Montgomery & Stapleton 04 - Der Experte
urteilen, kann ich mir nicht vorstellen, daß die Wasserleitungen und -rohre dem heutigen Standard entsprechen.«
Laurie schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, daß die Installationen irgend etwas damit zu tun haben. Es muß anders herum passiert sein. Das Toxin muß aus Connies Haus ins Abwassersystem eingeleitet worden sein. Und zwar eine gehörige Menge; sonst wären niemals so viele Ratten daran verendet. Ob Connie wohl Lebensmittel eingemacht hat?« Sie sah Warren fragend an.
Warren hob die Hände. »Mich darfst du nicht fragen. Ich habe die Frau nie kennengelernt.«
»Meiner Meinung nach sagt uns das Ganze, daß sich in Connies Umgebung dringend ein erfahrener Epidemiologe umsehen sollte«, entschied Laurie. »Irgendwo muß sich der Erregerherd schließlich befinden. Zumindest sollte man ihren Ehemann warnen. Falls die Giftquelle sich immer noch dort befindet, ist er stark gefährdet.«
»Zu dem gleichen Schluß bin ich auch gekommen«, sagte Jack. »Deshalb bin ich heute mittag sogar extra nach Brighton Beach gefahren, um den Mann zu warnen.«
»Du hast mit Yuri Davydov gesprochen?« fragte Warren. »Hast du Flash das schon erzählt?«
»Ich habe den Mann leider nicht angetroffen«, korrigierte Jack. »Er war nicht zu Hause. Aber ich habe mit einem seiner Nachbarn gesprochen. Er hat mir erzählt, daß Yuri Davydov Taxi fährt und nie vor neun oder zehn Uhr abends nach Hause kommt.«
Laurie sah auf die Uhr. »Dann wäre er jetzt daheim.«
»Stimmt«, bestätigte Jack. »Was willst du damit sagen?«
»Hast du seine Telefonnummer?« fragte Laurie.
»Ja«, erwiderte Jack. »Aber das nützt uns nichts. Mr. Davydov hat sein Telefon offenbar abgestellt.«
»Wann hast du es zum letzten Mal versucht?«
»Heute morgen«, gestand Jack.
»Wir sollten es vielleicht noch einmal versuchen«, schlug Laurie vor. Sie langte nach ihrer Handtasche und nahm ihr Handy heraus. »Wie lautet die Nummer?«
»Ich habe sie nicht dabei«, erwiderte Jack. »Sie ist bei meinen Unterlagen im Institut.«
»Dann ruf ich die Auskunft an«, beschloß Laurie. »Wie schreibt man Davydov?«
Ein paar Sekunden später hatte Laurie die Nummer und zeigte Jack die Anschrift, um sich zu vergewissern, daß es sich auch um den richtigen Davydov handelte. Nachdem sie gewählt hatte, ertönte das Besetztzeichen.
»Glaubst du mir jetzt?« fragte Jack.
»Ich habe dir auch vorher geglaubt«, stellte Laurie klar. »Ich dachte nur, daß es einen Versuch wert ist. Dann rufen wir ihn eben nicht an und fahren statt dessen hin.«
»Jetzt?« fragte Jack.
»Wie würdest du dich denn fühlen, wenn wir warten würden, bis der Mann ebenfalls gestorben ist?« fragte Laurie zurück. »Ziemlich mies, schätze ich«, gestand Jack. »Du hast natürlich recht. Dann fahre ich eben noch mal hin. Es wird allerdings eine Weile dauern. Brighton Beach liegt am hintersten Ende von Brooklyn.«
»Um diese Uhrzeit müßten wir eigentlich ziemlich schnell durchkommen«, bemerkte Laurie. »Wir nehmen den Brooklyn-Battery-Tunnel und den Shore Parkway. Dann sind wir in Null Komma nichts da.«
»Ich komme nicht mit«, erklärte Warren. »Flash hat mir erzählt, daß dieser Yuri ein Mistkerl sein soll. Deshalb überlasse ich die Sache lieber euch Experten. Spit und ich verabschieden uns für heute.«
»Okay«, sagte Laurie. »Wir können ja auch ein Taxi nehmen.«
»Nicht nötig«, entgegnete Warren. »Ihr könnt meinen Wagen haben. Ich fahre mit Spit nach Hause. Du weißt ja, wo du ihn nachher am besten parkst, Doc.«
»Meinst du das im Ernst?« fragte Laurie.
»Natürlich«, versicherte Warren. »Habt noch einen netten Abend! In unserem Viertel braucht ihr euch nachher keine Sorgen zu machen. Es paßt die ganze Nacht jemand auf, damit so etwas wie vorhin nicht noch einmal passiert.«
21. KAPITEL
Mittwoch, 20. Oktober, 22.30 Uhr
Yuri richtete sich auf und streckte sich. Er hatte gerade mit äußerster Sorgfalt das Anthraxpulver in den Einfülltrichter des Power-Breitspur-Verstäubers gefüllt und den Trichter wieder angebracht. Einschließlich der Zeit, die er, eingepfercht in seinen Schutzanzug der höchsten Sicherheitsstufe, im Labor verbracht hatte, hatte die gesamte Prozedur fast zwei Stunden gedauert. Doch jetzt war alles fertig. Das Spezialfahrzeug stand für den schicksalsschweren Einsatz am kommenden Morgen bereit.
Er warf einen Blick auf die Uhr und gönnte sich die erste Pause des Abends. Seitdem er Curt und den anderen Verrückten während der
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