Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
durchführen zu lassen. Offenbar hat die riesige Nachfrage nach einer derartigen Dienstleistung selbst die optimistischsten Prognosen in den Schatten gestellt.«
»Und diese Primaten-Forschungsanlage befindet sich in Äquatorialguinea?« wollte Jack wissen. »Du hast es erfaßt«, erwiderte Laurie.
»Hat deine Freundin einen Schimmer, warum die Anlage ausgerechnet dort errichtet wurde?« fragte Jack.
»Der Mitteilung eines Marktanalytikers zufolge hat GenSys sich für Äquatorialguinea entschieden, weil die Firma dort von der Regierung so freundlich aufgenommen wurde. Angeblich hat die Regierung sogar spezielle Gesetze erlassen, um dem Unternehmen das Betreiben der Anlage zu erleichtern. Für Äquatorialguinea ist GenSys offenbar die Haupteinnahmequelle dringend benötigter Devisen.«
»Können Sie sich vorstellen, welche Summen an Schmiergeldern geflossen sein müssen, um so ein Unternehmen aufzuziehen?« wandte sich Jack an Lou. Lou stieß lediglich einen überraschten Pfiff aus.
»In der Mitteilung des Analytikers wurde außerdem hervorgehoben, daß es sich bei den meisten der dort zu Forschungszwecken verwendeten Primaten um einheimische Tiere handelt«, fuhr Laurie fort. »Dadurch kann das Unternehmen sämtliche international gültigen Ein- und Ausfuhrbeschränkungen umgehen, die für bedrohte Arten wie Schimpansen gelten.«
»Eine Primaten-Forschungsanlage«, wiederholte Jack und schüttelte den Kopf. »Wenn ich weiter darüber nachdenke, kommen mir lauter bizarre Möglichkeiten in den Sinn. Ob wir es womöglich mit einem Xenotransplantat zu tun haben?«
»Jetzt fangen Sie bloß nicht mit diesem Ärztejargon an«, beklagte sich Lou. »Was, in Gottes Namen, ist denn ein Xenotransplantat?«
»Völlig ausgeschlossen«, entgegnete Laurie, ohne auf Lous Frage einzugehen. »Xenogene Transplantate verursachen hyperakute Abstoßungsreaktionen. In dem Leberschnitt, den du mir gezeigt hast, waren aber keinerlei Anzeichen einer Entzündung zu erkennen, und zwar weder humoraler Art, noch war das Zellgewebe beschädigt.«
»Stimmt«, sagte Jack. »Außerdem hat Franconi ja offenbar keine Immunsuppressiva genommen.«
»Hey, Leute, ich verstehe überhaupt nichts mehr«, schaltete Lou sich erneut ein. »Nun klärt mich doch bitte mal auf, was ein Xenotransplantat ist?«
»Von einem Xenotransplantat spricht man, wenn das transplantierte Organ von einem Lebewesen einer anderen Spezies stammt«, erklärte Laurie.
»Wie bei dem Fehlschlag vor zehn oder zwölf Jahren, als man versucht hat, Baby Fae ein Pavianherz einzupflanzen?« fragte Lou.
»Ganz genau«, erwiderte Laurie.
»Die neuartigen Immunsuppressiva haben die Diskussion um Xenotransplantate allerdings frisch entfacht«, erklärte Jack. »Heutzutage haben xenogene Transplantate viel größeren Erfolg als zur Zeit von Baby Fae.«
»Vor allem Schweineherzklappen«, fügte Laurie hinzu. »Die Transplantation von Tierorganen wirft natürlich eine ganze Reihe von ethischen Fragen auf«, bemerkte Jack. »Sämtliche Tierschutzorganisationen laufen jedenfalls dagegen Amok.«
»Insbesondere, seitdem einige Forscher damit herumexperimentieren, Schweinen menschliche Gene einzupflanzen, um die Abstoßungsreaktionen zu verringern«, ergänzte Laurie. »Wäre es denkbar, daß Franconi sich in Afrika die Leber eines Primaten hat einpflanzen lassen?« fragte Lou.
»Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen«, erwiderte Jack. »Laurie hat nämlich recht. Wir haben bei Franconi keinerlei Abstoßungsreaktion feststellen können. Und das kommt normalerweise nicht einmal vor, wenn das Spendergewebe von einem anderen Menschen stammt und hervorragend zu dem des Empfängers paßt - es sei denn, Spender und Empfänger sind eineiige Zwillinge.«
»Aber Franconi war offensichtlich in Afrika«, stellte Lou fest. »Ja. Und seiner Mutter zufolge ist er wie ein neuer Mensch zurückgekommen«, entgegnete Jack. Dann hob er verzweifelt die Hände und stand auf.
»Mir ist das alles ein völliges Rätsel. Und daß nun auch noch die Mafia ihre Finger im Spiel haben soll, macht die Sache nicht gerade einfacher.« Laurie erhob sich ebenfalls von ihrem Stuhl.
»Wollt ihr gehen?« fragte Lou.
Jack nickte. »Ich bin völlig verwirrt und ziemlich am Ende«, gestand er. »Außerdem habe ich letzte Nacht kaum geschlafen. Nachdem wir die Wasserleiche als Franconi identifiziert hatten, habe ich stundenlang am Telefon gehangen. Ich habe jede europäische Institution angerufen, die mit
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