragen wir zu besonderen Anlässen.«
    Danivon hob den Kopf. »Was, Fringe?«
    »Eine kleine Zusammenkunft«, sagte sie leise. »Du bist auch eingeladen.« Sie winkte Nela und Bertran, und die fünf traten auf die Lichtung, wo das Massiv sich im roten Schein der Abenddämmerung abzeichnete.
    Jory hatte den Arm um den Hals des Pferds gelegt. Die beiden schienen stumme Zwiesprache zu halten.
    Fringe setzte den Helm auf, ging zu Jory und entbot ihr den Gruß eines Beauftragten.
    »Jory«, sagte Fringe. »Bin ich deine Tochter und Erbin?«
    Die alte Frau schaute Fringe an. Auf Danivon machte Jory einen entrückten Eindruck.
    »Fringe Owldark«, sagte sie leise. »Ich habe dich als meine Tochter ausgesucht. Du bist meine Erbin.«
    »Und was dein war, wird mein sein?«
    »Alles, was mein ist, wird dein sein.«
    Asner grunzte, als ob man ihm einen Schlag versetzt hätte und ging zu Jory hinüber.
    Fringe schluckte den Frosch im Hals und sagte: »Dann muß ich dir als deine Tochter sagen, daß es an der Zeit ist, dein Erbe an mich zu übertragen, denn du bist nicht mehr fähig, zu tun, was getan werden muß.«
    »Nein«, sagte eine Stimme im Bewußtsein aller Anwesenden.
    Jory senkte den Kopf. »Du hast immer ›nein‹ gesagt«, flüsterte sie. »All die Jahre hast du ›nein‹ gesagt. Aber ist es nun nicht an der Zeit, alter Freund?« sagte sie atemlos.
    Ihre Stimme hatte einen Unterton der Endgültigkeit, der alle Blicke auf sie zog. Sie ergriff Asners Hand.
    »Hat sie nicht recht, Asner? Ist es nicht genug?« sagte sie leise. »Asner?«
    »Ja, Jory.« Er nickte ihr zu. »Genau. Es ist genug.«
    »Nein!« sagte etwas Großes.
    »Doch«; sagte Jory zu dieser wuchtigen Masse aus Schuppen und Schatten, zu dieser mächtigen Präsenz, der über all die Jahrtausende ihre Liebe gegolten hatte. »Doch. Wir haben darüber gesprochen. Die Zeit ist gekommen. Ihr seid mein Vermächtnis, und ich vermache euch…«
    Sie hörten einen Laut, als ob eine große Mühle mahlte, sahen mächtige Klauen und funkelnde Augen, die wie kleine Sonnen strahlten…
    Und vor ihnen verschwamm Jory zu einem Schemen, Jory und Asner. Die beiden Schemen hielten sich an der Hand, vor dem Schemen eines Pferds. Mit der anderen Hand wies Jory auf diese vielgestaltige Pracht, zuerst waagrecht, als ob sie jemandem die Hand reichte oder zum Handkuß darbot, doch dann hob sie die Hand und gebot Einhalt, keinen Schritt weiter, aufhören.
    Die beiden zeichneten sich als Gespenster vor dem grandiosen Sonnenuntergang ab. Sie verschwammen immer mehr. Sie verwandelten sich in Geister vor dem trübe glühenden Massiv. Und dann waren sie verschwunden.
    Ein Gefühl der Trauer riß sie mit wie eine mächtige Woge.
    »Jory? Ach, Jory…«, sagte Nela.
    Plötzlich schrien sie alle ihren Schmerz hinaus, über den Verlust all dessen, was das Leben lebenswert gemacht hatte. Sie beweinten den Verlust der Güte, des Staunens und der Verzauberung. Sie atmeten Feuer, schrumpften und zerfielen zu Staub. Sie verbrannten mit einem gleißenden Juwel in der Hand, geblendet von seinem Glanz. Dann erlosch das Licht.
    Trauer. Sie trauerten, aber nicht allein.
    Fringe grunzte und beugte sich vor, als ob sie den Schmerz so zusammenpressen wollte, daß er erträglich wurde. »Die Steine«, keuchte sie. »Die Steine unter dem großen Baum. Jory und Asner waren dort begraben. Jory und Asner, wie wir sie kannten, waren nur Teil des Geräts.«
    »Wie die Pferde?« rief Nela.
    »Wie die Pferde und die Betten, in denen wir geschlafen haben. Nur… realer. Real genug, um auf Woanders herumzulaufen. Real genug, um mit den Arbai zu streiten und sich um unsere Rettung zu bemühen…«
    »Stellt euch nur diese Willensstärke vor!« flüsterte Bertran. »Sie war so stark, daß sie selbst als Simulacrum motiviert waren, eine Welt zu retten!«
    »…aber nicht real genug, um die Handlung vorzunehmen, die zu unserer Rettung nötig gewesen wäre«, sagte Fringe.
    Bertran hörte sie nicht. »Wann? Wann sind sie wirklich gestorben?«
    »Vor langer Zeit. Vor sehr langer Zeit.« Sie alle hörten es, spürten, wie die Zeit sich dehnte und die Jahre wie Regentropfen fielen. Sie bekamen ein Gefühl für die Zeit, die seit ihrem Tod vergangen war.
    »Werden sie wiederkommen?« rief Nela in die Dunkelheit. »Oh, Großer Drachen, werden sie wiederkommen?«
    Stille. Die große Trauer wandte sich nur ab und zog sich zurück. Ihre Absicht war allen klar. Sie würde auf die Wiese in der Nähe der Steine

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